„Ich bringe Robustheit und Aggressivität mit“ Passt Julian Chabot in das Spielsystem des 1. FC Köln?
Köln · Mit der Verpflichtung von Julian Chabot hat der 1. FC Köln auf den Weggang seiner Innenverteidiger Rafael Czichos und Jorge Meré reagiert. Der Linksfuß gilt als zweikampfstarker Spieler, ist aber nicht der schnellste. Passt der 23-Jährige in Baumgarts Spielsystem?
Als die Profis des 1. FC Köln am Dienstagmittag Bälle und sonstige Trainingsgeräte Richtung Geißbockheim brachten, bat FC-Trainer Steffen Baumgart seinen Neuzugang zum Einzelgespräch. Gestenreich erklärte der Kölner Trainer Julian Chabot einzelne Spielabläufe und Situationen. Kein Wunder. Noch vor wenigen Wochen hatte der Kölner Trainer betont, wie schwer es für einen Innenverteidiger sei, sich schnell in seinem Spielsystem zu recht zu finden. Das könne Wochen dauern.
Doch durch den kompletten Weggang der altbewährten Innenverteidigung (Sebastiaan Bornauw im Sommer, Rafael Czichos und Jorge Meré diesen Winter), war ein schneller Transfer eben auf jener Position doch unumgänglich geworden. Jetzt heißt es für Trainer und Chabot, aber auch für den zweiten Neuzugang Bright Arrey-Mbi, keine Zeit zu verlieren. „Klar geht das nicht alles von heute auf morgen. Man tastet sich langsam an Dinge heran“, sagt Chabot in Bezug auf die neuen Spielabläufe. „Ich bekomme jedenfalls keinen Druck, dass ich alles direkt perfektionieren muss. Ich hoffe, dass ich von Tag zu Tag besser rein komme.“
Zunächst Hübers und Kilian gesetzt
Dennoch ein weiter Weg: Bei Samdoria Genua lag das Augenmerk noch auf der Defensive. „In Italien gilt einfach immer als erstes, dass die Null stehen muss. Das ist ein anderer Fußball als in der Bundesliga“, sagt der 23-Jährige, der sich aber durchaus mit dem Baumgartschen System schon auseinander gesetzt hat. „Als ich erfahren habe, dass Interesse besteht, habe ich mir die Spielweise intensiver angeschaut. Das Spiel ist sehr aggressiv. Das macht mein Spiel auch aus.“ Das ist deutlich erkennbar. Chabot gibt im Trainingsspiel deutliche Anweisungen, dirigiert, delegiert. Und ist sich nicht zu schade, die Grätsche auszupacken. Mit blutigen Knien geht er über den Platz, sucht die Zweikämpfe. „Ich bringe Robustheit mit ins Spiel. Aber auch die nötige Aggressivität und inzwischen auch das Taktische“, sagt Chabot. „Mit meiner Kommunikation kann ich dem Team auch helfen.“
Doch dazu muss Chabot auch zum Spielen kommen. Timo Hübers und Luca Kilian haben sich im Januar als Team fest eingespielt. Vor allem Hübers hinterließ einen starken Eindruck. Die beiden neuen Innenverteidiger Chabot und Arrey-Mbi werden erst einmal hinten anstehen. „Die beiden haben es bisher sehr gut gemacht“, sagt der Hüne. „Ich bin aber nun hier, um der Mannschaft auch zu helfen.“ Die Frage ist nur wie schnell. Während der gebürtige Hesse bei seinen ersten Stationen in der niederländischen Eredivisie direkt zum Stammpersonal gehörte, tat er sich nach seinem Wechsel 2019 zu Sampdoria Genua zunächst schwer. Nur acht Mal stand der Innenverteidiger in der ersten Saison in der Serie A auf dem Platz. 2020 wurde er an Spezia Calcio verliehen und avancierte umgehend wieder zum Stammspieler. Das will er auch in Köln erreichen, der Wechsel in die Bundesliga war für den Defensivmann nur eine Frage der Zeit. „Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Da war es schon ein Traum, in der Bundesliga aufzulaufen“, sagt Chabot. Seine in Frankfurt lebende Familie habe er vermisst, das sei jetzt deutlich einfacher. Dafür muss er in naher Zukunft auf Dinge verzichten, die er an Genua mochte: „Das schöne Wetter und das gute Essen.“
Passt Chabot in das Spielsystem?
Seine ersten Trainingseinheiten in Deutschland lassen ihn schon mal an ein anderes Wetter gewöhnen. Am Dienstag ist es nass und kalt rund um das Geißbockheim. Rau ist aber vor allem der Ton des Trainers. Baumgart greift immer wieder in die Spielform ein. „Spielt den verdammten Ball einfach nach vorn“, raunzt er sein Team ungewohnt harsch an. „Das habe ich so vorher auch noch nicht erlebt“, sagt Chabot. „Aber mir, und ich glaube auch einigen anderen Spielern, hilft das weiter. Es ist ja auf eine positive Art. Das nimmt man als Spieler gerne an. “
Genauso wie die Worte des Coaches nach dem Training. Chabot ist bewusst, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt. „Es gibt keine Sache, die bei mir perfekt ist. Ich bin noch jung und denke, dass man sich in jeder Sache noch weiterentwickeln kann, sagt er, Ein großes Manko dürfte vor allem das Tempo sein. Chabot gehört ganz sicher nicht zu den schnellsten Spielern der Liga. Und gerade schnelle Innenverteidiger sind für das baumgartsche Spielsystem entscheidend. Das führte vor zehn Tagen der VfL Bochum dem FC deutlich vor Augen. Die gesamte Hintermannschaft bekam von Gerrit Holtmann und Co. meist nur die Rücklichter zu sehen. Vor allem, weil Baumgart von seinem Team das hohe Anlaufen erwartet, die Abwehrreihen stehen damit auch sehr hoch und sind bei schnellen Kontern durchaus anfällig. Doch auch darüber wird Baumgart mit Chabot in sicherlich sprechen.