DFB-Pokalhalbfinale 1991 Wie der Kultspruch „Mach et, Otze!“ entstand

Köln · Um im DFB-Pokalfinale 1991 für de 1. FC Köln spielen zu dürfen, sieht Frank Ordenewitz „Rot“. Doch der Plan misslingt

 Eine beabsichtigte Rote Karte: Frank Ordenewitz wollte sich das Pokalfinale erschleichen. Erfolglos. Dafür schrieb er Geschichte.

Eine beabsichtigte Rote Karte: Frank Ordenewitz wollte sich das Pokalfinale erschleichen. Erfolglos. Dafür schrieb er Geschichte.

Foto: picture alliance / dpa/Achim Scheidemann

Erst heftig nachgetreten, dann die Sense ausgepackt – Frank Ordenewitz müht sich redlich, aber erst wenige Minuten vor Spielende wird er für seine Mühen belohnt. Ballwegschlagen. Rote Karte. Der Angreifer des 1. FC Köln wird frühzeitig in die Kabine geschickt. Enttäuschung oder Frust? Keinesfalls. Ordenewitz verfolgt einen Plan.

Acht Jahre nach dem letzten großen Erfolg steht der FC an diesem Dienstagabend im Mai 1991 wieder im Halbfinale des DFB-Pokals. Der Gegner heißt MSV Duisburg. Eine lösbare Aufgabe, auch wenn die erste Auflage gegen den Zweitligisten 0:0 endete. Es winkt das Endspiel.

Die Kölner Pokalhistorie in Bildern
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Die Geißböcke legen gut los. Doch schon nach neun Minuten nimmt das Spiel für eben jenen Ordenewitz einen dramatischen Verlauf. Nach einem unnötigen Foulspiel im Mittelfeld sieht er die Gelbe Karte. Es ist die zweite im laufenden Wettbewerb, der Torjäger wäre damit für das mögliche Endspiel gesperrt. Alfons Higl bringt die Kölner nach einer halben Stunde in Front, Ordenewitz erhöht nach dem Wechsel. Das Pokalfinale in Berlin nimmt immer schärfere Konturen an.

1991 gibt es noch keine Gelb-Rote Karte

Rekordtorschützen des 1. FC Köln
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Ein Endspiel ohne Ordenewitz. Doch der Angreifer hat eine Lücke im System gefunden. Bei einem Platzverweis ist Ordenewitz „nur“ für das kommende Bundesligaspiel gesperrt, das Finale in Berlin dürfte er spielen. 1991 gibt es noch keine Gelb-Rote Karte, bei einem weiteren leichten Vergehen  würde sofort „Rot“ folgen. Und Ordenewitz zeigt sich äußerst willig, sich eben diese Karte abzuholen. Fünf Minuten vor Spielende schlägt der Kölner Torschütze den Ball weg. Unsportlichkeit. Schiedsrichter Markus Merk hat „Erbarmen“.

Ordenewitz wirkt bedient, als er enttäuscht vom Platz schleicht. Dabei ist es nicht mehr als ein Schauspiel. Ein nicht besonders gutes. Angesprochen auf den Verdacht, die Rote Karte bewusst erhalten zu haben, sagt Ordenewitz nach dem Spiel: „Da wäre ich ja schön dumm gewesen. So bin ich in der Bundesliga gesperrt. So geht mir sicherlich einiges an Prämie verloren.“ 

Die Rechnung hat der Stürmer ohne seinen Trainer Erich Rutemöller gemacht. Nach dem 3:0-Erfolg und dem Final-Einzug wird auch der heutige Berater des FC auf die Szene angesprochen. „Otze hat mit mir kurz gesprochen“, gibt der Trainer zu. „Ich meine, man sollte ihm nicht die Chance nehmen, ins Pokalendspiel zu kommen. Da habe ich gesagt: ,Mach et’.“ Das geflügelte Wort „Mach et, Otze“ ist geboren.

Ordenewitz wird trotzdem für das DFB-Pokalfinale gesperrt

Beim Pokalfinale schaut Ordenewitz dennoch zu. Der DFB leitet nach den Interviews ein Verfahren wegen Unsportlichkeit ein, der Verband sperrt den Angreifer für das Endspiel und belegt Trainer Rutemöller zudem mit einer Strafe von 5.000 Mark. Der FC verliert das dramatische Endspiel im Elfmeterschießen gegen Werder Bremen.

Ausgerechnet gegen Bremen. Gegen jenen Verein, für den Ordenewitz auf den Tag genau drei Jahre zuvor als fairer Sportsmann auftritt. Gegen den 1. FC Köln. Bremen steht bereits als Meister fest, der FC führt 1:0, als Ordenewitz der Ball im Strafraum an die Hand springt. Der Schiedsrichter sieht die Szene nicht. Die Proteste der Kölner sind wütend. Auf Nachfrage bestätigt Ordenewitz, Hand gespielt zu haben. Pierre Littbarski verwandelt den Strafstoß zum 2:0-Endstand.

1988 wurde Ordenewitz noch mit dem Fairplay-Preis ausgezeichnet

Doch Ordenewitz wird für die Szene gefeiert und geehrt. Die Fifa zeichnet ihn mit einem Fairplay-Preis in Höhe von 50.000 Schweizer Franken aus. Der Saubermann behält das Geld nicht, er gründet eine Stiftung für bedürftige Kinder.  „Ich würde so etwas immer wieder machen“, sagt Ordenewitz damals. „Fairplay gehört zum Sport einfach dazu.“

Die Rote Karte drei Jahre später hat mit Fairplay wenig zu tun. Das gibt auch Rutemöller zu. „Die Regel ist nun mal da, die muss auch Bestand haben“, sagt er später. „Danach haben sich alle zu richten. Wir haben versucht, die Regel zu umgehen. Aber letztlich kann das nicht fair sein.“

Groll habe es zwischen Trainer und Spieler wegen der Szene nicht gegeben. Das sei vergessen, heißt es. Nicht vergessen aber ist der Satz „Mach et, Otze“.

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