Herzschlagfinale in Köln Nach dem Abschied von Hector und Horn bastelt der FC an einem neuen Team

Update | Köln · In einem Herzschlagfinale hat sich Bayern München einen 2:1 (1:0)-Sieg in Köln gesichert, der den elften Titel in Folge brachte. Für Hector und Horn war es das letzte Spiel im FC-Trikot. Der FC bastelt schon an einer neuen Mannschaft.

Kölns Jonas Hector (Mitte l) und Torhüter Timo Horn (Mitte r) werden bei ihrer Verabschiedung mit Bier übergossen. Hector verlässt nach 13 Jahren den Verein, Horn nach 21 Jahren.

Kölns Jonas Hector (Mitte l) und Torhüter Timo Horn (Mitte r) werden bei ihrer Verabschiedung mit Bier übergossen. Hector verlässt nach 13 Jahren den Verein, Horn nach 21 Jahren.

Foto: dpa/Marius Becker

Als Gewissheit herrschte, als der FC Bayern die Meisterschale in Müngersdorf in Empfang nahm, da stellte sich Jonas Hector in die letzte Reihe am Spielfeldrand, so wie es seinem Naturell entspricht. Hinter all seine Mitspieler, bloß nicht in den Vordergrund drängen. Er spendete Beifall Richtung München. So wie es sich für einen richtigen Kapitän gehört. Es herrschte also Gewissheit, dass die Münchner nach dem 2:1-Sieg in Köln zum elften Mal in Serie Meister sind. Es herrschte auch Gewissheit bei Hector, dass dieses Herzschlagfinale, dieser filmreife Schlussakt, ebenso sein letztes Spiel für den FC war wie für Torhüter Timo Horn, der den Verein verlassen wird. Hector aber beendet seine Karriere als Profi, die Niederlage zum Abschluss dürfte ihn nicht weiter schmerzen.

Riesiges Spalier für Hector und Horn

Hector und Horn wurde nach der Übergabe der Schale an die Münchner gebührend geehrt, gingen durch ein endloses Spalier, einen Korridor an Emotionen, das Kollegen, Clubmitarbeiter und Verantwortliche, FC-Legenden, Freunde und Familie bildeten. Geschäftsführer Christian Keller übernahm das Spenden warmer Worte, und niemand im Stadion saß. Alle waren zutiefst gerührt. Und als dann ein Film über die beiden gezeigt wurde, als die Regie den Kölner Kultsong „Tommi“ von AnnenMayKantereit einspielte, sich alle im Stadion in den Armen lagen, flossen Tränen. Viele Tränen. Da waren die Bayern längst in die Kabine entschwunden. Ohnehin war es eine merkwürdig ruhige Feier in Köln, auch aus der Kabine der Meistergäste drang später kein überbordender Lärm. Womöglich lag es auch daran, dass sich der Verein zuvor von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic getrennt hatten, so kurz vor dem Schlussakt.

Verkehrte Welt in Müngersdorf: Der Verlierer feierte, der Meister verkrümelte sich mit der Schale vor seine Kurve, begleitet von Pfiffen der Kölner Fans. Das war Michael Trippel Anlass genug, die eigenen Feierlichkeiten weiter anzuschieben. Jetzt komme „das Wesentliche“, kündigte der Kölner Stadionsprecher mit fester Stimme an: „die Verabschiedung von Jonas Hector und Timo Horn“. Keller reichte das Mikro weiter an Horn, 21 Jahre im Club, der sichtlich mit den Tränen zu kämpfen hatte. Nach rührenden Dankesworten richtete er das Wort an seinen Weggefährten, an dessen Seite er seine gesamte Karriere durchlebte. „Du bist einer der größten Spieler, die der FC je hatte“, sagte der Torhüter. „Du kannst unfassbar stolz auf dich sein.“

1. FC Köln gegen FC Bayern München
34 Bilder

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Natürlich, auch der Kapitän sprach, der zuvor mit seinen Söhnchen Anton auf dem Arm, die letzten Momente auf dem Kölner Rasen in sich aufsog. Der Kapitän machte seiner Mannschaft Mut für die kommende Saison, in der ja nicht nur die beiden fehlen werden, sondern auch Ellyes Skhiri wohl sehr vermisst werden wird. „Ich ein tolles Team“, hob Hector, 13 Jahre im Verein, in seiner Ansprache an, „tolle Kollegen, die es mir leichtmachen, jetzt aufzuhören. Ich weiß, was sie draufhaben, da mache ich mir keine Sorgen.“ Dann ging es auf die Ehrenrunde, für Hector, für Horn, bis sie an der Südkurve das Bad an und in der Menge genossen. Zum Schluss gab es von den Rängen noch ein Geburtstagsständchen für Hector, der just an diesem Samstag 33 Jahre alt wurde.

Cas setzt Transfersperre aus

Es herrschte also in vielerlei Hinsicht Gewissheit. Eine sehr einflussreiche aus Kölner Sicht hatte sich schon am Abend vor dem Spiel verbreitet: die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshof Cas die verhängte Transfersperre gegen den FC vorläufig ausgesetzt. So darf der Club in diesem Sommer doch Spieler verpflichten, die Handlungsfähigkeit ist also weiterhin gegeben nach einer Saison, die Trainer Steffen Baumgart nach der letzten Runde als „sehr gute“ bezeichnete. „Wir hatten Verletzungen und Situationen, die für zehn Jahre reichen. Das Schöne war, wie die Jungs damit umgegangen sind. Wir sind immer bei uns geblieben, waren immer füreinander da.“

Doch das war es schon mit seiner persönlichen Rückschau, der Blick ging schon nach dem Schlussgong gegen die Bayern nach vorn. An der einen oder anderen Stelle seien bereits Gespräche mit Spielern geführt worden. „Jetzt schauen wir, dass wir die dann auch zu Ende bringen“, sagte Baumgart. „Wir hoffen, dass da gute Entscheidungen dabei sind, um Spieler wie Hector und Skhiri ersetzen zu können. Auch wenn du solche Spieler nicht so ersetzen kannst.“ Tatsache ist, dass für Linksverteidiger Hector in Leart Paqarada (FC St. Pauli) schon ein Ersatz bereitsteht. Er hatte schon vor dem Fifa-Urteil einen Vertrag beim FC unterschrieben. Jetzt, betonte Keller, sei es wichtig, dass „er eine Spielberechtigung erhalten wird“.

FC sucht Verstärkungen

Die Kölner waren trotz des Urteils natürlich nicht untätig in den vergangenen Wochen, man habe gewisse Sachen vorbereitet, sagte der Sportchef, „und werden versuchen, zu Abschlüssen zu kommen“. Aus diesem Grund wird er auch erstmal nicht in den Urlaub fahren, sondern seine Arbeit am Geißbockheim strikt fortführen. „Die Cas-Entscheidung bedeutet, dass wir jetzt theoretisch Spieler verpflichten können. Und ich gehe davon aus, dass wir das praktisch auch machen werden.“ Ein Spieler fürs defensive Mittelfeld soll kommen, zudem soll dem Vernehmen nach Interesse an einem Spielgestalter, Stürmer und Rechtsverteidiger bestehen.

Doch dieses Thema war am Samstag in diesem emotionalen Theaterstück nicht das vorherrschende. Die große Bühne gehörte dem Tandem der Treuen, Hector und Horn. „Ich kann nur danke sagen. Ich bin froh, dass ich meine ganze Karriere für diesen Verein gespielt zu habe. Es war mir immer eine Ehre hier zu spielen“, schloss Hector seine Abschiedsrede und das Kapitel Köln, um dann in seiner ihm eigenen trockenen Art zu bekennen: „Jetzt bin ich aber auch froh, nicht mehr hier zu spielen.“

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