Nach dem 2:1-Erfolg FC-Kapitän Hector und die Ruhe nach dem Sturm

Köln · Beim 2:1-Erfolg über Leipzig wuchs Jonas Hector über sich hinaus. Doch der Kölner Kapitän übt sich mich wieder in Bescheidenheit.

Nach dem 2:1-Erfolg: FC-Kapitän Hector und die Ruhe nach dem Sturm
Foto: imago images/Moritz Müller/Moritz Mueller via www.imago-images.de

Die Beine gestreckt, den Rücken zurückgelehnt, die Hände auf dem Schoß. Jonas Hector blickte nach dem 2:1-Erfolg gegen Leipzig von einem Betreuerstuhl auf das verlassene Spielfeld. Durchschnaufen. Entschleunigen. Es wirkte so, als habe der Kölner Kapitän dieses kurze Innehalten nach dem überraschenden, aber vor allem nervenaufreibenden 2:1-Erfolg über RB Leipzig dringend nötig. Der Mann des Spiels sehnte sich offenbar nach einem Moment der Ruhe.

Denn auf dem Feld ging es nur wenige Minuten zuvor noch extrem hektisch zu. Rudelbildung. Wieder einmal waren RB-Akteure mit Ondrej Duda oder wahlweise Rafael Czichos aneinandergeraten, an anderer Stelle wurde noch heftigst über die letzte Szene des Spiels diskutiert, im Kabinengang soll es sogar noch weitergegangen sein. Beleidigungen, Handgreiflichkeiten, Diskussionen. Auch über eine spiel­entscheidende Szene: Jannes Horn hatte Justin Kluivert von den Beinen geholt, der seinen Schuss aufs Tor aber bereits abgegeben hatte. Strafstoß oder nicht? Schiedsrichter Frank Willenborg beließ es beim Abstoß für Köln.

Die FC-Einzelkritik zum Leipzig-Spiel
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„Für mich war das kein Elfmeter“, gab Gästetrainer Julian Nagelsmann später zu. „Die Kölner haben heute nicht Ringelpiez mit Anfassen gespielt – sie haben so gespielt, wie das in ihrer Situation notwendig ist.“ Das tat der FC, nahm mit viel Leidenschaft und Einsatz den Kampf an und besann sich auf das Wesentliche im Abstiegskampf: Verteidigung. „Wir wussten, dass es eine Abwehrschlacht werden würde. Leipzig ist eine sehr ballsichere Mannschaft“, sagte FC-Keeper Timo Horn, der zum Sieg mit zwei starken Paraden ebenfalls seinen Teil beitrug.

Das zeigte sich vor allem im ersten Durchgang, als Leipzig die Geißböcke tief in der eigenen Hälfte einschnürte. 13:1 lautete die Torschussstatistik nach 45 Minuten. „Wir wollen in der Liga bleiben, und neben aller Leidenschaft brauchst du da auch Glück“, sagte FC-Coach Friedhelm Funkel. Das hatte Kingsley Ehizibue bereits einige Minuten vor der Elfmetersituation, als er nach einem groben Foulspiel nicht – wie vertretbar – die zweite Gelbe und damit die Ampelkarte gesehen hatte. 

Jonas Hector als Angreifer

1. FC Köln - RB Leipzig
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Das nötige Glück hatte dem FC in dieser Spielzeit oft gefehlt, oft in der Schlussphase. Dieses Mal ging es gut. Das plötzliche Glück dem Trainerwechsel zuzuschreiben, wäre übertrieben. Einen taktischen Geniestreich dagegen schon eher. Denn Matchwinner Hector tauchte im Laufe des Spiels immer weiter in der Offensive auf, agierte im zweiten Abschnitt fast durchweg als hängende Spitze, während sich Ondrej Duda zurückfallen ließ. Der Positionswechsel überraschte die Leipziger Defensive offensichtlich. So stand Hector beim 1:0 komplett blank und konnte unbehindert zur Führung einnicken. Beim zweiten Treffer wurde der Kölner Kapitän – nach hervorragendem Zuspiel von Duda – zu zögerlich attackiert und schob problemlos ins kurze Eck ein.

Offenbar macht Not erfinderisch. „Wir müssen ja über die ganze Saison hinweg schon Ausfälle kompensieren im offensiven Bereich, die uns das Leben deutlich schwerer machen, weil wir nicht die klare Spitze haben“, sagte Timo Horn. „Jonas hat heute so ein bisschen diesen Part eingenommen.“ Dabei betonte der Keeper, dass es nicht nur „die tollen Tore“ waren, die Hector auszeichneten. „Man muss auch hervorheben, dass er unheimlich viele Kopfballduelle gegen Upamecano gewonnen hat, das ist nicht selbstverständlich.“ Hector nahm jeden Zweikampf an, ging dahin, wo es schmerzt. 

Die Ruhe nach dem Spiel hatte sich der Kölner Kapitän verdient. „Es ist schön, dass wir heute mal jubeln dürfen. Das tut uns gut, auch für die nächsten Wochen“, sagte Hector, wohl wissend, dass seine Tore und die drei Punkte nur eine Momentaufnahme, ein kleiner Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt sind. Denn der FC muss schon am Freitag gegen Augsburg nachlegen, sonst sind die drei Punkte aus dem Leipzig-Spiel nicht viel wert. Für Trainer Funkel offenbar kein Problem: „Ich erwarte von Jonas jetzt in jedem Spiel zwei Tore, da liegt die Latte hoch“, sagte der 67-Jährige lachend.

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