Bayer Leverkusen Bosz soll neues Feuer entfachen
Leverkusen · Bayer 04 Leverkusen trennt sich trotz Aufwärtstrend von Trainer Heiko Herrlich. Geschäftsführer Völler: Die Mannschaft stagniert in der Entwicklung. Der Niederländer übernimmt am 4. Januar.
Zum Abschied durfte Heiko Herrlich noch einmal das volle Programm absolvieren. Während sich Geschäftsführer Rudi Völler und der neue Sportdirektor Simon Rolfes in der Mixed Zone bei den Journalisten entschuldigen ließen, schritt der Trainer von Bayer 04 Leverkusen am Samstag nach dem 3:1 (2:1)-Heimsieg gegen Hertha BSC Berlin von einem Interview zum nächsten. Mit der offiziellen Pressekonferenz im Medienraum hatte es der 47-Jährige geschafft. Es war seine letzte Amtshandlung, denn noch am gleichen Abend eilte Völler zu Herrlich nach Hause und teilte ihm mit, dass seine Dienste mit Ende der Bundesliga-Hinrunde nicht mehr gefragt sind. Das gleiche gilt für Co-Trainer Nico Schneck.
Die Begründung, die Völler am Sonntag auch der Öffentlichkeit präsentierte, war wenig überraschend: „Wir haben hier seit vielen Wochen, ja eigentlich seit Saisonbeginn eine Diskussion um Heiko Herrlich. Wir haben ihn geschützt, weil wir die Überzeugung und den Willen hatten, mit ihm als Cheftrainer die Wende zum Guten zu schaffen. Doch leider ist mittlerweile eine Stagnation in der Entwicklung des Teams nicht mehr zu leugnen. Auch wenn wir wieder den Anschluss an die internationalen Plätze hergestellt haben, befinden wir uns in einer Situation, die einen Trainerwechsel notwendig macht.“
Bayer 04 entlässt einen Trainer, der die Mannschaft von Platz zwölf in der Saison 2016/17 auf Rang fünf und in das internationale Geschäft zurückführte. Die Werkself steht im Viertelfinale des DFB-Pokals und als Gruppensieger in der Zwischenrunde der Europa League. Zudem hat Herrlich in den jüngsten sechs Bundesliga-Partien nur einmal verloren und mit 13 Punkten die Aussichten auf eine erneute Europapokal-Qualifikation erheblich verbessert.
„Der Trend ist positiv“, erklärte Herrlich deshalb nach Aufzählung seiner Taten, an deren Ende er sich als „Diener des Vereins“ bezeichnete. Das war noch, bevor er Besuch von Völler bekam und klang nach einer doch recht schlüssigen Argumentation für einen Verbleib in seinem Job.
Herrlich räumte aber auch „berechtigte Kritik“ an seiner Arbeit ein. Die gab schließlich den Ausschlag zu seinen Ungunsten. Dem Ex-Profi war es nicht gelungen, den Talentschuppen von der Dhünn auf das nächste Level zu heben. Vor allem die hochbegabten Julian Brandt, Leon Bailey oder 19-Millionen-Stürmer Lucas Alario kamen in ihrer Entwicklung nicht voran – im Gegenteil. Welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt, zeigte sie eine Stunde lang im Heimspiel gegen Dortmund und noch mehr beim 6:2 in Bremen und der 5:0-Pokal-Gala in Mönchengladbach.
Es waren die vielen unbefriedigenden Auftritte, die Herrlich nach dem verpatzten Saisonstart mit drei Niederlagen zum Verhängnis wurden. So nützte es auch nichts, dass er Völlers Vorgabe von „acht, neun Punkten aus den letzten vier Hinrundenspielen“ erfüllte. Wahrscheinlich hat ihm der 2:1-Sieg auf Schalke letztlich sogar mehr geschadet als genützt. Es kann aber genauso sein, dass die Werkself Beteiligter eines der gruseligsten Fußballspiele der jüngeren Vergangenheit war, weil die Entscheidung der Bayer-Chefetage gegen Herrlich schon gefallen war und es sich herumgesprochen hatte.
Die Nachfolge Herrlichs tritt am 4. Januar 2019 Peter Bosz an – zur Vorbereitung der am 19. Januar mit dem Heimspiel gegen Mönchengladbach beginnenden Rückrunde. „Es ist kein Geheimnis, dass wir schon vor eineinhalb Jahren Kontakt zu ihm hatten. Er hat uns mit seiner Art, bei Ajax Amsterdam Fußball spielen zu lassen, begeistert“, erklärte Rudi Völler. Der 55-jährige Niederländer Bosz, der bei Bayer einen Vertrag bis zum 30. Juni 2020 unterschrieben hat, führte Ajax ins Finale der Europa League gegen Manchester United und wechselte anschließend zu Borussia Dortmund. Dort scheiterte er jedoch trotz eines famosen Starts und wurde nach neun Pflichtspielen ohne Sieg im Dezember 2017 durch Peter Stöger ersetzt.
Bayer-Sportdirektor Simon Rolfes sagte zum neuen Trainer: „Er steht für offensiven, temporeichen und begeisternden Fußball. Peter passt auch deswegen hervorragend zu uns, weil wir seit vielen Jahren darauf setzen, hochtalentierte Nachwuchskräfte weiterzuentwickeln.“