1:2 gegen Magdeburg Eine unfassbare Niederlage für den 1. FC Köln
Köln · Der 1. FC Köln hat ein Spiel verloren, das er nie hätte verlieren dürfen. Beim 1:2 gegen den 1. FC Magdeburg trat ein altes Problem wieder auf: die Chancenverwertung.
Die Fahrt gestaltete sich lang für Markus Pröll, Dirk Lottner, Matthias Scherz und den Rest der Mannschaft zurück aus Magdeburg ans Geißbockheim. Der 1. FC Köln hatte eine deftige Pleite in Sachsen-Anhalt im Gepäck, schwer wie Wackersteine, und war durch das 2:5 im August 2000 aus dem DFB-Pokal geflogen. Aus für den Bundesligisten in Runde eins, gegen einen Oberligisten (4. Liga). Es sind nicht viele Erinnerungen, die die Duelle begleiten zwischen den beiden „Ersten Fußballclubs“, bislang gab es nur zwei weitere. In der Zweitliga-Saison 2018/19 gewann Köln 3:0, zudem gab es ein 1:1. Das vierte Aufeinandertreffen der beiden Traditionsclubs sollte nun wieder in der 2. Liga zur Austragung kommen. Und Magdeburg stellte sich mit der Empfehlung eines 4:0-Sieges vor der Länderspielpause beim 1. FC Nürnberg in Müngersdorf vor.
Das nötigte Gerhard Struber ordentlich Respekt ab. „Der Gegner wird uns viel abverlangen“, hatte der Kölner Trainer gesagt, „er definiert sich extrem über Ballbesitz.“ Doch eines ließ der Österreicher ebenfalls wissen. „Wir wollen mit unserer Qualität unserem Ziel näherkommen. Das ist ganz klar: zu Hause drei Punkte einfahren.” Die drei Punkte jedoch nahmen die Gäste mit, die gegen einen sehr dominanten und leidenschaftlichen FC zu einem unfassbaren 2:1 (0:1)-Sieg kamen – und das nach einem Rückstand. Dabei profitierten sie vor allem von der eklatanten Abschlussschwäche der Struber-Elf, die eine Vielzahl an fantastischen Chancen ausließ und zunächst den Anschluss an die Top-Plätze verpasst hat.
In der Frage der Aufstellung setzte Struber weiterhin auf Konstanz. So kehrte lediglich Kapitän Timo Hübers, der beim Sieg auf Schalke krankheitsbedingt fehlte, in die Startelf zurück. Für ihn musste Dominique Heintz weichen. Das hatte der Trainer angekündigt und befand. „Timo ist für uns ein Garant für Leistung und ein ganz wichtiger Teil der Mannschaft.”
Nach langem Ehrenapplaus für den verstorbenen Ex-Trainer Christoph Daum zeigten die Kölner gleich, dass sie ihre kleine Erfolgsserie von zwei Ligaspielen in Folge ausbauen wollten. Linton Maina mit einem ersten Schuss, doch es war eine leichte Fangübung für Magdeburg-Torhüter Dominik Reimann (2.). Dann war Reimann erneut gefragt, mit seinen Fingerspitzen lenkte er den Präzisionsschuss von Denis Huseinbasic nach Dejan Ljubicics Ablage über die Latte (5.). Dann war es eine Ecke Leart Pacaradas, die den Kopf von Julian Pauli am ersten Pfosten erreichte – Zentimeter zu hoch (8.)
Ein ansehnliches Tempospiel über die Außen zog die Struber-Elf auf, und immer wieder suchte sie einen Abnehmer in der Mitte. Die Magdeburger Berufsfeuerwehr musste ständig ausrücken, um alle Brände in der Gefahrenzone zu löschen. Oft hatte der FC die linke Bahn als Weg ins Glück auserkoren. So setzte sich Tim Lemperle dort stark durch, erreichte mit einem Querpass Ljubicic, doch der Schuss aus zwölf Meter war zu unplatziert um Reimann zu überwinden (15.). Da muss man wohl von einer Großchance sprechen.
Allein die Effektivität konnte man Köln bis dahin vorwerfen. Dabei galt das Problem doch schon als gelöst. Ganz im Gegenteil. Es schien sich wieder zu verfestigen, als Tim Lemperle eine chirurgische Vorarbeit von Pacarada auf der Linie stehend nur noch verwerten musste, Jubel auf den Rängen – zu früh: Mit einer Wundergrätsche klärte Mohammed El Hankouri den Ball noch an den Innenpfosten, von da aus sprang er zurück ins Feld (19.). Unglaublich, werden alle gedacht haben, die es mit dem FC halten. Es ging weiter mit stürmischen Kölnern, die rasant und umstandslos den Weg in die Tiefe suchten – und Schüssen und Chancen beinahe im Minutentakt. So schlenzte Ljubicic den Ball gefühlvoll aufs Tor, aber auch knapp am rechten Pfosten vorbei (24.). Köln lief beharrlich an, doch weder Damion Downs (30.) noch Ljubicic (33.), erneut Lemperle oder Jan Thielmann (33.) zeigten die nötige Konsequenz im Abschluss.
Die Gäste dagegen hatten sich kaum einmal aus der Deckung gewagt – oder Köln hatte es mit permanentem frühem Pressing nicht zugelassen. Nur einmal machten sie ernsthaft auf sich aufmerksam, als ein Schuss des niederländischen Torjägers Martijn Kaars nur knapp am linken Pfosten vorbeizischte (12.). Auf 18:2-Torschüsse kam das Struber Team zur Pause. Dass davon keiner einen Treffer zeitigte, war schon auch sehr verwunderlich. Dem Vorwurf, eine gewisse Fahrlässigkeit im Umgang mit klaren Chancen offenbart zu haben, konnte sich Köln nicht entziehen.
Doch dann kehrte die lange vermisste Effektivität zurück nach Köln. Keine fünf Minuten nach Wiederbeginn waren gespielt, als Lemperle nach einem erneut frühen Ballgewinn allein auf weiter Flur loszog, den Ball zum flinken und sehr präsenten Maina passte, der wiederum Downs in der Mitte fand. Der Angreifer sagte Danke und spitzelte den Ball zur hochverdienten Führung ins Netz (50.). Und der Deutsch-Amerikaner hätte weitere fünf Minuten später die Vorentscheidung herbeiführen können. Nach einem unwiderstehlichen Lauf Mainas über links kam er frei zum Abschluss, doch erneut war Reimann der Gewinner (55.). Von einem Nachlassen war bei den Kölnern nichts zu sehen. Sie hielten das Tempo hoch, und erneut war es Downs, der diesmal nicht an Reimann scheiterte, sondern am Pfosten (57.).
Magdeburg musste sich mit Kontern begnügen, und einer hatte es in sich. Der durchgebrochene El Hankouri versuchte den Ball über Jonas Urbig zu lupfen, doch der FC-Torhüter zeigte sich aufmerksam (61.). Da war eine Stunde gespielt. Und Magdeburg öffnete sich langsam für die Offensive. Der Ausgleich fiel dennoch aus dem Nichts. Nach einem Freistoß konnte sich Falko Michel über so viel Freiheit am zweiten Pfosten nur wundern und traf per Kopf (66.). Köln schüttelte sich und antwortete mit einer Doppelchance von Downs und Lemperle (68.). Nun ging es hin und her, immer in die Vertikale. Die Kölner mussten sich vorkommen wie auf dem Schützenfest, alle durften mal schießen, aber keiner schoss den Vogel ab – weder Ljubicic noch Pacarada mit einem prächtigen Volleyschuss (70.) oder erneut Downs, der zumindest Huseinbasic abschoss, der in der Schussbahn stand (75.).
Der FC wollte die Entscheidung, blieb im Angriffsmodus, öffnete aber so Magdeburg einige Räume. Und das wurde bestraft. Köln bekam den Ball nicht weg, und mit einem abgefälschten Schuss von Jean Hugonet ins Tor stellten die Gäste das Spiel auf den Kopf (83.). Die Kölner Schlussoffensive brachte keinen Erfolg. Dann war Schluss, und Stadionsprecher Michael Trippel sprach das aus, was die meisten der 50.000 Fans wohl ob des Resultats empfanden: „unfassbar“.