Chancen gegen Freiburg nicht genutzt FC-Trainer Baumgart beklagt mangelnden Ertrag seines Teams

Köln · Es ist das alte Leid beim 1. FC Köln: Die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart kann sich für eine gute Leistung nicht belohnen und verliert gegen Freiburg. Der Klassenerhalt ist noch nicht gesichert. Auch weil der FC zu viele Chancen liegen lässt.

Jubeln dürfen nur die anderen: FC-Kapitän Jonas Hector (vorn) und die Freiburger nach ihrem Siegtreffer.

Jubeln dürfen nur die anderen: FC-Kapitän Jonas Hector (vorn) und die Freiburger nach ihrem Siegtreffer.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Fremde Dialekte, wie aus Sicht des Rheinländers das Schwäbische oder gar das Sächsische, sind nicht jedermanns Sache. Zumindest gewöhnungsbedürftig sind sie, und so ließ sich der gebürtige Wernigeroder Nils Petersen, von Berufs wegen Stürmer des SC Freiburg, mal zu der scherzhaften Bemerkung hinreißen, Alemannisch sei „nicht die erotischste Sprache“ – was, das darf man annehmen, als leichter Seitenhieb auf Christian Streich zu verstehen ist. Jenen Trainer, unter dem Petersen seit Jahren im Breisgau Fußball spielt und der seit noch mehr Jahren beim Sport-Club die Profis anleitet (seit mehr als elf) und inzwischen zu beachtlichem Erfolg geführt hat. In der Liga liegt seine Mannschaft auf Champions-League-Kurs, im DFB Pokal hat sie durch einen 2:1-Coup beim FC Bayern das Halbfinale gegen RB Leipzig am Dienstag erreicht. „Ich hab scho g‘jubelt, ich hab nur nit d‘ Händ hochg‘risse“, lautete seine Reaktion in München darauf. Ein klassischer Streich.

Landauf, landab wird Streich der Gattung der Käuze zugerechnet, ein Teil dazu trägt wahrscheinlich sein Duktus bei. Der in Weil am Rhein, oder wie er selbst sagen würde: Wiil am Rhii, geborene Fußball-Fachmann spricht unverfälschtes Hochalemannisch, ein von kehligen ch-Lauten durchzogener Singsang, der den im Landkreis Lörrach aufgewachsenen Streich badisch-symbadisch erscheinen lässt. Und so verstellte er sich auch nicht, als er am frühen Samstagabend auf der Pressekonferenz nach dem Spiel beim 1. FC Köln technische Probleme offenbarte. Das Mikro funktionierte zunächst nicht wie gewünscht, und Streich fragte in seiner typischen Mundart und unbekümmert mit Blick auf den Power-Knopf, ob er da jetzt draufdrücken müsse. Als er schließlich draufgedrückt hatte, verteilte er erstmal ein Kompliment, nicht zuvorderst an seine eigene Mannschaft, die mit dem 1:0-Sieg beim 1. FC Köln den Traum von der Champions-League-Berechtigung deutlich realer werden ließ. Sondern an den unterlegenen Gegner. Köln sei bärenstark gewesen, „vor allem in den letzten 30 Minuten. Wir konnten uns nicht befreien, Mark Flekken hat überragend gehalten“, sagte er und sprach dann aus, was die Beobachter der intensiven Auseinandersetzung in Müngersdorf ebenso empfunden haben mussten: „Heute hat sicherlich nicht die bessere Mannschaft gewonnen, sondern die glücklichere. Hut ab vor Steffen (Baumgart, d. Red.) und der Mannschaft, sie hatten mehr Chancen als wir.”

Kölner Fans muntern Mannschaft auf

Tatsächlich hatten die Kölner erneut einen hohen Aufwand betrieben, um sich dem vorzeitigen Klassenerhalt mit einem Sieg deutlich zu nähern. Sie hatten sich mehr Torschüsse gegen das Spitzenteam erarbeitet (19 zu 13), waren mehr gelaufen (118 Kilometer zu 115), hatten weitaus häufiger geflankt (31 zu 12). Allein, beim Toreschießen stand das Mehr auf Seiten der Freiburger (1 zu 0). Die Baumgart-Elf war erneut nicht in der Lage, am Ende eines sehr guten Vortrags den Applaus des Siegers zu genießen. Obschon, warmen Applaus der Fans und Aufmunterungsgesänge gab es dann doch nach einem, so Baumgart, „richtig geilen Bundesligaspiel“ für die Mannschaft um ihren Kapitän Jonas Hector, der sich in den Katakomben des Kölner Stadions noch lange mit seinem früheren Nationalmannschaftskollegen Matthias Ginter austauschte, erschöpft wirkte er, aber nicht völlig niedergeschlagen. „So ist es oft im Fußball, eine Aktion kann das Spiel entscheiden. Erstmal überwiegt die Enttäuschung. Wir wollten das Spiel unbedingt ziehen, haben auch nach dem Rückstand weitergepowert“, sagte Hector, dem auf seiner Abschiedstournee noch vier Ligaspiele bleiben, ehe der Vorhang fällt – und daher. „Wenn wir die letzten Spiele gewinnen würden, wäre es natürlich einfacher für mich.”

Eine Aktion, und die hatten die Kölner eigentlich kommen sehen. Eine Standardsituation, auf die sie sich per Videoanalyse vorbereitet hatten. Ecke, Kopfballverlängerung, Tor. Ritsu Doan lenkte den Ball in den Kölner Kasten (54.). Baumgart schritt zur Verteidigung der FC-Verteidigung, betonte, dass er solch eine Variante noch nicht gesehen habe, eine „Kopfballverlängerung auf den zweiten Pfosten vom 16er aus. Wir wissen, dass wir den ersten Ball verteidigen müssen, aber am Strafraum fällt das schwer“.

Selke: Die bessere Mannschaft hat verloren

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Schwerfallen dürfte auch der Blick auf den Ertrag der Kölner, die trotz überwiegend ansprechender Leistungen noch nicht aller Abstiegssorgen entledigt sind. „Wir haben in dem einen oder anderen Spiel in dieser Saison Punkte liegen lassen“, befand der Trainer. „Es ist ärgerlich, wenn du auf Strecke so viel liegen lässt.“ Erfreulich sei es dennoch zu sehen, „dass wir wieder auf unserem Weg sind“.

Die beste FC Chance vergab Mittelfeldabräumer Eric Martel, der mit einem Kopfball aus Nahdistanz am ausgezeichneten Torhüter Flekken scheiterte. Selbstredend, gefreut hätte sich Davie Selke, „wenn Eric den reingeschädelt hätte – ich weiß gar nicht, ob er den mit dem Kopf oder seiner Beule getroffen hat“, sagte der Stürmer über seinen Kollegen, der nach einem Zusammenprall mit Vincenzo Grifo ebenso wie der Freiburger in der ersten Hälfte behandelt werden musste. „Meiner Meinung nach hat die bessere Mannschaft verloren und die effektivere gewonnen“, äußerte Selke dann noch, „die erste Halbzeit war bockstark von uns, wir haben überragend gespielt gegen diese Mannschaft. Chapeau!“

Das mit dem Hut ziehen vor den Kölnern hatte ja auch Streich vortrefflich vorgeführt. Und schließlich wurde auch Baumgart am Ende der Pressekonferenz etwas kauzig. Bezogen auf das Freiburger Halbfinal-Duell mit Leipzig am Dienstag fragte der Übungsleiter sein Pendant schelmisch: „Ihr kriegt das hin in dieser kurzen Vorbereitungszeit?“ Das war natürlich als Seitenhieb zu verstehen auf den nächsten Gegner Bayer Leverkusen, der wegen seines Europacup-Halbfinales gegen AS Rom das Liga-Duell mit dem FC um zwei Tage auf den kommenden Freitag vorverlegt hatte lassen (siehe Artikel rechts). Diese Frage entsprach ganz dem Humor Streichs. Er musste lachen.

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