Taktik-Analyse Das erwartet den 1. FC Köln im Spiel gegen Leverkusen

Analyse | Köln · Sowohl der 1. FC Köln als auch Bayer Leverkusen haben am vergangenen Spieltag heftige Niederlage kassiert. Nun treffen beide Teams im Derby aufeinander. Es könnte ein launischer Fußball-Nachmittag werden.

 Dejan Ljubicic könnte gegen Bayer Leverkusener als alleiniger Sechser beim 1. FC Köln auflaufen.

Dejan Ljubicic könnte gegen Bayer Leverkusener als alleiniger Sechser beim 1. FC Köln auflaufen.

Foto: dpa/Marius Becker

Das rheinische Derby könnte in dieser Spielzeit eines der nachhaltigsten Lokal-Duelle seit Langem werden. Denn beide Mannschaften halten seit Beginn der Saison an ihren Grundformationen fest. Bayer 04 Leverkusen betrat das Spielfeld bisher immer im 4-2-3-1-System, der 1. FC Köln im 4-1-3-2. Was langweilig klingt, könnte am kommenden Sonntag zu einem launischen Fußballspiel werden.

„Wir wollen zu Hause erfolgreich bleiben und unseren Fußball spielen“, erklärte FC-Trainer Steffen Baumgart vor der mit Spannung erwarteten Partie. Die Klatsche gegen Hoffenheim ist aufgearbeitet. Nun wollen die im eigenen Stadion noch unbesiegten Geißböcke gegen den Nachbarn aus Leverkusen wieder in die Spur finden.

Kölns Außenverteidiger könnten dabei zum großen Trumpf werden. 49 Pässe ins Angriffsdrittel sind vor dem achten Spieltag ligaweit die zweitmeisten, dazu kommen drei Torvorlagen: Rechtsverteidiger Benno Schmitz kurbelt das Kölner Offensivspiel an. Auf der Gegenseite steuerte Jonas Hector schon drei Vorlagen zum Kölner Erfolg bei. Damit haben die beiden FC-Außenverteidiger fast die Hälfte aller Tore vorbereitet. 

Am kommenden Wochenende wird das Duo aller Wahrscheinlichkeit nach in der Startelf stehen. Und dann könnten der wiedergenesene Kapitän Hector und Schmitz die Werkself vor Herausforderungen stellen. Denn das Leverkusener System hat Schwachstellen in der Verteidigung des gegnerischen Flügelspiels.

Leverkusen zählt zu den laufschwächsten Teams der Liga

Leverkusens gesamte Mannschaft muss im 4-2-3-1 weite Wege gehen, um die Gegenspieler auf den Außen zu doppeln. Dies spielt den hochstehenden Kölnern in die Karten: Gelingt es den Geißböcken am Sonntag, das Spiel schnell zu verlagern und damit Hector und Schmitz das Eins-gegen-Eins gegen Leverkusens Außenverteidiger zu ermöglichen, könnten sich daraus immer wieder gefährliche Flanken-Situationen ergeben.

Dafür spricht, dass Bayer zu den laufschwächsten Teams der Liga gehört. Die Leverkusener laufen im Schnitt 110,4 Kilometer pro Partie – nur Wolfsburg und Bochum spulen weniger ab. Die FC-Spieler laufen deutlich mehr (116,8 km). Da passt es ins Bild, dass Leverkusen das Spiel immer wieder durch taktische Fouls unterbricht. Vor dem neunten Spieltag sah nur der VfL Wolfsburg (20) mehr Karten als Leverkusen (19).

Gerade Bayers linke Abwehrseite war bislang die große Schwachstelle. Bereits vier Gegentreffer fielen über die Seite von Linksverteidiger Mitchel Bakker. Nur fünf Bundesliga-Teams waren in dieser Zone bisher anfälliger. Damit könnte das Duell zwischen Bakker und Kölns Schmitz zu einem der Schlüsselduelle des Derbys werden. 

Doch was auf der einen Seite Kölns Stärke ist, ist auf der anderen eine Schwäche. Denn Kölns offensivstarke rechte Seite zeigte sich bei gegnerischem Ballbesitz in den zurückliegenden Spielen anfällig in der Defensive. Im Spiel gegen Hoffenheim fiel das 0:5 durch Stefan Posch zuletzt über rechts. Gut möglich also, dass Leverkusens pfeilschneller Moussa Diaby (bislang vier Saisontore) das starke Konterspiel der Gäste über Kölns rechte Seite aufnehmen wird. „Da müssen wir die Geschwindigkeit von Leverkusen im Auge behalten“, warnte Baumgart.

Dejan Ljubicic könnte als Skhiri-Ersatz erste Wahl sein

Ohnehin könnte das Leverkusener Umschaltspiel für den FC gefährlich werden. Nur Dortmund (5) erzielte mehr Kontertore als Bayer (4). Und mit Kölns Ellyes Skhiri wird der zweikampfstärkste Mittelfeldspieler der Liga (65 Prozent gewonnene Zweikämpfe) noch lange fehlen. 

Egal, ob Coach Baumgart erneut auf den zuletzt für Skhiri eingesetzten Salih Özcan oder auf den hochveranlagten Dejan Ljubicic setzt: Das Ziel der Kölner sollte sein, die Lücke im anfälligen Zentrum (vier Gegentore gegen Hoffenheim) zu schließen. Da Leverkusen bislang kein Ballbesitzspiel forciert und eher auf schnelles Umschaltspiel setzt, könnte der schnellere Ljubicic auf der alleinigen Sechserposition die erste Wahl sein.

Der 24-jährige Österreicher gilt als ballsicher, was gegen lauernde Leverkusener zum Schlüssel werden kann. Baumgart sprach vor der Partie aber auch über Gedanken, vom bisherigen System abzurücken. „Wir überlegen, ob wir mit einem oder zwei Sechsern spielen.“ Diese Gedankenspiele schienen bisher keine Rolle gespielt zu haben. Umso überraschender wäre ein Systemwechsel.

Nur der eigene Ballbesitz wird spielstarke Spieler wie den hochtalentierten Ex-Kölner Florian Wirtz, bester Vorlagengeber in der Liga, vom Tor der Baumgart-Elf fernhalten. Chancen könnten sich wiederum durch schnelle Spielverlagerungen ergeben. Sich daraus ergebene Lücken auf den Außen könnte der Tabellensiebte immer wieder nutzen, um gefährlich vor das Leverkusener Tor zu kommen.

Im Spiel gegen den Ball muss der FC schnell umschalten. Bei drei tiefen Anspielpunkten und einem passstarken Mittelfeld schafft die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane immer wieder schnelle Anspiele auf die offensiven Flügel-Positionen.
Sollte dies eintreffen, steht einem launischen Derby im ausverkauften Rheinenergiestadion nichts im Wege.

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