1. FC Köln FC-Profis hadern mit dem Videobeweis

KÖLN · Claudio Pizarros Tor wird in der Nachspielzeit aberkannt: FC-Spieler und -Verantwortliche beklagen Willkür beim Videobeweis. Selbst der Schiedsrichter hat Mitleid mit den Kölnern.

„Das war ein Spiel, das sinnbildlich für unsere Saison steht. Es ist unfassbar, wir sind sprachlos. Jeder, der den Fußball liebt, muss von solchen Entscheidungen abrücken“, stellte Timo Horn nach dem 1:1 gegen Hannover 96 konsterniert fest.

Wie alle anderen FC-Profis hatte der Torwart in der vierten und letzten Minute der Nachspielzeit das vermeintliche 2:1 nach einem Flugkopfballtreffer von Claudio Pizarro mitgefeiert, indem er übers Spielfeld zu den jubelnden Kollegen gelaufen war.

Das Stadion hatte sich in ein Tollhaus verwandelt, als sich per Funk Video-Assistent Marco Fritz bei Schiedsrichter Markus Schmidt meldete und ihn aufforderte, den Treffer zurückzunehmen. Tatsächlich hatte Flankengeber Marcel Risse beim Zuspiel von Yuya Osako an der Seitenlinie einen halben Schritt im Abseits gestanden.

„Ich fühle mich genauso schlecht, weil ich die Emotionen verstehen kann. Das kritisiert man ja beim Videoschiri. Deswegen ist es doof. Ich kann es nachvollziehen. Die Entscheidung aber war letztlich richtig“, sagte der Schiedsrichter. Die Abseitsstellung stellte auch keiner der Kölner infrage, jedoch das Eingreifen von Marco Fritz. Zum einen besitzt er nicht die Technik, die die Fernsehsender in Form einer eingeblendeten Linie dem Zuschauer anbieten. Zum anderen kann er nur einen womöglich regelwidrigen Treffer annullieren, nicht aber in Umkehrung ein fälschlich vom Linienrichter angezeigtes und vom Schiedsrichter folglich geahndetes Abseits korrigieren.

Genau das aber war zwei Mal den Kölnern widerfahren. Einmal lief Simon Terodde alleine auf 96-Torwart Philipp Tschauner zu, ein anderes Mal Simon Zoller. Jedes Mal hob Linienrichter Christof Günsch seine Fahne, wurden die klaren Toraktionen abgepfiffen.

„Das kann es nicht sein, dass ein Mal so und ein anderes Mal anders entschieden wird“, ärgerte sich Armin Veh. Er habe immer geglaubt, dass es durch die Technik mehr Gerechtigkeit im Fußball gebe. Das wolle er auch. „Aber ich habe auch immer gesagt, dass die große Gefahr des Videobeweises darin besteht, dass einem die Emotionen genommen werden. Man kann sie dann nicht mehr ausleben. Und das ist brutal!“

Die FC-Profis beklagten vor allem die Ungerechtigkeit, die ihnen einmal mehr widerfahren war. „Zum dritten, vierten Mal bekommen wir den Videobeweis in dieser Saison um die Ohren gehauen“, sagte Marco Höger und meinte provokant: „Aber wir wollen ja alle den Videobeweis!“

Schon in Dortmund (0:5), Frankfurt (0:1), Stuttgart (1:2) und Mainz (0:1) war der FC durch die neue Technik um Tore und Strafstöße betrogen worden. Bis zu neun Punkte hätte man mehr auf dem Konto, Konkurrenten wie Stuttgart und Mainz weniger haben können. Dagegen kam der HSV jüngst in Leipzig zu einem 1:1, obwohl Torschütze Filip Kostic vor dem Treffer weit im Abseits stand. Damals griff niemand ein. „Ich wies darauf hin. Aber mir wurden nur Alibi-Geschichten erzählt. Ich kann das nicht nachvollziehen“, stellte Stefan Ruthenbeck enttäuscht fest.

Der FC-Trainer hatte ein weitgehend ordentliches Spiel seiner Elf gesehen, in dem Yuya Osako mit einem fulminanten Schuss (30.) für die Führung gesorgt hatte. Danach aber überließen die Gastgeber den Hannoveranern das Geschehen. Die machten mächtig Druck und kamen schnell zum 1:1 durch Niclas Füllkrug (37.). Im zweiten Spielabschnitt drängten dann nur noch die Hausherren, blieben aber glücklos wie bei Osakos Schuss (81.), der im letzten Moment vom rechten Tordreieck weg drehte.

Die einzig gute Nachricht gab es nach dem Abpfiff zum Gesundheitszustand von Simon Terodde. Den hatte Sané in Kampfsportmanier im Anstoßkreis am Kopf getroffen. Zum Glück erlitt er nur eine leichte Gehirnerschütterung.

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