1. FC Köln Kevin Pezzoni löst nach Fananfeindungen seinen Vertrag auf

KÖLN · Es ist eine neue Dimension der Gewalt im deutschen Fußball. Schon im März hatten vermummte Anhänger des Fußball-Viertligisten FC Magdeburg den Spieler Daniel Bauer vor dessen Haustür aufgelauert, beleidigt und mit Gewalt gedroht. Gleiches passierte vor einigen Tagen nun Kevin Pezzoni, seit Jahresbeginn 2008 Profi des derzeitigen Zweitligisten 1. FC Köln.

Ein ungeheuerlicher Vorgang, der zur Konsequenz hatte, dass der 23-Jährige seinen Vertrag bei den Geißböcken am Freitag mit sofortiger Wirkung auflöste und im wahrsten Sinne des Wortes in seine Geburtsstadt Frankfurt am Main flüchtete.

Was war geschehen? Bereits im Februar dieses Jahres hatte ein Mann Pezzoni bei einer Karnevalsfeier mit einem Schlag ins Gesicht die Nase gebrochen. Damals sollen indes private Gründe für diese Tat verantwortlich gewesen sein. Doch nun waren wohl die nicht zufriedenstellenden Auftritte des Innenverteidigers in den vergangenen Begegnungen der Auslöser.

So lauerten in der vergangenen Woche einige Krawallmacher Pezzoni am Abend vor dessen Wohnung in Hürth auf, beleidigten ihn und seine Freundin und drohten ihm mit einem hinter den Scheibenwischer an die Frontscheibe seines Autos gesteckten Zettel mit körperlicher Gewalt. Zudem erklärten sich einige hundert Chaoten auf einer eigens dafür eingerichteten Facebook-Seite öffentlich dazu bereit, während des Trainings Pezzoni zu beschimpfen und seinen Rauswurf zu fordern.

Ihr Ziel haben sie erreicht. Pezzoni wird nicht mehr für den FC spielen. Trainer Holger Stanislawski war entsetzt, als er von den Bedrohungen erfuhr und stimmte der sofortigen Vertragsauflösung ohne zu Zögern zu. "Wir haben die beste Lösung für Kevin gesucht. Das war der Abschied.

[kein Linktext vorhanden]Dabei ging es nicht um finanzielle Dinge. Da muss man Menschlichkeit zeigen. Kevin liebt diesen Sport. Ich hoffe, dass er unbeschwert wieder Fußball spielen kann", wünschte der Kölner Chefausbilder dem Spieler, der für den FC 99 Pflichtspiele absolvierte, für die Zukunft alles Gute. Am Samstagabend meldeten sich die FC-Profis in einem offenen Brief zu Wort. "Wir erwarten, dass Berufliches und Privates getrennt bleiben.

Wenn einem Spieler vor der Haustür aufgelauert wird, wenn Lebenspartner beleidigt und hässliche Nachrichten geschrieben werden, dann ist eine Grenze überschritten. Das werden wir nicht akzeptieren", hieß es in der Botschaft an die Fans. Klar ist aber, und dies machten die Spieler deutlich, dass es sich bei den Chaoten nur um einen ganz kleinen Teil der großen Anhängerschar handelt.

Das Präsidium um den Vorsitzenden Werner Spinner bekräftigte derweil, alles dafür tun zu wollen, die Polizei bei der Suche nach den Tätern zu unterstützen. Spinner erklärte zudem: "Vorfälle, wie wir sie jetzt leider im Umfeld des Fußballs diskutieren, sind das Werk einiger weniger Störer und Chaoten, die mit ihrem Verhalten den gesamten Verein und seine Fans in Verruf bringen. Das werden wird nicht dulden und derartige Täter - wie schon in der Vergangenheit - konsequent aussperren."

Liga-Präsident Reinhard Rauball sieht den deutschen Profi-Fußball mit einer "neuen Stufe der Eskalation" konfrontiert. "Das ist unter keinen Umständen akzeptabel. Jetzt muss endgültig für jedermann klar sein, dass es ab einem bestimmten Punkt keinerlei Toleranz mehr geben kann. Und das ist, sobald Gewalt in welcher Form auch immer im Spiel ist", sagte Rauball der "Welt am Sonntag".

Zahlreiche Fans haben sich in den verschiedenen Internetforen bereits zu Wort gemeldet, die Hetzkampagne gegen Pezzoni in aller Deutlichkeit verurteilt und zu einem stärkeren Miteinander zwischen den Anhängern des Vereins und den Spielern aufgerufen.

Derweil teilte Pezzoni auf seiner Facebook-Seite sowie auf seiner Homepage mit: "Es freut mich zu lesen, wie viel Verständnis uns für unsere Entscheidung entgegengebracht wird und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt und Co. haben. Ich freue mich auf eine neue sportliche Herausforderung."

Kölner Hooligan-Problem:

Der Fall Kevin Pezzoni erschüttert den 1. FC Köln aufs Neue. In den vergangenen Monaten hatte der Fußballverein immer wieder Probleme mit Chaoten und Gewalttätern. Hier einige der Vorfälle:

  • 25. April 2011: Nach einem 1:4 in Wolfsburg empfängt eine Drohbotschaft die Spieler des 1. FC Köln auf dem Trainingsplatz. Der Verein stellt Strafanzeige.
  • 5. März 2012: Rowdies aus dem Umfeld der Kölner Ultragruppe "Wilde Horde" greifen einen Bus mit Fans von Borussia Mönchengladbach an. Der Verein entzieht der Ultragruppe den Status eines offiziellen Fanclubs.
  • 21. April 2012: Hooligans überfallen in Köln den Leverkusener Profi Michal Kadlec und brechen ihm das Nasenbein.
  • 5. Mai 2012: Auf den Rängen des Kölner Stadions zünden Kölner Anhänger Rauchbomben, nachdem der Abstieg des Clubs aus der Bundesliga besiegelt ist. Die Teams flüchten in die Kabinen, Fans stürmen den Platz. Das DFB-Urteil: Die Kölner müssen das erste Heimspiel der neuen Zweitliga-Saison vor halbleeren Rängen austragen.
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