Neuer Trainer setzt auf Offensive Steffen Baumgart will beim 1. FC Köln den Zünder ziehen

Bonn · Der neue Trainer Steffen Baumgart will mit seinem offensiven Spielstil auch die Fans des 1. FC Köln mitreißen. Stürmer Anthony Modeste soll dabei ein wichtiger Faktor werden.

 So jubeln möchte der neue FC-Coach Steffen Baumgart seinen Stürmer Anthony Modeste gerne häufig sehen.

So jubeln möchte der neue FC-Coach Steffen Baumgart seinen Stürmer Anthony Modeste gerne häufig sehen.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Dass er sich am Freitagmorgen auf seiner Fahrt zum Geißbockheim noch einmal flugs die Moderationskarten zur Hand nahm, ist sehr unwahrscheinlich. Es ist nicht einmal wahrscheinlich, dass er überhaupt welche nutzt, um sich all die Namen einzuprägen, mit denen er es am Montag beim Auftakttraining des 1. FC Köln zu tun bekommt. Es soll ja schon Trainer auf Schalke gegeben haben, die mit dem Zusammenbringen von Personen und deren richtigen Namen so ihre Schwierigkeiten hatten. Doch Christian Gross ist kein Vorwurf zu machen in dieser Angelegenheit, denn der Kurzeit-Coach der Knappen ist erstens nicht mehr der Allerjüngste und hatte zweitens auch keine große Vorbereitungszeit auf Schalke.

Die Situation bei Steffen Baumgart gestaltet sich da schon etwas angenehmer. Bereits seit Wochen ist bekannt, dass der 49-Jährige die Kölner als Nachfolger von Friedhelm Funkel in die Bundesliga begleiten wird. Gestern versammelte sich seine neue Mannschaft schon einmal im Grüngürtel. Für die Spieler, die noch nicht vollständig geimpft sind, standen die obligatorischen Corona-Tests auf der To-do-List, für alle später Athletik- und Funktionstests sowie diverse Arztgänge.

Baumgart kann sich momentan aus einem Fundus bedienen, der fast 40 Spieler umfasst, wenn es am Montag erstmals in der Vorbereitung auf den Rasen geht. Ein Aufgebot vergleichbar mit einem Football-Team (obschon dort auch nur elf Spieler auf dem Platz stehen). Vielleicht sollte der Rostocker doch mal auf Gedächtnisstützen in Karteikartenform zurückgreifen. „Wir haben einen großen Kader“, sagt Baumgart, „aber wir werden bestimmt nicht mit 39 Spielern in die neue Saison gehen.“ Es wird also Bewegung geben in den kommenden Woche, ein Kommen und Gehen bahnt sich an. Mit allen Spielern auf dem kleinen Platz am Geißbockheim zu arbeiten, werde nicht einfach, äußert Baumgart Bedenken. Eine Möglichkeit wäre, auf Trainingsplatz 6 oder 7 auszuweichen, die „ein bisschen größer und weiträumiger sind. Vielleicht werden wir die Gruppe auch teilen oder in Stationen arbeiten. Das wären dann doch footballartige Bedingungen.

Am Montag werden alle Spieler erwartet, die im großen FC-Casting eine Rolle bekommen oder darauf hoffen dürfen. Mit auf einem der möglicherweise mehreren Plätzen werden auch die von einem Leihgeschäft Zurückgekehrten sein: Vincent Koziello, Niklas Hauptmann oder Marcel Risse. Auch die vier Neuzugänge Mark Uth, Dejan Ljubicic, Timo Hübers und Torwart Marvin Schwäbe werden sich vorstellen. Noch Sonderurlaub nach ihren Einsätzen für ihr Land haben Ondrej Duda, Ellyes Skhiri und Louis Schaub.

Baumgart schätzt den bedingungslosen, geradlinigen Angriffsfußball

Doch ganz gleich, wer nach dem großen Sieben den FC in die kommende Saison begleiten wird, der Trainer hat seine Spielauffassung schon recht deutlich kundgetan. Ganz seinem Naturell entsprechend geht Baumgart in die Offensive. Er schätzt den bedingungslosen, geradlinigen Angriffsfußball, stürmte einst, wenn man so will, mit dem SC Paderborn von der 3. Liga in die Bundesliga. In einer Saison brachten es die Ostwestfalen auf 90 Tore. Natürlich spiele er auch gerne zu null, hinten, vorn aber sollte die nicht stehen. „Wenn man die Stimmung in diesem Stadion sieht: Wir wollen versuchen, hier Tore zu schießen – auch auf die Gefahr hin, dass es hinten mal eins mehr gibt.“ Paderborn dient da als Blaupause. Und mit dieser Art Fußball zu spielen sollen auch die Fans mitgerissen werden. Brot (also Tore) und Spiele für das Volk in der Müngersdorfer Arena.

Er geht in die Vollen. Sein System birgt natürlich auch ein gewisses Risiko. Nicht selten lässt er darin zwei Stürmer von der Leine. Ob das mit der Qualität im Kölner Kader umzusetzen ist, erscheint erstmal fraglich. Denn die beiden Stürmer, die für die Umsetzung der Spielidee vorgesehen sind, befinden sich gelinde gesagt in einer schwierigen Findungsphase: Sebastian Andersson und Anthony Modeste. Der Franzose läuft seit Langem, auch aus Verletzungsgründen, seiner einstigen Top-Form beim FC hinterher. Ob bei dem Schweden, Garant für den Klassenerhalt im Relegationsspiel gegen Kiel, eine spezielle Therapie im Sommer für sein geschundenes Knie anschlägt, ist nicht abschließend geklärt. Ihm droht sogar die Sportinvalidität.

Während er bei Andersson keine Prognose abgeben kann, ist Baumgart bei Modeste sehr zuversichtlich, dass der seinen Turbolader rasch wieder in Gang bekommen kann. Er plane mit ihm. Aber: „Es liegt an ihm, aber auch an mir, den Zünder zu ziehen.“

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