Brisantes Duell mit Gladbach 1. FC Köln will im Derby Störfaktoren ausblenden

Köln · Die drohende Strafe durch die Fifa rückt das rheinische Duell mit Rivalen aus Gladbach aus Kölner Sicht in den Hintergrund. Für FC-Trainer Steffen Baumgart und sein Team zählen dennoch die Punkte gegen den Abstieg.

Wild entschlossen, endlich Punkte einzufahren, ist FC-Trainer Steffen Baumgart.

Wild entschlossen, endlich Punkte einzufahren, ist FC-Trainer Steffen Baumgart.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Derby. Köln gegen Gladbach. Derby? Nein, echt jetzt? Ja, tatsächlich, an diesem Sonntag treffen die beiden in herzlicher Abneigung verbundenen rheinischen Rivalen aufeinander. Zum 95. Mal bereits. Doch irgendwie konnte man sich in den vergangenen Tagen nicht recht damit auseinandersetzen, dass da – Franz Beckenbauer würde in seinem bayrisch gefärbten Englisch sagen: „We call it a Klassiker“ – eine Partie mit mächtig Brisanz auf dem Wochenendplan steht. Sie wurde jüngst übermantelt von Ereignissen, die den 1. FC Köln in wilde Aufgeregtheit versetzte. Die Lage rund um den Club vor dem „Klassiker“ in Müngersdorf (15.30 Uhr/Dazn) hatte sich jüngst verschärft, besser gesagt: Sie ist dazu angetan, die Zukunft des 75 Jahre alten Vereins gefährdet zu sehen. Zwei Transferphasen lang wird der FC nach dem Urteil der Fifa keine Spieler verpflichten dürfen. Das wiegt schwer.

Wirklich an sich herankommen lassen wollte Steffen Baumgart die Thematik am Freitag nicht. Er wand sich, ein Hin und Her, um sie auszusparen. Gefragt nach seiner Einschätzung zu der drohenden Strafe, gab er erst an, nur ein Mal darauf antworten zu wollen, das Spiel, das Derby sollte schließlich im Mittelpunkt stehen. Also stellte der Kölner Trainer eine „Zwischenfrage“ an die Medienmenschen auf der Pressekonferenz. „Machen wir erst das Urteil und dann das Spiel, weil es vielleicht ja wichtiger ist?“ Das wollte er nur mal klären, vorab. Das Urteil im Saal: erst das Urteil.

Baumgart konzentriert sich aufs Sportliche

Nun, also gut. Es habe alle überrascht, legte Baumgart los. „Jetzt müssen wir damit umgehen. Dass ich davon nicht begeistert bin, kann sich jeder vorstellen. Wie das zustande gekommen ist, ist nicht meine Aufgabe. Meine Aufgabe ist, mit der Situation umzugehen. Und die sieht so aus, dass wir eine Sperre haben. Wir müssen schauen, wie wir ins nächste Jahr gehen. Das bedeutet nicht, dass wir sämtliche Planungen auf Eis legen.“ Gespräche mit potenziellen Verpflichtungen sollen weiterhin geführt werden. Und mit Neuzugang Leart Paqarada „haben wir bereits gesprochen“.

Also, erstmal alles beim Alten. Nur keine Aufregung, bitte. Doch Baumgart gibt gleichfalls zu bedenken, dass das „ein Thema in der Kabine ist, die Jungs können alle lesen“. Seine Spieler aber, versichert der 51-Jährige, lassen sich davon nicht beeinflussen, es sei ein „zweitrangiges Thema für die Jungs. Wir haben gestern mit Christian Keller darüber gesprochen“. Abgehakt also? Zumindest, sagte Baumgart, „konzentrieren wir uns ganz normal aufs Training. Alles andere kann ich nicht beeinflussen, das Team auch nicht. Wir können nur das Sportliche beeinflussen“.

Trainer sieht seine Zukunft beim 1. FC Köln

Selbstredend, damit war das Thema noch nicht endgültig in den Notizblöcken verschwunden. Sein eigenes Wirken bei dem Club sieht der Trainer durch die missliche Situation unangetastet. Er wirkte sogar recht gelöst, als er über seine Perspektive beim FC sinnierte, was heißt hier grübeln? Seine Einlassung dazu kam ohne ein Zögern. „Hat einer das Gefühl, dass ich hier keinen Spaß habe?“, fragte er. Und lachte. „Ich glaube nicht. Dass ich jemand bin, der das bis zum Ende durchzieht, darüber brauchen wir nicht zu reden.“ Dass er den Spaß im Verein absehbar nicht mehr genießen wird, könnte jedoch auf einer ganz anderen Ebene zu finden sein: der sportlichen. Nur ein Sieg aus den vergangenen neun Ligaspielen, nur ein Remis aus den vergangenen fünf – auch diese Situation hat sich deutlich verschärft, selbst wenn der Vorsprung auf den Relegationsplatz noch sechs Punkte beträgt. Er versuche jetzt erst mal, sagte Baumgart, „meinen Job zu sichern, indem wir Punkte holen“. Etwas Handfestes stünde den Kölner also gegen Gladbach gut zu Gesicht. Unabhängig davon hat er seine eigene Zukunft schon sehr fest umrissen. „Die“, betonte er am Freitag, „liegt beim 1. FC Köln, der Vertrag läuft und ich möchte ihn gerne erfüllen.“ Also, sollte alles gut gehen, wird er die Mannschaft auch in der kommenden Saison anleiten, für die er derzeit noch „wirklich mit Neuzugängen“ plant. „Wir versuchen, gegen das Urteil vorzugehen“, sagte Baumgart. „Dann müssen wir sehen, ich muss warten. Jetzt wäre es schön, wenn wir uns ums Derby kümmern.“

Ach ja, Derby, dann doch. So ganz scheint das 1:6 gegen Dortmund vor der Länderspielpause immer noch nicht verdaut am Geißbockheim. So leicht schüttelt eine solche Abfuhr auch Baumgart nicht aus den Kleidern, doch gibt er zu verstehen, dass „es nicht um irgendeine Reaktion geht oder dass die Jungs nicht wollten. Ihnen musste ich noch nie eine Reaktion aufdrücken, sie spielen immer am Limit“. Vor dem brisanten Duell mit Gladbach mahnt er dennoch: „So einen Auftritt will ich nicht zweimal sehen.“

Luca Kilian kehrt in den Kader zurück

Selbst gegen die Borussia, die auf Platz zehn im Ranking nur vier Punkte besser dasteht als die Kölner, wäre die Vermeidung einer weiteren Niederlage mit einem solch faseriger Vortrag kaum zu schaffen. Insbesondere die Qualität der Offensivabteilung hat es Baumgart angetan, die sei „absolut überragend, mit einem Vize-Weltmeister (Marcus Thuram, d. Red.) und mehreren Nationalspielern“. Vor dem Umschaltspiel der Elf vom Niederrhein warnt er eindringlich („gehört zu den besten der Bundesliga“), auch vor der hohen Spielintelligenz des Gegners. „Sie könnten woanders stehen in der Tabelle, viele Ergebnisse waren unglücklich.“

Sein eigener Kader erhält Zuwachs, in dem Abwehrspieler Luca Kilian wieder zurückkehrt. Neben den Langzeitverletzten fehlen werden dagegen weiterhin Kristian Pedersen und Jan Thielmann, für die es laut Baumgart zu früh ist, einen Platz im Aufgebot zugeteilt zu bekommen.

Trotz all der spielerischen Substanz beim Kontrahenten gibt Baumgart zu bedenken: „Wir spielen zu Hause und wollen gewinnen. Wir sind gut vorbereitet.“

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