Herr Lehmann, mit welchem Gefühl gehen Sie in die Saison?
1. FC Köln FC-Kapitän Lehmann: „Ich nehme noch keine Antidepressiva“
KÖLN · Kölns Kapitän Matthias Lehmann über die neue Saison, persönliche Ziele und sein Alter.
Matthias Lehmann: Mit riesiger Vorfreude, denn die Vorbereitungszeit war durch den späten Saisonstart schon extrem lang, zumindest gefühlt. Die Fans werden sicher auch froh sein, endlich wieder Bundesligafußball statt Testspiele zu sehen.
Und wie ist Ihre Erwartungshaltung?
Lehmann: Wir haben uns bekanntlich im Mannschaftskreis darauf verständigt, den neunten Platz der Vorsaison zu bestätigen – möglichst sogar zu verbessern. Das Potenzial dazu besitzen wir, da müssen wir uns nicht kleiner machen. Darüber hinaus halte ich Rang neun für ein seriöses Ziel. Wird es besser, wehren wir uns nicht dagegen. Wir lassen uns aber nicht durch Erwartungen an einen noch besseren Tabellenplatz unter Druck setzen.
Besitzen Sie daneben noch ein persönliches Saisonziel?
Lehmann: Ja, ich möchte zumindest ein Tor schießen, nachdem dies in der letzten Saison nicht funktioniert hat.
Mit Darmstadt 98 kommt ein Team, das wie in der Vorsaison als Absteiger gehandelt wird. Wie geht man damit um?
Lehmann: Die 98er werden hinten bestimmt sehr sicher stehen, vielleicht aber nicht mehr so viele lange und hohe Bälle nach vorne spielen, weil Sandro Wagner sie verlassen hat. Wir werden arbeiten und dagegen halten müssen, weil sie über die Zweikämpfe kommen. Wir benötigen Geduld und Effizienz im Torabschluss.
Tippen Sie Bundesligaspiele?
Lehmann: Um Gotteswillen, nein! Das ist uns Spielern ja generell verboten. Aber auch an Managerspielen wie Comunio beteilige ich mich nicht – nicht mehr. Bei St. Pauli haben wir das mit fast der ganzen Mannschaft gemacht. Lustig war's.
Jetzt kommt eine Frage, die nicht zu umgehen ist . . .
Lehmann: (lacht) . . . ach ja, mein Alter. Aber zu meinen 33 Jahren stehe ich – absolut.
Für Fußballprofis ist das die Zeit, in der viele ihre Karriere beenden. Wie geht es Ihnen?
Lehmann: Es ist nicht so, dass ich morgens schon Antidepressiva nehmen muss. . . Ich denke nach dem Aufstehen nicht: Wie überlebe ich den Tag? Reicht es noch fürs Training? Wenn das der Fall wäre, müsste ich die Schuhe an den Nagel hängen. Nein, ich fühle mich topfit. Deshalb habe ich kein Problem mit dem Alter.
Wie lange planen Sie denn noch zu spielen?
Lehmann: So lange bis ich merke, es reicht nicht mehr. Oder mir der Spaß am Beruf vergehen sollte. Ich glaube allerdings nicht, dass das passiert.
Haben Sie Verständnis für Spieler wie Marcell Jansen, die mit Ende zwanzig aufhören?
Lehmann: Wenn man keine Lust mehr hat, sollte man so handeln. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Wir befinden uns in einer schnelllebigen Zeit, da passiert so etwas. Marcell hat meinen größten Respekt.
Die Mehrzahl der Profis hört jedoch auf, weil die Gesundheit mit Anfang, Mitte dreißig nicht mehr vorhanden ist.
Lehmann: Zum Glück spüre ich den Verschleiß noch nicht. Mein Körper hatte nie etwas Größeres zu reparieren. Darauf bin ich stolz und hoffe, es bleibt so.
Haben Sie sich dennoch jetzt die Frage gestellt, wie viele Bundesligastarts für Sie noch folgen?
Lehmann: Nein, dafür bin ich nicht der Typ. Ich freue mich viel zu sehr, dass es wieder losgeht. Das einzige, worüber ich mir inzwischen Gedanken mache, ist zu Beginn der Vorbereitung: Wie oft muss ich noch die Laktattests über mich ergehen lassen, und der wievielte ist das jetzt?
Wenn Sie so voller Vorfreude sind, ist das aber auch ein Zeichen dafür, dass es Ihnen hier in Köln gut geht.
Lehmann: Definitiv. Es macht Spaß, hier zu arbeiten. Als ich im Sommer 2012 hierhergekommen bin, haben wir das Projekt des Neuaufbaus gestartet. Für mich ist das wie ein kleines Kind, das wächst. Da ist man gerne dabei, zumal man seinen Anteil daran hat.
Sie würden die Entwicklung des Clubs also gerne weiterhin aktiv begleiten.
Lehmann: Ja klar! So lange ich verletzungsfrei bleibe, meine Leistung bringe und meine Spielzeit habe, möchte ich hier bleiben. Daraus mache ich keinen Hehl.
Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus.
Lehmann: Ja, aber mit Jörg Schmadtke und Peter Stöger habe ich mich auch in der Vergangenheit so verständigt, dass wir uns zum Winter hin darüber unterhalten haben, wie es bei mir weitergeht. Das wird auch diesmal wieder so sein.
Wenn verlängert wird, dann bestimmt bis 2021. Das ist in diesem Jahr bei Kollegen ja schon drei Mal passiert . . .
Lehmann: Da wären wir wieder bei meinem Alter. Also damit rechne ich nicht mehr, höchstens in einer anderen Funktion. Mit 38 Jahren ist schon lange kein Feldspieler mehr in der Bundesliga aufgelaufen.
Welche Funktion wäre das?
Lehmann: Also, ich möchte in jedem Fall mit dem Fußball verbunden bleiben. Vielleicht im Trainerbereich, schwer zu sagen. Nur eines nicht: Scout.
Warum?
Lehmann: Da ist man noch mehr unterwegs als ich es jetzt als Spieler schon bin.
Was machen Sie, wenn Ihr Vertrag nicht verlängert wird?
Lehmann: Damit muss man sich erst beschäftigen, wenn dieser Fall eintritt. Ich hoffe natürlich, dass es nicht dazu kommt und ich meine Karriere hier beenden kann. Aber sollte es anders kommen, würde ich in jedem Fall noch weiter Fußball spielen wollen. Wie und wo, dass müsste sich zeigen.
Wäre das Ausland eine Option?