Sportgericht setzt Zeichen BVB-Fans müssen Teilausschluss fürchten

Frankfurt/Main · Das DFB-Sportgericht greift nach den Vorkommnissen im Spiel Hoffenheim gegen Dortmund durch. Die BVB-Fans dürfen drei Jahre lang nicht ins Stadion des Bundesligarivalen, sollten sie sich in Zukunft noch einmal daneben benehmen.

 Dortmunder Fans halten ein Transparent mit dem Konterfei von Hoffenheims Dietmar Hopp unter einem Fadenkreuz in die Höhe.

Dortmunder Fans halten ein Transparent mit dem Konterfei von Hoffenheims Dietmar Hopp unter einem Fadenkreuz in die Höhe.

Foto: Uwe Anspach

Kein Punktabzug, dafür ein dreijähriges Stadionverbot auf Bewährung: Nach dem wiederholten massiven Fehlverhalten der Anhänger von Borussia Dortmund hat das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes ein deutliches Zeichen gesetzt.

Das dreiköpfige Gremium unter dem Vorsitz von Hans E. Lorenz verurteilte den BVB wegen der üblen Beleidigungen von Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp zu einem Ausschluss seiner Fans in den nächsten drei Gastspielen im Kraichgau, sollten sich die Fans des Tabellenführers bis zum Ende der Bewährungsfrist am 30. Juni 2022 erneut etwas zu Schulden kommen lassen.

"Ob es zum Teilausschluss kommt, ist fraglich. Wir haben ihn nicht verhängt, weil es wirkungsvoller ist, eine solche Strafe anzudrohen. Die Dortmunder Fans können sich jetzt nur selbst ausschließen. Wenn sie sich bewähren, kommt es nicht dazu", sagte Lorenz in seiner Urteilsbegründung.

Zugleich empfahl er für die Zukunft in ähnlichen Fällen, wie sie sich zuletzt auch im Bundesligaspiel Dortmund gegen Hertha BSC mit 45 Verletzten oder beim Pokal-Auftritt des Hamburger SV in Wiesbaden ereignet hatten, einen Spielabbruch. "Das wird die Fans eher disziplinieren als unsere Urteile", sagte der 67-Jährige. "Wenn es dreimal zu einem Abbruch kommt, werden die Fans ihre Plakate von ganz allein einrollen."

In einer Mitteilung begrüßte Hoffenheims Geschäftsführer Frank Briel "ausdrücklich die klaren Worte des Vorsitzenden Richters", und sagte außerdem: "Wir respektieren die Entscheidung des DFB-Sportgerichts."

Der BVB wurde zudem mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 000 Euro und weiteren Auflagen belegt. Bis zum Ende der Saison 2021/22 müssen die Schwarz-Gelben bei Spielen im Kraichgau mindestens 50 qualifizierte eigene Ordner einsetzen. Darüber hinaus ist die Verwendung von großen Fahnen sowie von Bannern, Blockfahnen und Doppelhaltern in Pflichtspielen gegen Hoffenheim in dieser Zeitraum verboten.

Das Sportgericht ahndete damit die Vorfälle im Bundesligaspiel am 22. September, als Dortmunder Fans Hopp wüst beschimpft und ein etwa zehn mal zehn Meter großes Banner ausgerollt hatten, welches das Konterfei des 78-Jährigen hinter einem Fadenkreuz zeigte. Auf zwei Spruchbändern stand in Großbuchstaben: "Strafverfahren & Hausverbote wegen beleidigender Gesänge. Was soll die Scheisse, du Hurensohn!?"

DFB-Chefankläger Anton Nachreiner äußerte in der rund fünfstündigen Verhandlung sein Unverständnis darüber. "Ich vermisse bei vielen Fans die ethischen Grundsätze", kritisierte der Vorsitzende des Kontrollausschusses. Nachdem der DFB im August 2017 die Verhängung von Kollektivstrafen wie den teilweisen oder kompletten Zuschauerausschluss ausgesetzt hatte, beschränkte sich Nachreiner auf ein kurzes Plädoyer. "Dinge, die im Raum stehen, kann ich nicht beantragen. Ich fordere aber eine angemessene Strafe", sagte er. Dem folgte das unabhängige Gericht.

Nach Aussage von Christian Hockenjos, Direktor Organisation beim BVB, sei der Verein von der Aktion seiner Fans überrascht worden. Lorenz ließ jedoch Zweifel daran anklingen, da es vor der Partie im Netz entsprechende Ankündigungen aus der Fanszene gegeben habe. "Wir hatten ein schlechtes Bauchgefühl wegen der zuvor ausgesprochenen Hausverbote", räumte selbst Dortmunds Fanbeauftragter Kai Ruben ein.

In der Verhandlung blieb weiter ungeklärt, wie das Hass-Plakat letztlich ins Stadion gelangt war. "Wir konnten nicht in Gänze aufklären, wie das mit dem Banner war", sagte BVB-Anwalt Thilo Igwecks. Auch der Verbleib des Plakats sowie die Identität der vermummten Täter hätten bislang nicht ermittelt werden können.

Lorenz bezeichnete die wüsten Beschimpfungen gegen Hopp als eine "wiederkehrende Erscheinung" seit dem Bundesliga-Aufstieg der Hoffenheimer im Jahr 2008. Der TSG-Mäzen fühle sich davon "unheimlich gekränkt", berichtete Anwalt Christoph Schickhardt, der Hopps Interessen in der Verhandlung vertrat. Dabei machte er nochmals Hopps Standpunkt klar: "Er erwartet, dass im Fußball Verhältnisse hergestellt werden, die den Einzelnen schützen. Egal, welchen Namen der trägt."

Dem entsprach das Sportgericht nach seinem Empfinden. "Ziel des Urteils ist die Vermeidung von Wiederholungsfällen gegen die Person Dietmar Hopp. Es ist die Aufgabe von DFB und DFL, verdiente Persönlichkeiten des deutschen Fußballs vor derartigen Diskriminierungen zu schützen", sagte Lorenz. "Dazu sind auch die Vereine in die Pflicht zu nehmen."

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