Aufschwung beim 1. FC Köln Anthony Modeste auf dem Weg zur Bestform

Köln · Anthony Modeste blüht unter Trainer Steffen Baumgart beim 1. FC Köln auf. Der französische Torjäger erzielte beim 1:1 in Freiburg seinen dritten Treffer im vierten Saisonspiel – und feiert diesen mit einem besonderen Jubel.

 Jubellauf in des Trainers Arme: Anthony Modeste herzt Steffen Baumgart (2.v.r.).

Jubellauf in des Trainers Arme: Anthony Modeste herzt Steffen Baumgart (2.v.r.).

Foto: imago images/Jan Huebner/Jan Huebner via www.imago-images.de

Dass Maeva ihren Toni abends daheim ernsthaft zur Rede gestellt hat, davon ist nun nicht auszugehen. Wirklich Grund für Eifersüchteleien hatte sie ja auch nicht, selbst wenn ihr Mann seine romantische Ader am Samstag nicht ihr gegenüber zum Ausdruck brachte. Es war eine innige Umarmung unter rauen Sportlern, die offenbar einen weichen Kern in sich tragen. Anthony Modestes Jubellauf nach seinem Treffer in Freiburg endete in den Armen von Steffen Baumgart. Die beiden herzten sich nach dem 1:0 innig, und diese Szene belegte, dass sich der Stürmer des 1. FC Köln und der Trainer längst gefunden haben.

Modeste und Baumgart – das scheint nicht nur eine flüchtige „Liebelei“ zu sein. Die Basis für eine längerfristige Beziehung ist gegeben. Zumal Modeste, angesprochen auf seinen glühenden Jubellauf in des Trainer Arme, später trocken und breit lächelnd bekannte: „Ich liebe den.“ So einfach ist das. Zumal, wenn der Erfolg mitspielt. Zwar reichte es im Breisgau beim Sport-Club am Ende nur zu einem 1:1, doch der Franzose hatte erneut gezeigt, dass Baumgarts Vertrauen in ihn nicht unbegründet ist. Es war bereits sein dritter Treffer im vierten Saisonspiel, der dokumentierte, dass Modeste sich der überragenden Form aus seiner 25-Tore-Spielzeit 2016/17 gerade sehr annähert – trotz seines fortgeschrittenen Alters von inzwischen 33 Jahren.

Auf dem Abstellgleis

Das war ihm in dieser Form nicht zugetraut worden. Mehr noch: Er schien nach seiner verbockten Vorsaison bereits abgeschrieben zu sein in Köln. Denn selbst er, dieser baumlange Kerl, benötigt eben Zuspruch, um seine Leistung abrufen zu können. Den bekam er unter Baumgarts Vorgängern offenbar zu selten. Doch seit der kernige Coach die sportliche Verantwortung beim FC trägt, haben sich die Vorzeichen geändert. Der 49-Jährige schenkt ihm Vertrauen und fördert so Modestes Zutrauen in seine Qualitäten. „Er hat seit Langem mal wieder eine komplette Vorbereitung mitmachen können, fehlte bei keinem Training“, sagte sein Trainer. „Darum ist er in einem guten körperlichen Zustand.“ Aber noch nicht am Ende seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Toni sei noch lange nicht da, wo er sein könnte, sagte Baumgart.

Der Angreifer selbst sieht das ähnlich, verweist er doch darauf, dass ihm noch immer ein bisschen die Kraft fehle. „Ich bin aber auf einem guten Weg.“ So verhält es sich tatsächlich.  Modeste präsentiert sich in dieser Spielzeit wie ein Grizzly, der nach monatelanger Winterruhe die Jagdsaison eröffnet hat: laufstärker und energetischer, selbstsicherer und zielstrebiger als zuvor. Modeste hat zudem nicht nur seine gute Laune wiedergefunden, sondern auch seine Treffsicherheit. Dabei folgen seine bislang drei Saisontreffer einem bestimmten Schema. Frei nach Horst Hrubesch: „Flanke, ich Kopf, Tor!“

Modeste hat sich wieder zum Anspiel- und Fixpunkt im Kölner Angriff entwickelt. Er ist zurückgekehrt ins Torjäger-Universum. Seine Mitspieler haben eine konkrete Ahnung davon, dass da vorn einer spielt, der den Widerstand in vorderster Linie organisiert, Bälle behauptet, weiterleitet und die Flanken seiner Kollegen konsequent zu verwerten in der Lage ist.

Viele Flanken, große Effektivität

Eine seiner Servicekräfte ist Benno Schmitz, der mit einer zwar nicht sonderlich scharfen, dafür aber wohltemperierten Hereingabe den Führungstreffer der Kölner in Freiburg durch Modeste (34.) einleitete. Und auch der gebürtige Münchner profitiert von der Arbeit des neuen Übungsleiters. Eine Flanke nach der anderen schlug der erneut bärenstarke Rechtsverteidiger mit Vorwärtsdrang in den Freiburger Strafraum, er suchte wie seine Mitspieler Abnehmer. Und da sich Baumgart gewiss nicht scheut, seine Spielidee mit erhöhtem Risiko zu versehen, standen da eben in Modeste und Sebastian Andersson zwei Stürmer, die den Strafraum nicht wie ein vermintes Gelände meiden. Eine recht simple, gleichwohl bislang sehr effektive Herangehensweise, die zu sieben Treffern (von bisher acht) führte, die über die Außenpositionen eingeleitet wurden. „Bei Toni wissen wir, wenn wir ihn in die Abschlusshandlung kriegen, dann hat er die Qualität“, sagte Baumgart.

Der Fortschritt, der unter Baumgart beim FC eingekehrt ist, war auch im Breisgau zu beobachten. Auch wenn es letztlich nicht zum Sieg reichte. Zwei Ursachen waren dafür ausschlaggebend. Einerseits die überflüssige Gelb-Rote Karte für Florian Kainz (74.), der sich zu einem Gerangel mit Kevin Schade hinreißen ließ, andererseits das unglückliche Eigentor von Rafael Czichos eine Minute vor Schluss. Dazu sagte Baumgart, es gebe keinen Grund, Rafa aufzubauen. „Er hat ein gutes Spiel gemacht.“

Timo Horn unzufrieden mit Remis

Darüber, wie das Narrativ des Remis auszufallen hat, war man sich im Kölner Lager nicht einig. Ein gewonnener Punkt oder zwei verlorene Punkte? Während einige Spieler wie der überzeugende Abwehrexperte Jorge Meré das Ergebnis akzeptierten („Punkt ist Punkt“), gab es andere, die weniger glücklich darüber schienen. „Ich bin persönlich nicht zufrieden, weil wir es uns anders gewünscht hatten“, sagte etwa Torhüter Timo Horn, der den Platzverweis als Schlüsselfaktor betrachtete. „Es war schon schwer, gegen diese Freiburger mit elf Mann zu verteidigen. In Unterzahl wurde es in diesem Kessel hier dann aber richtig schwierig.“

Tatsächlich aber ist das 1:1, bei dem Köln vor dem Wechsel dominierte und Freiburg hernach, auch vom Resultat her eine Weiterentwicklung gegenüber der vergangenen Saison. Damals hatten die Kölner nicht nur zwei Niederlagen, sondern auch neun Gegentreffer gegen den SCF hinnehmen müssen. Eine Entwicklung, die Steffen Baumgart mit vielen kleinen, aber richtigen Entscheidungen bei einer nur punktuell veränderten Mannschaft einleitete.

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