Große Lücken auf den Tribünen Wo sind die Zuschauer?

HOCKENHEIM · Deutschland-Trikots mit drei Sternen, Deutschland-Trikots mit vier Sternen, selbst Deutschland-Trikots ohne Stern. Schwarz-Rot-Goldene Fahnen an Häusern und Autos - Hockenheim ist im WM-Fieber. Im Fußball-WM-Fieber.

Der Große Preis von Deutschland lahmt dagegen. Als Sebastian Vettel am vergangenen Donnerstag auf die Euphorie in Deutschland nach dem WM-Pokal angesprochen wurde, lächelte er und erklärte: "Ich gehe davon aus, dass der eine oder andere Fan noch eine Flagge von der WM über hat und uns damit unterstützen wird."

Tatsächlich ist die Begeisterung über die Fußball-Weltmeister auch noch eine Woche nach dem Triumph zu spüren. Das deutsche Wir-Gefühl herrschte auch am Hockenheimring. Zumindest auf den meisten Plätzen. Denn viele der Sitze blieben leer.

"Ich weiß nicht, woran es liegt. Die Tribünen waren nicht so voll wie in den vergangenen Jahren", wunderte sich auch Vettel: "Eigentlich könnte es ja nicht besser sein: Ein deutscher Hersteller steht an der Spitze, und wir haben deutsche Fahrer, die Rennen gewinnen können. Und die Sonne scheint."

Sonnenschirme, Planschbecken, Liegestühle - gerade die sommerlichen Temperaturen verwandelten Hockenheim in einen wahren Sommerurlaubs-Ort. Für den Heim-Grand-Prix schienen sich jedoch nicht alle zu interessieren. Auch die Verantwortlichen wirkten ratlos, angesichts der schwachen Zuschauerzahlen im Gegensatz zu den jüngsten beiden Rennen in Österreich und England.

Mehr als 100.000 Zuschauer kamen dort an die Strecke, in Hockenheim waren es knapp 50.000. "Wenn am Renntag noch ein paar Zuschauer mehr kommen, dann gibt es mit Ach und Krach eine schwarze Null", sagte Geschäftsführer Georg Seiler.

Ticketpreise von bis zu 500 Euro schreckten die Fans ab, dazu sorgten die einseitigen Rennen eines Sebastian Vettel in den vergangenen Jahren für einen gewissen Überdruss. Selbst der packende Zweikampf der Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg scheint die deutschen Fans nicht mehr anzulocken.

Noch in der vergangenen Woche hatte Vettel erklärt, dass Michael Schumacher mit seinen Erfolgen maßgeblich zum Boom deutscher Formel 1-Piloten beigetragen habe. Vielleicht bei den Piloten, bei den Zuschauern ist der Boom verebbt.

Dabei haben die Verantwortlichen des Hockenheimrings viel versucht. Sie waren sogar auf den Hype um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft aufgesprungen. Für jedes Tor, das die DFB-Kicker bei der WM erzielten, gab es einen Preis-Nachlass von elf Euro.

Ausgerechnet in dieser schweren Zeit muss der Hockenheimring um die Zukunft seines Formel-1-Rennens bangen. Die Capricorn Nürburgring GmbH (CNG) hatte im Juni verkündet, sich mit Bernie Ecclestone einig zu sein, den Großen Preis von Deutschland ab 2015 für fünf Jahre in der Eifel auszutragen.

Der Hockenheimring hat allerdings eine vertragliche Zusicherung für die Rennen 2016 und 2018. "Ich hoffe, dass wir handelseinig werden", erklärte Ecclestone knapp. Die aktuellen Zuschauerzahlen dürften dem Hockenheimring alles andere als in die Karten spielen.

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