FC-Analyse Der FC gewinnt mit All-In-Fußball gegen Dortmund

Köln · Das erneut beachtliche Zusammenspiel des 1. FC Köln hat die individuelle Klasse Borussia Dortmunds beim 3:2-Sieg der Kölner übertroffen. Dabei gelang es der Mannschaft wieder einmal, einen Rückstand aufzuholen.

Trotz des Rückstands zur Halbzeitpause gelang dem FC der 3:2 Sieg über die Dortmunder.

Trotz des Rückstands zur Halbzeitpause gelang dem FC der 3:2 Sieg über die Dortmunder.

Foto: dpa/Marius Becker

FC-Trainer Steffen Baumgart betont vor nahezu jedem Spiel, dass seine Mannschaft ihrem Spielstil treu bleiben wird. Egal, ob in den vergangenen Wochen gegen den Tabellenersten Union Berlin, den Tabellenletzten aus Bochum oder eben nun vor dem achten Spieltag gegen den Vizemeister der Vorsaison Borussia Dortmund. „Wir wollen nach vorne spielen und vorne attackieren. Ich finde den Fußball, den wir spielen, gut. Deswegen werden wir bei unserer Spielweise bleiben“, sagte der Trainer auf der Pressekonferenz vor dem Heimspiel am Donnerstag. Auf der zeitgleich stattfindenden Pressekonferenz knapp 100 Kilometer weiter nördlich von Köln gelegen bezeichnete Edin Terzic, der Dortmunder Trainer, den Spielstil des FC als „All-In-Fußball“. Während Baumgart vor dem Aufeinandertreffen beider Mannschaften noch nicht viel mit dem Begriff anfangen konnte und sich dem Pokerspiel abwendete, dürfte jeder Zuschauer nach der Partie nun eine Vorstellung davon haben, was der BVB-Coach gemeint haben könnte.

Kölner Kollektiv überwiegt gegen den BVB

Mit gleichem Spielstil, aber neuer Startaufstellung, begann der FC die Partie. Anstelle von Youngster Florian Dietz begann Steffen Tigges gegen seinen Ex-Verein im Sturm. Auch Jan Thielmann galt es durch Linton Maina zu ersetzen, weil sich der 20-Jährige kurzfristig krankgemeldet hatte. Mit dem freien Kaderplatz rückte der kürzlich genesene Mark Uth doch noch auf die Ersatzbank. Seinen Einsatz brauchte es am Samstagnachmittag jedoch noch nicht. Die Kölner begannen in ihrem 4-1-3-2-System, wie von Baumgart angekündigt, mutig im Offensivspiel. Die ersten Torchancen gehörten Linksaußen Florian Kainz, der aktuell in seiner Topform wieder einmal eine starke Partie absolvierte, genauso wie dem 24-jährigen Tigges. Beiden fehlte es jedoch zu Beginn noch an der nötigen Genauigkeit im Torabschluss. Nach der Anfangsviertelstunde fanden dann auch die Gäste zunehmend in ihr Spiel. Zeitweise bekamen die 50 000 Zuschauer im Rheinenergie-Stadion einen offenen Schlagabtausch zu sehen. Mit Donyell Malen deutete der BVB nach und nach seine Qualität über die linke Außenbahn an. Der 23-Jährige tauchte mit seiner enormen Geschwindigkeit gleich mehrmals vor FC-Keeper Marvin Schwäbe auf. Zweimal rettete der 27-Jährige in letzter Not, bevor Julian Brandt die nächste Chance, diesmal über Jude Bellingham auf der rechten Seite, zur 1:0-Führung ausnutzte.

Zum sechsten Mal in der angelaufenen Saison liefen die Kölner einem Rückstand hinterher. Abgesehen von der Partie gegen Union Berlin am sechsten Spieltag fand die Mannschaft bisher wieder in ihr Spiel zurück. So auch gegen Dortmund. Schwäbe parierte noch einmal stark gegen Malen, bevor Trainer Baumgart in der Kabine zur Halbzeit offensichtlich genau die richtigen Worte an sein Team richtete. Wie schon in Hälfte eins gehörten den Kölnern die ersten Chancen nach Wiederanpfiff. Während Dortmund die ersten Minuten verschlief, machte erst Kainz (53.) und nur drei Minuten später Tigges die vergebenen Chancen der ersten Hälfte wieder gut. Außer Ondrej Duda, der wieder einmal Schwierigkeiten hatte, sich in das Spiel einzubinden, zeigte nahezu die gesamte Mannschaft eine stabile Leistung. Allen voran auch Kapitän Jonas Hector, der zwar nicht die besten statistischen Werte erzielte, aber seinen Mitspielern mit Einsatzwillen und Leidenschaft als Vorbild diente. „Wir hatten Mentalität, Laufbereitschaft und Chancen. Alle Spieler funktionieren nur in diesem Kollektiv so gut. Alle bringen ihre Qualität auf den Platz und sind für den anderen da“, so Baumgart nach dem Spiel.

FC nutzt Dortmunder Schwächen

Die sonst so starke Dortmunder Defensive, die gewöhnlich nur wenige Torchancen zulässt, ließ die Kölner noch ein drittes Mal zuschlagen. Die eingewechselten Profis Sargis Adamyan und Florian Dietz im Sturm sowie Denis Huseinbasic und Kingsley Schinder im Mittelfeld machten genauso weiter, wie ihre Teamkollegen aufgehört hatten. Der 21-jährige Huseinbasic, dem vor der Saison zunächst nur wenig bis gar keine Spielzeit prophezeit wurde, bereitete nur gut eine Minute nach seiner Einwechslung in der 70. Minute den dritten Treffer von Dejan Ljubicic vor. Der 24-Jährige lief mit 12,62 Kilometern die weiteste Strecke über den Platz, war mit 33,20 Kilometern pro Stunde der schnellste Kölner und brachte knapp 86 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler. Mit einem Traumtor aus 16 Metern belohnte er sich für seine überragende Leistung. Die sonst so stabile Defensive der Dortmunder rund um Abwehrchef Niklas Süle zeigte mehrfach Lücken, die der FC effektiv nutzte.

Der Ausbau der Führung stellte sich dann noch als Sicherstellung zum Sieg heraus, als FC-Rechtsverteidiger Benno Schmitz den Ball von BVB-Profi Tom Rothe unglücklich ins eigene Tor abfälschte (78.). Somit konnte dem FC auch das dritte Eigentor (!) in acht Bundesligaspielen nichts mehr anhaben. Indem die Kölner neben den Abwehrfähigkeiten von Schlussmann Schwäbe und der stabilen Leistung von Innenverteidiger Luca Kilian (Zweikampfquote: 66,67 %, Passquote 85 %) auch bei der ein oder anderen gegnerischen Chance das Glück auf ihrer Seite hatten, überwog das Kölner Kollektiv letztlich der individuellen Qualität der Dortmunder Mannschaft. Der von Terzic prophezeite All-In-Fußball der Kölner wurde den Westfalen zum Verhängnis. Indem der FC alles in das Spiel reinwarf und das Risiko mit in das Pokerduell nahm, blieb auch die vermeintlich niedrigere individuelle Klasse der Kölner Profis ungestraft.

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