4:3-Krimi gegen Augsburg BVB-Joker Alcácer und "der wahre Götze"

Dortmund · Solch ein Spektakel hat selbst Dortmund selten erlebt. Aus BVB-Sicht hieß die Bilanz gegen den FC Augsburg: Sieben Tore, ein Dreierpack von Joker Paco Alcácer, ein traumhaftes Comeback von Mario Götze und ein Siegtreffer in der sechsten Minute der Nachspielzeit.

 BVB-Trainer Lucien Favre umarmt den dreifachen Torschützen Paco Alcácer.

BVB-Trainer Lucien Favre umarmt den dreifachen Torschützen Paco Alcácer.

Foto: Bernd Thissen

Die beiden Helden der selbst für Dortmunder Verhältnisse emotionalen Fußball-Achterbahnfahrt suchten die Nähe ihrer Familie.

Der als Joker dreimal erfolgreiche Paco Alcácer wollte nach dem turbulenten und nervenaufreibenden 4:3 (0:1) der Borussia gegen den FC Augsburg "schnell nach Hause zu meiner Tochter". Und Mario Götze scherzte nach Monaten des Frusts mit Bruder Felix.

Gemeinsam kamen der Siegtorschütze des WM-Finals 2014 und sein fünfeinhalb Jahre jüngerer Bruder die Treppe im Spielertunnel hoch. Mario Götze trug das Augsburg-Trikot von Felix, zeigte auf die Nummer 4 auf dem Rücken und sagte schmunzelnd: "Das ist der wahre Götze." Auf Interviews hatte der 26-Jährige aber "keinen Bock".

Dafür redeten andere über den einstigen Goldjungen von Rio, der in den vorherigen vier Spielen gar nicht zum Kader gehört hatte und nun sieben Minuten nach der ersten Saison-Einwechslung in der Liga traf. "Das Tor macht er sensationell", sagte der mit ihm eng befreundete Kapitän Marco Reus. Sportdirektor Michael Zorc lobte Götzes "professionelle Einstellung. Er hat in diesen für ihn extrem schwierigen Wochen nie reklamiert, sondern immer weiter gearbeitet."

Die Zuschauer in Dortmund sind dem Eigengewächs sowieso emotional verbunden. Der einstige Über-Nacht-Wechsel zum FC Bayern ist zumindest verdrängt. Bei der Einwechslung in der 77. Minute erhoben sich sehr viele der 81.365 Zuschauer, sie applaudierten und jubelten.

Trainer Lucien Favre zeigt sich davon aber weiter unbeeindruckt. Statt eine Lobeshymne auf seinen prominenten Aushilfsarbeiter zu singen, wiederholte er seinen Standard-Satz in Bezug auf dessen Situation. Es sei "schwierig für ihn", weil man auf seiner Position viele Spieler habe. Der Durchbruch in Dortmund war sein erlösendes Tor für Götze demnach also keineswegs.

Denn auch als vorderste Spitze, die er zwischen 2012 und 2016 in 24 Länderspielen gab, ist er für Favre keine Option. Auf kurz oder lang wird dort sowieso Alcácer gesetzt sein. Dass der direkt nach seiner späten Ankunft verletzte Torjäger ein echter Knipser ist, hat er bereits als Joker für die besonderen Momente hinreichend bewiesen.

Ganze 81 Minuten hat der vom FC Barcelona geliehene Spanier bisher in der Bundesliga gespielt. Und doch führt er mit sechs Toren schon die Torschützenliste an. Nach zwei Jahren im Schatten von Lionel Messi und Luis Suárez hat er auch die Rückkehr in die spanische Nationalmannschaft geschafft. "Ich kann mir vorstellen, über das Jahr hinaus in Dortmund zu bleiben", sagte der 25-Jährige, auf den der BVB eine Kaufoption über angeblich rund 25 Millionen Euro hat.

Sein Siegtreffer in der sechsten Minute der Nachspielzeit per Freistoß war die Krönung des mitreißenden Fußball-Spektakels gegen die tapferen Augsburger. "Ich war durchgeschwitzt, hatte Gänsehaut, habe mich zwischendurch geärgert - heute war alles dabei", sagte Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung. Und Zorc meinte: "Viel mehr geht nicht an Emotionen. Ich habe das Stadion selten so kochen sehen wie ab der 90. Minute."

Nach der überraschenden 0:3-Niederlage des FC Bayern gegen Mönchengladbach hat der BVB schon vier Punkte Vorsprung auf die Münchner. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres waren es sogar fünf gewesen, am Saisonende standen 29 Zähler Rückstand. "Ich gehe fest davon aus, dass uns das nicht mehr passiert", sagte Kehl: "Diese Mannschaft zeigt eine ganze andere Stabilität."

Und eine extrem starke Bank. Insgesamt hat der BVB schon neun Joker-Tore erzielt - mehr hat nach sieben Spieltagen nie ein Team bejubelt. "Lucien hat wieder mal ein goldenes Händchen bewiesen", lobte Zorc. Am Samstag mit Alcácer und Götze. Sehr zum Verdruss der Augsburger. "Am Schluss würdest du am liebsten in den Kübel kotzen", sagte Michael Gregoritsch, Schütze des 3:3 (87.).

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