Kommentar zum Videobeweis Videobeweis sorgt für Verwirrung statt für Klarheit

Meinung | Bonn · Der 1. FC Köln hat durch einen umstrittenen Elfmeter verloren. Und der Video-Assistent war nicht sehr hilfreich. Bis zur Beerdigung des Videobeweises ist es daher nicht mehr weit, kommentiert GA-Redakteur Hartmut Eickenberg.

Aufklappen, gerade hinstellen, draufsteigen. Eine Leiter aufzubauen, ist nicht schwierig. Sollte man meinen. Die EU-Kommissare in Brüssel haben aus der simplen Angelegenheit einst per Leiter-Richtlinie einen hochkomplexen Vorgang gemacht, bei dem nur noch der Hinweis auf eine Helm- und Anseilpflicht fehlt.

Dass komplizierte Vorgaben mehr Verwirrung stiften als Klarheit bringen, erlebt der deutsche Fußball Woche für Woche. Der Videobeweis, die größte Innovation seit vielen Jahren, ist inzwischen so beschädigt, dass niemand vorhersagen kann, ob das Prestigeobjekt des DFB die Saison überhaupt überlebt. Maßgeblich an der Demontage beteiligt ist der größte Verband der Welt, der mit seinen unsinnigen Eingriffen den Dienst an der Gerechtigkeit unnötig erschwert. Mittlerweile braucht es schon Kryptologen, um zu entschlüsseln, wann der Assistent in Köln nun eingreifen darf oder nicht.

Aus dem Schiedsrichter, der Autorität auf dem Platz, ist innerhalb von drei Monaten ein völlig verunsicherter Spielball der nicht mehr zu durchschauenden DFB-Richtlinien geworden. Das neue Durcheinander hatte DFB-Präsident Grindel mit der Anordnung ausgelöst, dass nur noch "Wahrnehmungsfehler" des Schiedsrichters vom Video-Assistenten in Köln korrigiert werden sollten, nicht aber Fehlentscheidungen des Referees. Was die Frage nach sich zieht: Wofür dann überhaupt noch einen Supervisor am Bildschirm?

Wenn zu dieser Interpretations-Kakophonie auch noch handwerkliche Fehler wie die des Video-Assistenten Tobias Welz kommen, der ein Phantom-Foul des Kölners Konstantin Rausch am Mainzer Pablo de Blasis sah und mit seiner Einschätzung maßgeblich zur Kölner Niederlage beitrug, ist es bis zur Beerdigungszeremonie eines eigentlich sinnvollen Projekts nicht mehr weit.

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