Blutkontrollen im Fußball: Kritik von Anti-Doping-Experten

Berlin · Nachdem Marcel Kittel jüngst bei der Tour de France seinen dritten Etappensieg gefeiert hatte, klopften die Dopingjäger am Abend im Hotel nur wenige Stunden nach der ersten Kontrolle ein weiteres Mal an der Zimmertür.

 Fritz Sörgel kritisiert die Anzahl der Bluttests im Fußball. Foto: Daniel Karmann

Fritz Sörgel kritisiert die Anzahl der Bluttests im Fußball. Foto: Daniel Karmann

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Dass es zukünftig Bayern-Star Bastian Schweinsteiger ähnlich ergehen wird, dürfte in etwa so wahrscheinlich sein wie der zweite deutsche Meistertitel von Bundesliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig in dieser Saison. Glaubt man jedenfalls den Experten, dann ist der Vertrag zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) über die Einführung von Blutkontrollen das Papier nicht wert, auf dem er schriftlich fixiert worden war.

"Das ist alles eine große Farce. Es wird überhaupt nichts dabei rauskommen. Wenn doch, dann hätte der Fußball ein riesiges Problem. Wenn das das Ergebnis der langen Verhandlungen zwischen DFB und NADA sein soll, kann ich wirklich nur lachen", lästerte Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel in der Münchner Zeitung "TZ" und spricht von einem "Kuhhandel" und dem DFB als "bremsende Kraft".

Und sogar vom Weltverband FIFA, der sich in der Vergangenheit wahrlich nicht im Anti-Doping-Kampf hervorgetan hatte, setzte es deutliche Kritik. "Wenn man das macht, dann sollte man es richtig machen. Ich werde mit den Ärzten des DFB sprechen", sagte der FIFA-Chefmediziner Jiri Dvorak der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) und rügte: "Optimal wäre es, wenn vor dem Beginn der Saison alle Spieler der Bundesliga getestet würden. Dann hätte man eine Basis, könnte weitere Kontrollen in der Saison folgen lassen und die Ergebnisse vergleichen."

Einen Blutpass, wie er beispielsweise im Radsport bereits seit Jahren fester Bestandteil im Kontrollprogramm ist, wird es nicht geben. Bei 15 Prozent der 500 Trainingskontrollen wird die NADA bei den Spielern Blut abzapfen. Die Kontrollen verteilen sich auf alle Teams aus Bundesliga, 2. Liga sowie die A-Nationalmannschaft und alle Juniorenteams des DFB. Im Schnitt muss jeder der 36 Profivereine also mit weniger als zwei Besuchen der NADA-Tester rechnen, bei denen auch Bluttests vorgenommen werden. Alle anderen Kontrollen sind Urinproben. Zum Vergleich: Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Moskau werden rund 1900 Bluttests bei den Teilnehmern vorgenommen.

Rainer Koch hob in der "FAS" die abschreckende Wirkung hervor und ergänzte gegenüber der dpa, dass die Anzahl der Bluttests von der NADA festgelegt würde. Die NADA kann allerdings nur so viel Geld ausgeben, wie sie vom DFB bekommt. Das sollen rund 200 000 Euro sein. Dazu Koch weiter: "Man wird immer mit der Forderung konfrontiert, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt wird. Der Vertrag ist gerade einvernehmlich geschlossen worden."

Glaubt man Franz Beckenbauer, handelt es sich eh um rausgeworfenes Geld. Doping im Fußball mache keinen Sinn, wiederholte Beckenbauer im "Sportstudio" des ZDF und zeigte sich überrascht, als er mit einer eigenen Aussage aus dem Jahr 1977 im "stern" konfrontiert worden war. "Nicht alles, was heute mit Fußballprofis gemacht wird, ist harmlos. Die Grenzen zu Doping sind fließend", soll Beckenbauer damals gesagt haben. Rudi Völler ergänzte zum Thema Doping, dass es in den Mannschaften, wo er gespielt habe, so etwas nicht gegeben habe.

Laut dem Bericht der "FAS" kann die NADA den Spielraum bei den Kontrollen auch mit Blick auf das vom Fußball gewährte Budget aber nicht beliebig erweitern, ohne dass sie die wichtige Kontrolle durch Urinproben gefährdet. Wenn dem DFB wirklich etwas an intensiven und qualitativ hochwertigen Doping-Kontrollen gelegen sei, müsse er mehr Geld investieren, befand auch Sörgel in der "TZ".

Ab und zu wird ein Fußballer aber doch kontrolliert. "Die waren bei mir auch schon morgens um 6.00 Uhr da. Das ist kein schönes Thema. Es macht sauer und es nervt", sagte der Leverkusener Torschützenkönig Stefan Kießling. Marcel Kittel lässt schön grüßen.

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