Kampf um die Stammplätze Salih Özcan steht beim 1. FC Köln am Scheideweg

Bonn · FC-Profi Salih Özcan ist mit großen Erwartungen in die Saison gestartet. Bislang allerdings konnte sich das Eigengewächs unter Trainer Steffen Baumgart keinen Stammplatz erkämpfen. Noch könnte der Mittelfeldspieler wechseln.

 Hat sich bislang noch nicht durchgesetzt beim 1. FC Köln: Salih Özcan (links).

Hat sich bislang noch nicht durchgesetzt beim 1. FC Köln: Salih Özcan (links).

Foto: dpa/Annegret Hilse

Ein krachender Schuss, und der Spieler der Kölner U21 sank, schwer im Rücken getroffen, zu Boden. Salih Özcan hatte ordentlich abgezogen, und wenn man in diese Aktion etwas hineininterpretieren möchte, dann hat er all seine Wut in das fulminante Geschoss gelegt, die ihn vermutlich seit einigen Wochen begleitet. Vielleicht aber war Özcan einfach nur froh und wollte seinem Trainer zeigen: Hallo, ich bin auch noch da! Denn der Frust des Mittelfeldspielers dürfte nicht gering gewesen sein, da er zuletzt kaum im Spiel des 1. FC Köln stattfand. Diesmal jedoch ließ Steffen Baumgart ihn von der Leine, die er zuletzt bei Özcan immer wieder straff angezogen hatte.

Der gebürtige Kölner durfte spielen. Endlich mal von Beginn an. Da das geplante Testspiel gegen Twente Enschede aufgrund von Corona-Fällen bei den Niederländern abgesagt werden musste, war es zwar nur ein interner Vergleich mit der eigenen U21 (2:2), aber Özcan mischte von der ersten Minute an munter mit. In der Bundesliga war ihm eine erhebliche Einmischung auf dem Platz zuletzt untersagt geblieben. Zum Saisonauftakt gegen Hertha BSC wartete das Eigengewächs 76 Minuten, bis es das Spielfeld betreten durfte, gegen Bayern wartete Özcan vergeblich, aber nach dem Sieg gegen den VfL Bochum lobte Baumgart den 23-Jährigen über die Maßen. Salih habe „gefühlt jeden Zweikampf gewonnen“, sagte der FC-Trainer. Aber auch hier: ein Kurzauftritt nur. Einwechslung, 88. Minute. Viele Zweikämpfe können das nicht gewesen sein.

Gedanken über einen Wechsel vor der Saison

Ohnehin sah es lange danach aus, als ob Özcan in Köln nie über den Status des ewigen Talents hinauskäme. Ein Leihgeschäft mit Holstein Kiel in der Saison 2019/20 sollte ihm auf dem Weg zu einem etablierten Erstligaspieler einen Schub geben. Das tat es. Sportlich und persönlich gestärkt, trat er anschließend seinen Dienst wieder an in Köln. Doch das Vertrauen des früheren FC-Trainers Markus Gisdol in ihn hielt sich in Grenzen. Und da sein Vertrag am Ende der Spielzeit auslief und er ablösefrei gehen konnte, machte er sich Gedanken über einen Wechsel. Doch es kam nicht dazu.

Einerseits, da sich für Özcan wohl kein ansprechender Interessent fand. Andererseits stellte der FC einen neuen Trainer vor, der offenbar Gefallen an ihm fand. Zumal Özcan im Sommer mit der deutschen U21 Europameister geworden war. Baumgart musste ihn nicht lange überzeugen. Es passte offenbar gleich zwischen dem impulsiven Coach und dem engagierten Mittelfeld-Abräumer. „Der Trainer“, sagte Özcan im GA-Interview vor dem Saisonstart, „hat mir sofort das Gefühl gegeben, dass ich hierbleiben sollte.“ Er folgte seinem Gefühl, ein wichtiger Spieler im intensiven Baumgart’schen System werden zu können. Und das schien ihn zunächst nicht zu trügen. Er verzichtete sogar auf die Olympischen Spiele, um sich angemessen auf die Vorbereitung mit dem FC konzentrieren zu können. Baumgart führte auffällig viele Gespräche mit ihm in der Vorbereitung. Im Test gegen Elversberg trug sein Ansprechpartner sogar die Kapitänsbinde. Gegen so starke Konkurrenz auf der Sechser-Position wie Ellyes Skhiri und Dejan Ljubicic schien er sich durchzusetzen. Zumal er viel Selbstvertrauen aus dem EM-Titel mit der U21 zog. Vertrauen zu spüren, das ist für einen wie Özcan, der im Maschinenraum des Kölner Spiels viel Verantwortung übernehmen wollte, essenziell. „Es ist wichtig, dass Salih das spürt“, sagte auch DFB-Coach Stefan Kuntz nach der EM.

Skhiri und Ljubicic sind harte Konkurrenz

Nun aber vertraut der Trainer zunächst einmal anderen. Jener Trainer, der ihn zum Verbleib in Köln animierte. „Ich wollte ihn ja nicht umsonst hierbehalten“, hatte Baumgart gesagt. „Salih kennt den Club, ist Kölner durch und durch und ist damit ein Spieler, der natürlich auch spielen soll – ohne dass er deshalb gleich gesetzt ist.“

Tatsächlich, gesetzt war er bislang nicht. Und jetzt, da Skhiri beim FC bleibt, steht zu befürchten, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Gerüchte um ein gesteigertes Interesse an Özcan aus der Türkei, wo das Transferfenster bis zum 8. September geöffnet ist, gibt es. Er befindet sich am Scheideweg. Wieder einmal. Dass er seine Heimatstadt aber erneut verlässt, ist unwahrscheinlich. Vorerst muss sich Salih Özcan mit der Hoffnung trösten, möglichst bald in der ersten Elf zu stehen.

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