1. FC Köln vergibt Sieg Steffen Baumgart nach Remis gegen Mainz wütend über Schiedsrichter

Köln · Der 1. FC Köln hat zwar einen Punkt gegen Mainz geholt, aber zwei liegen lassen. Im Fokus stand dabei auch der Schiedsrichter.

Der Mainzer Dominik Kohr (rechts) muss vor dem aufgebrachten FC-Trainer Steffen Baumgart (2.v.l.) geschützt werden.

Der Mainzer Dominik Kohr (rechts) muss vor dem aufgebrachten FC-Trainer Steffen Baumgart (2.v.l.) geschützt werden.

Foto: dpa/Marius Becker

Dass Fußball und Wrestling eine gewisse Nähe dokumentieren, steht nicht erst seit den Tagen Tim Wieses als Kampfkoloss im weißen Unterhemd fest. Als „The Machine“ allerdings geriet die Karriere des früheren Nationaltorhüters im Kampfkarree, die ebenso belächelt wurde wie einst sein pinkes Trikot, sehr bald ins Stottern, schließlich war sie nur von kurzer Dauer. Auch am Samstag in Müngersdorf deutete sich an, dass eine Nachbarschaft der beiden Sportarten tatsächlich nicht zu leugnen ist. Das Kölner Stadion wurde nach dem 1:1 des ortsansässigen ersten Fußballclubs der Stadt gegen Mainz 05 kurzerhand zu einer Art Kampfarena umfunktioniert, in der es eines nicht unerheblichen Maßes an Mühe bedurfte, das direkte Aufeinandertreffen einiger Kontrahenten zu verhindern.

Steffen Baumgart, ohnehin als Vulkan an der Seitenlinie bekannt und mit Armen eines Möbelpackers ausgestattet, drohte die Eruption. Er war dermaßen aufgebracht, dass um die Gesundheit des Mainzers Dominik Kohr ernsthaft gefürchtet werden musste. Der kantige Mittelfeldspieler hatte den Unmut des Kölner Trainers erregt, da er kurz vor dem Spielende ein Foul begangen hatte an FC-Spieler Jan Thielmann. Kohr hatte, wie man so schön sagt, den Schlappen draufgehalten und so eine Verletzung des Kölners in Kauf genommen. Anschließend warf der Mainzer seinem Kontrahenten offenbar ein gerüttelt Maß an Theatralik vor, der wiederum fühlte sich provoziert, und ein kleines Handgemenge später sah Kohr die Gelbe Karte – und der Kölner ebenfalls. Was Baumgart dermaßen in Rage brachte, dass er seine berühmte Schiebermütze, die scheinbar nicht mehr von seinem Kopf zu trennen war, abnahm und schimpfte und schimpfte und noch mehr schimpfte.

Deutliche Kritik an Cortus und Kohr

So handelte er sich selbst seine dritte Gelbe Karte der Saison ein, was bedeutet, dass er bei der nächsten im Liga-Schlussspurt für ein Spiel gesperrt wird. „Die Karte“, sagte er später, dann etwas heruntergekühlt, aber voller Überzeugung, „habe ich mir redlich verdient.“ Dazu stehe er auch. Damit aber war für Baumgart noch nicht Schluss mit lustig. Als Schiedsrichter Benjamin Cortus dann Minuten später das Spiel abpfiff, war der Kölner Coach immer noch derart aufgebracht, dass er auf den Platz stapfte, bereit zum Kampf ohne Show, um den Urheber des ganzen Ungemachs - aus seiner Sicht - aufzusuchen: Kohr. Zu dessen Glück gibt es im Kölner Lager aber einige körperlich imposante Gestalten wie den 1,93-Meter-Hünen Steffen Tigges, anerkannter Kampfname „Tigginator“, der sich seinem Trainer in den Weg stellte, um eine weitere Eskalation zu unterbinden.

Als sich später auf der Pressekonferenz die Gemüter beruhigt hatten und die beiden Trainer Baumgart und Bo Svensson, mit zwölf Gelben Karten Bundesliga-Rekordhalter vor dem Kölner Coach (zehn), friedlich nebeneinandersaßen, präzisierte Baumgart noch einmal seine Vorwürfe in Richtung Schiedsrichter. „Ein Spieler geht mit gestrecktem Bein auf einen anderen drauf und provoziert danach eine Rudelbildung“, sagte Baumgart, „aber mein Spieler wird so bestraft wie jener, der gefoult hat. Das geht mir barbarisch auf den Zünder.“ Und sogar: „Auf die Eier.“

Ljubicic überzeugt im Mittelfeld

Die Spieler selbst wie Dejan Ljubicic, der den gelbgesperrten Ellyes Skhiri im defensiven Mittelfeld gut vertrat und zudem den Ausgleich nach einer wunderbaren Kombination über Florian Kainz und Kapitän Jonas Hector beisteuerte (51.), hielten sich mit Kritik an Cortus‘ Spielleitung zurück. Auch wenn sie sich dafür zusammenreißen mussten. „Ich sage besser nichts“, sagte zunächst Ljubicic, um dann doch noch etwas zu sagen: „Das war nicht so gut von ihm, aber das passiert.“ Der Österreicher zeigte zudem Unverständnis: „Jonas (Hector) wollte mit ihm reden, aber das ging auch nicht.“

Baumgart jedoch hatte noch mehr Anlass erkannt, in den verbalen Clinch mit dem Unparteiischen zu gehen wie die Gelben Karten gegen Kainz („Es ist kein hohes Bein“) und Hector („Er spielt den Ball“) oder das Unterbinden eines schnell ausgeführten Freistoßes in der Schlussphase. „Mainz hat es geschafft, drei oder vier Freistöße, besser hinzulegen als die Foul-Position war“, sagte der Trainer. „Bei unserer letzten Aktion reagiert er und Hübi (Timo Hübers) soll einen halben Meter zurück. Da denke ich: Jetzt brauchst du das auch nicht mehr machen.“ Insgesamt aber, und auch das wollte Baumgart nicht unerwähnt lassen, habe der Schiedsrichter „nichts mit dem Ausgang des Spiels zu tun gehabt“.

FC in den ersten 20 Minuten im Mainzer „Würgegriff“

Eine leichte Umarmung für Cortus, über die sich seine Mannschaft wohl in den ersten 25 Minuten des Spiels bezogen auf den Gegner, wohl sehr gefreut hhätte. Denn in der sehr intensiven und kampfbetonten Auseinandersetzung mussten sich Baumgarts Spieler zunächst vorgekommen sein wie im Würgegriff der Mainzer Wrestler. Die Luft zum Atmen war dünn. Die Mainzer hätten es in den ersten 20 Minuten richtig gut gemacht, „wir kamen gar nicht in die Nähe des Balles“. Christian Keller überbot den Trainer noch und monierte die „ersten 23 Minuten“, in denen „Mainz uns fast schon aufgefressen hat“, ansonsten sei er mit Leistung „echt sehr zufrieden“ gewesen. „Wir waren dann die klar bessere Mannschaft, bis dahin waren wir aber die klar schlechtere. Wir mussten in der zweiten Halbzeit eigentlich das Spiel für uns entscheiden“, sagte der FC-Geschäftsführer und sprach von „zwei verschenkten Punkten“.

Nach dem verdienten Führungstreffer der Gäste durch Ludovic Ajorque (17.) änderte sich die Geschichte des Spiels. Die Kölner nahmen den Kampf an, wirkten plötzlich orientierter, bissiger, frischer. Und kamen vor allem nach dem Wechsel zu guten Möglichkeiten, die beste vergab Linton Maina, der, ja man muss es so sagen: eine Hundertprozentige frei vor Mainz-Keeper Robin Zentner vergab. Das tat ihm für „die Mannschaft extrem leid“. Und Abwehrchef Timo Hübers resümierte, wenn „wir die Chancen genutzt hätten, gehen wir als Sieger vom Platz. So ist es ein Punkt, der uns hilft, es hätten aber auch drei sein können“.

Da wollte sogar der Mainzer Trainer Svensson nicht widersprechen. „Nach den ersten 20 Minuten war Köln klar die bessere Mannschaft“, sagte er. „Es ist ein glücklicher Punkt für uns, trotzdem nehmen wir ihn gerne mit.“ Einen Sieger fand der Kampf nicht.

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