Taktik-Analyse Warum der Plan des 1. FC Köln gegen Hoffenheim nicht aufging

Analyse | Köln · Nach der 0:5-Pleite bei der TSG Hoffenheim räumte FC-Trainer Steffen Baumgart ein, dass er sein Team taktisch anders hätte auftreten lassen müssen. Den Gastgebern gelang es, dem Kölner Spiel den Zahn zu ziehen. Eine Analyse.

 Kingsley Ehizibue (r.), hier im Zweikampf mit Diadie Samassekou, vertrat in Hoffenheim den erkrankten Jonas Hector.

Kingsley Ehizibue (r.), hier im Zweikampf mit Diadie Samassekou, vertrat in Hoffenheim den erkrankten Jonas Hector.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Die mitgereisten Fans des 1. FC Köln applaudierten den Spielern. Gerade war der FC einmal mehr gegen die TSG 1899 Hoffenheim unter die Räder geraten, nach Schlusspfiff hieß es 0:5 aus Kölner Sicht. Eine Klatsche, die die Euphorie rund um den Club etwas bremst. Dem Team von Trainer Steffen Baumgart kann aber nicht viel vorgeworfen werden. Denn gegen Hoffenheim brachten die Geißböcke ihre bekannten Tugenden auf den Platz. Nur der Gegner war dieses Mal einfach besser.

Ein anderer Ansatz des Trainers hätte das Ergebnis jedoch positiv beeinflussen können. „Es geht nicht um Ausfälle“, meinte Baumgart nach der Partie. Der bislang fehlerlos anmutende Übungsleiter der Kölner reagierte damit auf die Frage, ob der verletzungsbedingt ausgefallene Ellyes Skhiri und der erkrankte Jonas Hector seiner Mannschaft gefehlt hätten. Beide gehören unumstritten zu den tragenden Säulen des Teams. Doch Baumgart wollte das Fehlen nicht als ursächlich für die hohe Niederlage geltend machen. „Wenn ich zum Beispiel gesehen habe, wie Salih auf dem Platz gearbeitet hat. Er hat ein gutes Spiel gemacht“, nahm er den Skhiri-Ersatz Salih Özcan aus der Schusslinie. 

Allerdings hat Özcan nicht sein bestes Spiel im Trikot der Kölner gemacht. Nur 52 Prozent der Zweikämpfe konnte der alleinige Sechser im Kölner 4-1-3-2-System für sich entscheiden – eine schwache Quote auf dieser zentralen Position. Doch wie Baumgart bereits richtigstellte, kann dem U21-Europameister kein Vorwurf gemacht werden.

Denn die Hoffenheimer liefen erstmals in dieser Saison mit einer Dreierkette auf und sicherten sich damit ein Übergewicht im Zentrum. Wenn die Kölner Raute, bestehend aus Mark Uth, Florian Kainz, Jan Thielmann und eben Özcan, während der gegnerischen Ballbesitzphasen zu spät in die Zweikämpfe kam, lief ein Spieler nach dem anderen nur noch hinterher. So ergab sich Özcans schlechte Zweikampfquote beinahe automatisch.

 Fast alle Gegentore des 1. FC Köln fielen bislang in der zweiten Hälfte

„Ich glaube, dass nicht nur die Jungs, sondern auch wir als Trainerteam schneller auf die Dreierkette, Fünferkette hätten reagieren müssen. Das ist auch für mich ein Erfahrungswert“, meinte Baumgart, der bislang stoisch auf dem durchaus erfolgreichen System beharrte, selbstkritisch. Dabei lieferten die vergangenen Wochen auch Anlass, über einen Systemwechsel nachzudenken.

Denn das Team schien in der bisherigen Saison nicht in der Lage zu sein, das hochintensive Spiel mit starken Pressingphasen über 90 Minuten durchzuhalten. Fast alle Gegentreffer der Kölner fielen bislang in der zweiten Hälfte. Die durchaus positiven Ergebnisse der vergangenen Wochen könnten darüber hinweggetäuscht haben.

So kam es gegen die TSG dann, dass Andrej Kramaric in der 31. Minute ohne Kölner Druck aus dem Mittelfeld heraus einen der bekannten Hoffenheimer Vertikalpässe schlug, den Ihlas Bebou zur Hoffenheimer Führung verwandelte. Das ballsichere Spiel der Gastgeber, das gute Umschaltverhalten und die individuelle Klasse des Kaders zogen dem System Baumgarts den Zahn.

Und um selbst Akzente zu setzen, blieb das FC-Spiel zu ungefährlich. Kölns bewährte Doppelspitze, bestehend aus Anthony Modeste und Sebastian Andersson, war in Hoffenheims neu formierter Dreierkette schlecht aufgehoben, das Sturmduo sah sich ständigem Gegnerdruck ausgesetzt. Köln hatte zwar mehr Schüsse Richtung Tor, doch diese blieben ungefährlich. Hoffenheims Torhüter Oliver Baumann musste über die gesamte Spielzeit hinweg keinen Ball parieren.

 Kölner präsentieren sich zweikampf- und gewohnt laufstark

Auch das ansonsten starke Flankenspiel der Kölner hatte die TSG-Defensive im Griff – und dieses fiel eher einfältig aus. Bis zur 60. Minute gingen von allen Kölner Angriffen auffällige 70 Prozent über die linke Seite, die erstmals mit Hector-Ersatz Kingsley Ehizibue besetzt war. Ein Grund: Hoffenheim schaffte es häufig, den Kölner Ballbesitz zu lenken. 

Nach der Halbzeit sorgten zwei schnelle Hoffenheimer Tore durch Bebou (49.) und Christoph Baumgartner (51.), der im vierten Duell mit dem FC seinen vierten Treffer erzielte, für die Vorentscheidung. Trotzdem spielten die Kölner gewohnt einsatzfreudig weiter. Sie gewannen über die volle Spielzeit mehr Zweikämpfe als die TSG (52 Prozent), traten mit einer Laufleistung von 114 Kilometern laufstark auf und hatten annähernd so viel Ballbesitz wie der Gegner (49 Prozent). 

1. FC Köln gegen TSG Hoffenheim - Bilder vom Spiel - 0:5-Niederlage
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Bilder zur Partie des 1. FC Köln bei der TSG Hoffenheim

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Am Ende war es jedoch Hoffenheim, das die entscheidenden Situationen erzwang und diese ausnutzte. Drei von sechs Torschüssen landeten nach der Halbzeit im Kölner Tor. Die Gegentore vier (Dennis Geiger, 74.) und fünf (Stefan Posch, 87.) addierten sich zu den nun insgesamt 14 Saisongegentoren der Kölner – Timo Horn kassierte damit auch im achten Saisonspiel mindestens ein Gegentor.

Insgesamt war es die Qualität der Hoffenheimer, die das Ergebnis in die Höhe schraubte. Dabei ist den FC-Spielern bei dieser Höhe der Niederlage nur bedingt ein Vorwurf zu machen, denn der Einsatz stimmte. Am Ende hätte ein anderes taktisches Vorgehen eine solche Klatsche jedoch verhindern können. Der Applaus der mitgereisten Fans wäre dann wohl umso größer ausgefallen.

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