2. Bundesliga 1. FC Köln trifft auf Holstein Kiel

Köln · Vor dem Duell mit dem Ex-Club von FC-Trainer Anfang, kultiviert sein Nachfolger Tim Walter bei Holstein Kiel einen ganz speziellen Fußballstil.

Mit Holstein Kiel stellt sich am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) ein Gegner in Köln vor, der in mehrerer Hinsicht unkonventioneller als die meisten anderen Zweitligisten daherkommt. Ein personeller Umbruch in mehreren Bereichen wurde kompensiert, ein neuer Trainer problemlos installiert und eine neue Spielweise so erfolgreich kultiviert, dass man wie im Vorjahr zumindest noch die Relegationsspiele zur Bundesliga erreichen kann.

Vor allem die Art, wie die Kieler spielerisch vorgehen, hat ihnen den Respekt der Konkurrenz eingebracht. „Unkonventionell“, nannte Timo Horn den Stil der Norddeutschen jüngst. Der FC-Torhüter, der sich längst einen guten Ruf als fachkundiger Analyst des eigenen wie des gegnerischen Spiels gemacht hat, empfindet das Kieler Offensivspiel als einen ständigen Versuch, durch Positionswechsel Verwirrung in der gegnerischen Mannschaft zu stiften und Freiräume für die eigenen Angriffe zu schaffen.

Wie Kiels Trainer Tim Walter das sieht, fasste er kürzlich in einem Interview für das 11-Freunde-Magazin so zusammen: „Mein Stil ist es, mit Kurzpässen den Ball von hinten nach vorne ins Tor zu transportieren.“ Das Kernelement sei dabei die Innenverteidigung seiner Viererkette. Von dort aus müssten die Abwehrspieler das Aufbauspiel initiieren. Weit nach vorn geschlagene Bälle sind bei dem 43-Jährigen eigentlich verpönt, „weil die Chance, danach in Ballbesitz zu bleiben, bei 50 Prozent besteht. Beim Kurzpassspiel liegt sie bei 80 bis 90 Prozent“.

So kommt es, dass Spieler zuweilen in völlig anderen Bereichen des Spielfelds agieren, als es eigentlich ihrer Position innerhalb der Mannschaft entspricht. „Da kann ein Außenverteidiger plötzlich im Sturm auftauchen“, beschrieb Timo Horn diese Spielweise, die beim Gegner durchaus für Überraschungsmomente sorgen kann.

Für Walters Spielverständnis ist dies Normalität. „Ich versuche, ein offensiver Gestalter zu sein“, meint er und verlangt von seinen Spielern, dass sie zum einen „richtige Entscheidungen in der Vorwärtsbewegung treffen“ und zum anderen „mutig spielen. Mut ist das Vertrauen in die eigene Stärke“.

Das lebt der gebürtige Badener seinen Spielern vor. Dabei habe er allerdings als Jugendspieler dieses Selbstvertrauen nicht besessen. Ein wenig Kritik habe bereits gereicht, um ihn mutlos zu machen. Trotz des Talents, das ihm bescheinigt wurde, spielte er als Senior nicht hochklassig.

Stattdessen gelang ihm als Trainer innerhalb weniger Jahre der Aufstieg aus den Jugendbereich bis in die 2. Bundesliga. Als man beim Karlsruher SC einen Assistenten für den heutigen St.-Pauli-Trainer Markus Kauczinski suchte, wurde der damalige Sportstudent genommen. 2014 trainierte Walter die U19 des KSC, 2015 holte ihn Bayern München für kolportierte 200 000 Euro in den eigenen Nachwuchsbereich. 2017 führte er die U17 der Bayern zur deutschen Meisterschaft. Danach übernahm er die U21 und wurde mit ihr 2018 Zweiter der Regionalliga Bayern. Dann aber wechselte er nach Kiel, „weil ich mich weiterentwickeln wollte“, und wurde Nachfolger vom zum FC abgewanderten Markus Anfang.

Dessen Mannschaft fordert er nun heraus. Sein Team solle vor den 50 000 Zuschauern im Rheinenergie-Stadion ihr Spiel durchziehen und noch mehr Kontrolle als sonst besitzen. Zudem geht Walter davon aus, „dass der Gegner mehr auf uns achtet als wir auf ihn“.

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