„Trotzdem bleibt er für mich ein Holzfuß“ Ausgerechnet FC-Spieler Luca Kilian avanciert zum Matchwinner

Köln · Beim FSV Mainz spielte Luca Kilian in der vergangenen Saison keine Rolle mehr. FSV-Trainer Bo Svensson gab dem Innenverteidiger keine Chance. Ausgerechnet gegen Mainz avancierte der 22-Jährige zum Matchwinner.

„Trotzdem bleibt er für mich ein Holzfuß“: Ausgerechnet FC-Spieler Luca Kilian avanciert zum Matchwinner
Foto: Herbert Bucco

Mit seinen 30,34 km/h gehörte Luca Kilian am Samstagnachmittag wahrlich nicht zu den schnellsten Sprintern im Duell gegen den FSV Mainz. In der 82. Minute setzte der Innenverteidiger des 1. FC Köln aber erneut zu einem beherzten Lauf in Höchstgeschwindigkeit an. Wenn man so will „off the record“, fernab der Statistik. Kilian rannte mit geballten Fäusten Richtung Außenlinie, streckte die Arme in die Höhe und ließ sich von den 49 800 Fans im Kölner Stadion für sein Tor feiern. „ Ich wusste gar nicht mehr, wo unsere Kurve überhaupt ist und bin zur falschen Eckfahne gelaufen. Die Jungs laufen immer zu der anderen“, sagte Kilian. Der 22-Jährige hatte nach einer Ecke dafür aber genau richtig gestanden. Richtig, da FSV-Keeper Robin Zentner einen Kopfball von Salih Özcan vor Kilians Füße fallen ließ. Kilian ließ sich dagegen nicht zwei Mal bitten und schob im Stile eines Abstaubers ein. 3:2, Spiel gedreht.

Ausgerechnet Kilian hatte das Spiel mit seinem Tor entschieden. Ein Spiel, das nach 60 Minuten für die Kölner verloren schien. „Ich habe es mir mehr oder weniger vorgenommen. Wir haben die Woche auch immer wieder darüber gesprochen, dass es ja ein guter Zeitpunkt wäre, ausgerechnet jetzt mein erstes Tor in der Bundesliga zu schießen“, sagte der Torschütze.

Kilian bei Mainz aussortiert

Selten hatte der Begriff „ausgerechnet“ in der Bundesliga eine größere Treffsicherheit gehabt. Ausgerechnet der von Mainz ausgeliehene Kilian hatte getroffen. Ausgerechnet jener Abwehrspieler, dem Mainz-Trainer Bo Svensson die Fitness eines Bundesliga-Akteurs, den Biss eines Profi-Fußballers abgesprochen hatte. Ausgerechnet Kilian, von dessen technischen Fertigkeiten selbst FC-Coach Baumgart wenig überzeugt scheint. „Ich habe immer gesagt, wenn er mal ein Tor macht, lade ich die Mannschaft zum Essen ein“, sagte der 50-Jährige nach dem Spiel. „Trotzdem bleibt er für mich ein Holzfuß.“ So hatte der Kölner Trainer den Sieg-Torschützen schon vor zwei Wochen genannt, als Kilian es im Training mit einem missratenen Lupfer versuchte.

So bewerten wir die FC-Spieler gegen Nizza
13 Bilder

So bewerten wir die FC-Spieler gegen Nizza

13 Bilder
Foto: dpa/Marius Becker

Ausgerechnet Kilian hatte zu allem Überfluss Mainz überhaupt erst ins Spiel gebracht. Der 22-Jährige hatte einen Schuss von Jonathan Burkardt so unglücklich abgefälscht, dass Marvin Schwäbe früh geschlagen war. „Der wäre niemals gefährlich geworden, glaube ich. Das ist natürlich bitter und das muss man erstmal schlucken“, sagte der Leihspieler. Kilians Nebenmann Jeff Chabot machte bei der Entstehung des Treffers eine ebenfalls unglückliche Figur, genauso wie beim 0:2 nach 55 Minuten als er Karim Onisiwo beim Torschuss nur zuschaute. Zu diesem Zeitpunkt hatte der FC einmal durch Ondrej Duda auf und einmal durch Anthony Modeste neben das Tor geschossen oder geköpft. Die Lösungen, die Trainer Baumgart gegen Union Berlin vermisst und nach eigenem Bekunden vor der Mainz-Begegnung gefunden hatte, waren wieder verschollen.

Und doch dürfte sich auch Baumgart als einer der großen Gewinner des Nachmittags gefühlt haben. Denn der Trainer wechselte nach einer Stunde die Lösungen ein. „Die ersten 60 Minuten waren wir nicht gut im Spiel, wir haben viele Fehler im Aufbauspiel gemacht. Mit den Wechseln kamen wir zurück und dann haben die Jungs gezeigt, was sie auszeichnet“, sagte Baumgart. Mit Salih Özcan, Dejan Ljubicic und Louis Schaub änderte sich das Bild, aber vor allem der Spielstand: nach einer Ecke des starken Mark Uth verlängerte Modeste und Ellyes Skhiri köpfte ein. Vor Kilians 3:2 tankte sich Uth im Sechzehner fest, den geblockten Ball schnappte sich Ljubicic und schlenzte zum 2:2. „Wenn man ein Tor schießt, ist das immer schön. Und dann vor solchen Zuschauern, das ist unglaublich“, sagte der Österreicher. „Jetzt habe ich gesehen, was Köln wirklich ist.“

Das hat auch FSV-Coach Svensson, der unter der Woche noch von der einzigartigen Stimmung im Kölner Stadion gesprochen hatte. Wohl nicht ahnend, dass auch die FC-Fans ganz offensichtlich Einwirkung auf das Spiel genommen hatten. Erstmals seit mehr als zwei Jahren war die aktive Fan-Szene im Stadion. Sie hatte das Spiel mit einer beeindruckenden Choreografie eröffnet und die Mannschaft nach dem Anschlusstreffer von Skhiri unermüdlich angepeitscht. „Es gibt doch nichts Schöneres. Das Stadion ist wieder voll, es macht unendlich viel Spaß“, sagte Uth. „Man hört es ja, es gibt nichts geileres.“

So fuhr der FC die Punkte 41 bis 43 ein und so langsam können offenbar auch die Kölner Akteure mit dem Traum von Europa nicht mehr hinter dem Berg halten. „Wir sind jetzt sehr nah dran an Europa. Ich will jetzt nichts ausrufen, sonst bekomme ich die Breitseite vom Trainer“, sagte Uth. „Wir träumen alle von Europa. Ich höchst persönlich will natürlich unfassbar gerne international spielen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort