Rennen im Herbst Formel 1 kehrt möglicherweise auf Nürburgring zurück
Bonn · Nach sieben Jahren Pause könnte im Oktober wieder ein Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring stattfinden. Dafür müssten andere Veranstaltungen verschoben werden.
Im Motorsport bahnt sich ein sensationelles Comeback an. Nach sieben Jahren Abstinenz soll im Oktober wieder ein Formel-1-Grand-Prix auf dem Nürburgring ausgetragen werden. Möglich macht es offenbar die fieberhafte Suche der Königsklasse nach Ersatzrennen für den durch die Corona-Pandemie stark ausgedünnten Kalender. Derzeit stehen nur noch sieben Stationen im Programm, nachdem die Saison nach zahlreichen Verschiebungen oder Absagen erst Anfang Juli in Österreich gestartet war.
Nürburgring-Sprecher Alexander Gerhard bestätigte gegenüber dem General-Anzeiger den Kontakt zu Formel-1-Eigner Liberty. „Wir waren seit 2013 immer in Gesprächen mit der Formel 1 und haben auch in diesem Jahr miteinander gesprochen“, sagte Gerhard. Konkreter wurde er nicht. „Im Moment gibt es nichts zu vermelden.“ Angesprochen auf die Chancen eines Rennens auf dem Traditionskurs in der Eifel meinte Gerhard nur: „Es gilt weiterhin die Maßgabe, dass die Austragung eines Formel-1-Rennens immer nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattfinden kann.“
Man muss aber vermuten, dass der Kontakt des Nürburgrings zu den Formel-1-Machern aktuell mehr als nur locker ist. Im Mai hatte Gerhard noch erklärt, es gäbe keine aktuelle Anfrage. Er sah zu diesem Zeitpunkt auch Terminprobleme. „Der Nürburgring ist sehr breit aufgestellt, was sehr gut ist, aber im Umkehrschluss auch heißt, dass für die Formel 1 in unserem Kalender für 2020 kein Platz wäre“, erklärte Gerhard damals gegenüber der „Rheinischen Post“.
Streckenbetreiber reagieren flexibel
Tatsächlich scheint der Eifelkurs bis in den November hinein ausgebucht zu sein, weil viele Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie nach hinten verschoben wurden, um auch die Chance auf Zuschauer an der Strecke zu erhöhen. Doch nicht zuletzt die Verlegung des 24-Stunden-Rennens auf ein September-Wochenende – im Gegenzug machte die Langstreckenserie Platz für den traditionellen Klassiker – hat gezeigt, dass die Streckenbetreiber an der Nürburg flexibel reagieren, wenn es um wichtige Verschiebungen geht.
Das Internetportal Motorsportmagazin.com mutmaßt, die Formel 1 werde am 11. Oktober auf der Grand-Prix-Strecke gastieren. An diesem Wochenende ist aktuell ein Motorrad-Langstreckenrennen für jedermann geplant. Eine Verlegung sollte also kein großes Hindernis darstellen.
Die Formel-1-Geschichte des Nürburgrings ist lang. In den Anfängen erwarb sich die rund 23 Kilometer lange Nordschleife, die 1923 eröffnet worden war, den legendären Ruf als schwierigste Rennstrecke der Welt. Der dreimalige Weltmeister Jackie Stewart bezeichnete sie einmal als „Grüne Hölle“. Doch der Kurs mit Bäumen und Zuschauern nah an der Strecke und fehlenden Auslaufzonen geriet angesichts der immer schneller werdenden Rennwagen an seine Grenzen. Der schwere Feuerunfall von Niki Lauda 1976, der dem Österreicher fast das Leben kostete, bedeutete vorerst den Abschied von der Formel 1.
Michael Schumacher sorgte für Hype in Deutschland
Erst 1984 kehrte sie auf die neu gebaute Grand-Prix-Strecke zurück. Aber nur für ein Rennen. Die Streckenbetreiber wollten den Forderungen von Bernie Ecclestone nach einer weißen Rennstrecke, die dem damaligen Formel-1-Zampano die kompletten Rechte für Werbung und Vermarktung garantierte, nicht nachkommen.
Es war der Aufstieg von Michael Schumacher, der die Situation änderte. Der Hype um den späteren Rekord-Weltmeister sorgte für die Rückkehr der Formel 1. 1995 fand auf der Grand-Prix-Strecke der Große Preis von Europa statt, den Schumacher gewann. Einnahmen konnten die Streckenbetreiber aber nach wie vor nur durch Zuschauer generieren, weil die Organisatoren weiterhin eine weiße Rennstrecke forderten.
Darüber hinaus war eine Antrittsprämie im achtstelligen Bereich zu bezahlen, die sich jährlich steigerte. Die Rechnung ging so lange auf, wie die Zuschauer in die Eifel strömten. 1999 drängten sich auf den Tribünen 142.000 Fans – Rekord. Am gesamten Wochenende zählten die Veranstalter 305.000 Besucher. Die „Schumania“, viele andere deutsche Rennfahrer, Hersteller wie Mercedes und BMW sowie Sponsoren wie die Deutsche Post, die im großen Stil beim Rennstall Jordan einstieg, machten Deutschland zum Dreh- und Angelpunkt der Formel 1.
Bis 2005 fanden jede Saison zwei Rennen statt – in Hockenheim und auf dem Nürburgring. Das änderte sich, als nachlassendes Zuschauerinteresse und steigende Kosten die Formel 1 zum wirtschaftlichen Risiko für die deutschen Strecken machte. Dazu kam die wachsende Konkurrenz aus dem Ausland, die nicht selten staatlich finanziert war und auf Rentabilität keinen Wert legen musste. Bis 2013 wechselten sich Hockenheimring und Nürburgring mit der Austragung des Deutschland-Grand-Prix ab, ehe letztlich nur noch Hockenheim übrig blieb.