Taktik-Analyse Darum hätte der Sieg des 1. FC Köln auch schief gehen können

Analyse | Köln · Auf dem Papier war der 1. FC Köln gegen Greuther Fürth schon zur Halbzeit in allen Belangen überlegen. Nur führte die Spielvereinigung 1:0, hätte aber 3:0 in Front liegen können. Eine Analyse.

Taktik-Analyse: Darum hätte der Sieg des 1. FC Köln auch schief gehen können
Foto: dpa/Marius Becker

Die Kölner Fans feierten am Freitagabend ihren FC noch Minuten nach dem Schlusspfiff im Kölner Stadion. Sie feierten Doppeltorschütze Ellyes Skhiri, Trainer Steffen Baumgart, sie feierten eigentlich ganz Köln. Dabei hätte nicht viel gefehlt und die rot-weiße Feierei, die Euphorie rund um ihren „Kanzlerkandidaten“ Baumgart hätte einen herben Dämpfer erlitten. Eigentlich waren es nur wenige Zentimeter, die gefehlt haben. Jeremy Dudziak brachte es zwei Mal fertig, den Ball anstatt ins freie Tor, an den Innenpfosten zu hämmern. Es wäre der zweite Treffer der Fürther gewesen. Erst kurz zuvor war Branimir Hrgota an Timo Horn gescheitert. „Wir spielen immer auf das nächste Tor“, betonte zwar Rafael Czichos, beim Stande von 0:2 wäre eine Aufholjagd natürlich deutlich schwerer geworden. „In der zweiten Halbzeit haben wir es dann ja auch ganz gut gemacht“, so Czichos.

In der ersten Habzeit aber eben nicht. Und das, obwohl die Geißböcke trotzdem in den ersten 45 Minuten dem Gegner nahezu in allen Belangen überlegen waren. Köln kam schon zur Pause auf 65 Prozent Ballbesitz, spielte mehr als drei Mal so viele Pässe (240:79), davon 80 Prozent zum Mitspieler, Fürth 60 Prozent. Köln schoss im ersten Abschnitt zehn Mal aufs Tor, Fürth nur vier Mal. Und doch, die Gefahr ging bis auf einen Kopfball von Anthony Modeste unmittelbar vor dem Seitenwechsel ausschließlich vom Tabellenschlusslicht aus. Und das auch aufgrund der offensiven Spielweise der Kölner.

Zwar agierte der FC auch wieder mit einer Viererkette, allerdings legten die Außen, allen voran Jonas Hector, die Aufgabe deutlich offensiver aus, als noch in den vorherigen Begegnungen. Hector suchte immer wieder den Weg in die Offensive oder ins Zentrum. Vermutlich, weil Skhiri als einzige absichernde Komponente im Mittelfeld agierte. Dadurch fehlte Hector zum einen im Spielaufbau, zum anderen geriet Köln in der Rückwärtsbewegung einige Male in Unterzahl. So beim frühen 0:1 durch Marco Meyerhöfer, der vollkommen blank stand, sowie beim Doppelpfosten-Teffer von Dudziak. Hectors Offensivdrang wurde möglicherweise auch durch die personelle Aufstellung begünstigt.

Volle Offensive scheint zunächst kontraproduktiv

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Baumgart ließ neben seinen drei potenziellen Angreifern Sebastian Andersson, Anthony Modeste und Mark Uth Ondrej Duda sowie Florian Kainz spielen. Die noch offensivere Ausrichtung schien sich allerdings zunächst kontraproduktiv auszuwirken. So, als passten die Laufwege der Offensivkräfte in diesem System noch nicht so recht. Der letzte Pass wollte nicht ankommen, die Abschlüsse kamen verfrüht oder nicht aus optimaler Position. Das Kölner Spiel wirkte seltsam unfertig.

Auch, weil Fürth wie erwartet den FC früh, vor allem aber aggressiv anlief. Dem FC unterliefen im Aufbauspiel einige Fehler, aus denen Fürth viel machte. In der Defensive stand der Gast, der wieder aus einer stabilen Viererkette agierte, dagegen sehr tief, das Zentrum machte Fürth konsequent dicht. Die Defensivachse gewann nahezu zwei Drittel ihrer Zweikämpfe. Zwar konnten die Kölner ihr ohnehin schon gutes Flankenkonto in die Höhe schrauben, wirkliche Gefahr strahlte der FC auch nach den Hereingaben nicht aus. Erst nach dem Wechsel fanden die Kölner die nötigen Lücken. Unter anderem Sebastian Andersson, der ausglich. „Das hat uns in diesem unangenehmen Spiel die Tür geöffnet“, sagte Rafael Czichos. Köln drückte. Auch, weil die Gäste das hohe Tempo nicht mehr mitgehen konnten.

Wilde Wechsel beim FC

Doch Fürth griff nun zu einem neuen Mittel, zog unheimlich viele Fouls und versuchte über Standards für Gefahr zu sorgen. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt eher zerfahren. Vielleicht auch durch die zahlreichen Wechsel auf Kölner Seite begünstigt. Die beiden Defensivspieler Kingsley Ehizibue und Kingsley Schindler kamen für die Offensivkräfte Florian Kainz und Anthony Modeste. Später Louis Schaub für Sebastian Andersson und Salih Özcan für Außenverteidiger Benno Schmitz.

Ausgerechnet eine dieser Standards führte dann aber zur Entscheidung. Erst eroberte Özcan den Ball, dann legte Schaub auf Ellyes SKhiri ab, der nach einem Sprint vom eigenen Sechzehner noch genug Kraft für die Entscheidung hatte. Erstaunlich nach 13 abgespulten Kilometern und: Skhiri erzielte die maximal gemessene Geschwindigkeit des Spiels.

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