Datenanalyse zeigt Alternativen Ist FC-Torjäger Anthony Modeste ersetzbar?

Analyse | Köln · Anhand von Datenscouting lässt sich laut Experten das Entwicklungspotenzial von Profis wie Anthony Modeste abbilden. Und es lassen sich Alternativen finden, die den Stürmer ersetzen könnten.

Noch zwei Jahre Vertrag? Wenn es nach Modeste ginge, schon.

Noch zwei Jahre Vertrag? Wenn es nach Modeste ginge, schon.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Ein beidseitig einträgliches Arbeitsverhältnis zwischen Verein und Spieler gilt als ideal. Ohne Zweifel scheint dieses Gleichgewicht zwischen dem 1. FC Köln und Torjäger Anthony Modeste aktuell zu existieren. Trotz des Erfolgs wird über die gemeinsame Zukunft der beiden Parteien spekuliert. Denn Modeste, dessen Vertrag bis ins Jahr 2023 läuft und eine Anschlussbeschäftigung im Trainerbereich beinhaltet, sieht sich auch nach 2023 noch auf dem Platz. Doch trotz seiner bislang 15 Bundesligatore ist dem 33-Jährigen keine Vertragsverlängerung garantiert.

„Er ist von seinen Werten ein Spieler, der absolut Bundesliga spielen kann. Aber was die Entwicklung angeht, kommt da wenig“, sagt Datenspezialist Dustin Böttger von Global Soccer Network. Seine Firma betreibt Datenscouting im Fußball. Mithilfe von Algorithmen kann Böttger Aussagen über die Entwicklungsfähigkeit von Fußballern treffen: wie gut ist ein Spieler, wie viel Potenzial hat er und wann erreicht er seine Leistungsspitze. Einige der größten Vereine in Europa zählen zu seinen Kunden. Böttgers Algorithmen sind bei Modeste eindeutig: „Er wird in den nächsten Jahren Stück für Stück abbauen. Das ist natürlich auch altersbedingt.“

Im Jahr 2007 begann Modestes Profikarriere bei OGC Nizza in der ersten französischen Liga. An Datenscouting im Fußball hatte damals noch keiner gedacht. Dies hat sich mittlerweile geändert. Gerade Vereine in England, Portugal und Frankreich beziehen Daten immer stärker in Transferentscheidungen mit ein. Der englische Erstligist FC Brentford und der dänische FC Midtjylland gelten als Vorreiter. In Deutschland gehören Leipzig, Leverkusen und Hoffenheim zu den Vereinen, die verstärkt das Datenscouting im Auge haben.

Analysen sollen Fähigkeit abbilden

1. FC Köln: So viel sind die Spieler des 1. FC Köln wert​
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So hoch ist der Marktwert der Profis des 1. FC Köln

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Ziel der Analysen ist es, die Fähigkeiten von Spielern in vollem Umfang abzubilden. Diese sollen mit der Erhebung von Daten messbar gemacht werden, wonach Spieler dann objektiv bewertet werden können. „Das sind bis zu 15 000 einzelne Datenpunkte, die da mit einfließen“, sagt Böttger. Doch trotz dieses fortschrittlichen Ansatzes sei es schwer, gerade deutsche Vereine von dieser Art des Scoutings zu überzeugen: „Ich bekomme dann immer diese Grundsatzfrage gestellt, ob man das überhaupt braucht. Oder: Kann das nicht mit Bauchgefühl und klassischen Methoden abgedeckt werden?“ Nicht selten lassen einige Profivereine selbst das klassische Scouting links liegen, verpflichten Spieler nur durch den Kontakt zu Beratern oder nach Recherchen über Datenplattformen wie „transfermarkt.de“. Und das, obwohl sich der Fußball oftmals als Vorreiter und Innovationstreiber im Sport gibt.

„Ich will gar nicht sagen, dass das Datensouting der alleinige Heilsbringer ist“, schränkt Böttger ein: „Man braucht auch weiterhin das Videoscouting, Livescouting – man braucht auch jemanden, der Social Media durchforstet und das familiäre Umfeld von Spielern checkt. Aber das Datenscouting komplett außen vorzulassen, ist glaube ich verheerend.“

Mithilfe der Datenanalyse können Spieler identifiziert werden, die gemessen an ihrem Marktwert und ihrem Gehalt weitaus bessere Leistungen erzielen als Spieler, die ein Vielfaches mehr kosten. Somit können auch im Fußballgeschäft bislang unentdeckte Ineffizienzen beseitigt werden. Etwa 3,5 Millionen Euro soll Modeste beim 1. FC Köln pro Jahr verdienen. Damit gehört der Stürmer zu den Topverdienern des Vereins, und dieser profitiert aktuell von den Toren seines Leistungsträgers. Doch im Sinne der Ergebnisunsicherheit im Fußball ist ebenso unsicher, wie sich die Leistung von Modeste entwickeln wird. „Das ist die Frage, die die Clubs umtreibt. Wie gut ist der Spieler jetzt und wie gut kann er sich entwickeln“, so Böttger. „Köln sollte dieses Hoch von Modeste mitnehmen, so lange es geht.“

Analyst nennt möglichen Modeste-Ersatz

Mit seinen 15 Toren steht Modeste aktuell auf Platz vier der Bundesliga-Torjägerliste und liegt über den Erwartungen. Doch kann Modeste seine Form über die Saison hinaus konservieren? Gerade aufgrund dieser Frage dürfte der Verein mit den Verhandlungen über eine Ausdehnung seines Vertrages zögern. „Der 1. FC Köln sollte nicht den Fehler machen, keine Alternative in der Hinterhand zu haben“, meint Datenanalyst Böttger, der sich mit möglichen Kandidaten als Modeste-Ersatz auseinandergesetzt hat.

Demnach könnten unter anderem Michael Frey (27) von Royal Antwerpen, der Kroate Petar Musa (24) aus der ersten portugiesischen Liga und Simeon Nwankwo (29) vom italienischen Zweitligisten Parma Calcio mögliche Alternativen zu Modeste darstellen. Mithilfe eines Indexes bewertet Böttger alle drei mit großem Potenzial, das sie zukünftig auch auf internationales Niveau bringen könnte. Wirtschaftlich könnte der Verein jeden der drei Kandidaten stemmen – keiner der Spieler hat laut „transfermarkt.de“ einen Marktwert von über 4,5 Millionen Euro. Gemessen an dem möglichen Potenzial ein überschaubarer Betrag. Gleichzeitig ähneln alle dem Spielertypus von Modeste so sehr, dass sie laut Datenauswertung optimal ins Kölner System passen.

Gut möglich, dass der Verein nach dem Vertragsende seines gesetzten Mittelstürmers über einen Ersatz nachdenkt. Mit sechs verbleibenden Bundesligaspielen hat Modeste hingegen noch Zeit, seinen Wert für den 1. FC Köln weiter unter Beweis zu stellen. Und sollte sich auch nach Ablauf der aktuellen Spielzeit nichts an der abwartenden Haltung des Vereins ändern, dann bliebe Modeste ab Sommer noch ein letztes Vertragsjahr.

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