EM-Qualifikation Deutschland verliert 2:4 gegen die Niederlande

Hamburg · Trotz früher Führung hat die deutsche Nationalmannschaft beim Länderspiel zur EM-Qualifikation 2:4 gegen die Niederlande verloren. Vor allem in der Abwehr zeigten die Deutschen erhebliche Mängel.

 Serge Gnabry (links), hier im Zweikampf mit dem Niederländer Marten de Roon, schoss die deutsche Elf bereits in der neunten Minute mit 1:0 in Führung.

Serge Gnabry (links), hier im Zweikampf mit dem Niederländer Marten de Roon, schoss die deutsche Elf bereits in der neunten Minute mit 1:0 in Führung.

Foto: AP

Dem eher seltenen Besucher dieses schönen Volksparkstadions in Bahrenfeld fällt eines sofort auf: Es fehlt etwas. Die legendäre Uhr im Nordwesten der Arena, die bis vor Kurzem die Bundesligazugehörigkeit des heimischen Hamburger SV und später die Zeit seit seiner Gründung auf die letzte Sekunde genau anzeigte, sie ist verschwunden. Nicht einfach so, sie wurde abmontiert, weil die Entscheider des Clubs, der nun im zweiten Jahr seine einstigen Größe in der 2. Liga hinterhertrauert, sie nicht mehr für zeitgemäß hielten.

Auch bei der deutschen Nationalmannschaft um Bundestrainer Joachim Löw ist gerade eine neue Zeitenrechnung eingetreten. Das neue Deutschland ist nach dem WM-Desaster 2018 auf dem besten Wege, zu alter Stärke zu finden. Das belegte erneut der ansehnliche Auftritt in der EM-Qualifikation gegen die Niederlande, die am Ende das etwas bessere, reifere von zwei guten Teams war und 4:2 (0:1) gewann. Vor allem in der Abwehr zeigten die Deutschen bei aller Intensität in ihrem Spiel erhebliche Mängel. Nun kommt der Partie am Montag in Belfast gegen die bislang ungeschlagenen Nordiren (20.45 Uhr) eine noch größere Bedeutung zu.

Schon beim Last-Minute-Sieg im Hinspiel in Amsterdam (3:2) hatte die junge deutsche Mann­­­­­­schaft von Bundestrainer Joachim Löw gezeigt, dass sie nicht gewillt ist, sich ohne Gegenwehr aus der erweiterten Weltspitze zu verabschieden. Doch besser aus der Kabine kamen die Gäste, die aggressiv und zielstrebig auftraten. Die Deutschen, die mit der Dreierkette Niklas Süle, Jonathan Tah und Matthias Ginter agierten, sahen sich mit ausreichend Defensivarbeit beschäftigt, schalteten bei Ballbesitz der Oranje-Elf auf ein 5-2-3 um. Und kamen langsam in Fahrt. Für den verletzten Leroy Sané ließ Löw den formstarke Timo Werner in der Sturm-und-Drang-Dreierformation an der Seite von Serge Gnabry und Marco Reus von der Leine.

Doch zunächst fanden die Flitzer nur selten den Weg über die richtige Autobahn. So kam die Führung doch etwas überraschend. Der aggressive Antreiber Joshua Kimmich spielte einen exakten Flugball auf Lukas Klostermann, der alleine auf das Gästetor zulief. Seinen Schuss aus Nahdistanz parierte Holland-Keeper Jasper Cillessen, doch der Nachschuss von Gnabry, den Löw kürzlich zum Der-spielt-immer-Gnabry ernannt hatte, saß (9.).

Erstmals ertönte in bei einem Länderspiel das neue deutsche Torlied aus den Lautsprechern. Das „Schwarz und Weiß“ von Oliver Pocher hat ja ausgedient, und so wummerte der gewöhnungsbedürftige Dancefloor-Stampfer von Kernkraft 400 durchs Stadion.

Voller Tatendrang präsentierte sich auch Löw wieder, der aufgrund seines Hantelunfalls, einhergehend mit einer Arterienquetschung, die vergangenen beiden Spiele seines Teams gegen Weißrussland und Estland verpasst hatte. Er ließ sich häufiger blicken in der Coachingzone, weil die Holländer immer mehr das Kommando übernahmen. Doch die deutsche Defensive ließ gegen die wuchtigen Offenspieler der Gäste zunächst nicht viel zu.

Die Niederländer spielten in etwa den dominanten, etwas einfallslosen Ballbesitzfußball, den die Deutschen nach der Debakel-WM als überholt in die Mottenkiste gelegt hatten Die DFB-Elf ihrerseits setzte auf schnelles Umschalten. Und hatte fast Erfolg damit, doch Marco Reus, perfekt bedient von Real-Star Toni Kroos, scheiterte aus acht Metern an Cillessen (42.). Auch kurz zuvor war viel Bewegung auf dem Platz. Kimmich ging seinen Gegenspieler zu hart an, worauf sich ein ansehnliches Grüppchen wild diskutierender Männer bildete. Am Ende sahen der Münchner und Memphis Depay Gelb.

Löw setzte nach dem Wechsel weiterhin seine emsige Arbeitsgemeinschaft. Und die hielt sich an ihr erprobtes Vorgehen, versuchte ihr Glück über rasante Konter. Immer wieder konnten die Gäste in letzter Sekunde, teils auf der Linie klären. Vor allem wenn sich Niko Schulz über links in den Angriff einschaltete. Es fehlte nicht viel, und die Führung wäre höher ausgefallen. So aber kamen die Gäste um „Europas Fußballer des Jahres, Abwehrrecke Virgil van Dijk, zu Gelegenheiten. Hielt Neuer zunächst stark gegen Georginio Wijnaldum (56.), nutzte Frenkie de Jong ein Missverständnis zwischen Klostermann und Tah zum Ausgleich (59.). Die Unsicherheiten in der deutschen Abwehr häuften sich. Nach einer Ecke köpfte van Dijk, Neuer hielt. Doch im Clinch mit Depay drückte der Leverkusener Tah den Ball über die eigene Linie (66.).

Die Deutschen mussten reagieren. Und sie taten es, immer auf die Gefahr hin, in einen Konter zu laufen. Aber sie hatten auch Glück. Nach einem unglücklichen Handspiel im Strafraum von Matthijs de Ligt gab der portugiesische Schiedsrichter Hugo Filipe Ferreira Elfmeter – Kroos zeigte keine Nerven und traf zum 2:2 (73.).

Die Gäste schüttelten sich nur kurz, erhöhten das Tempo und brachten die DFB-Elf in arge Verlegenheit. Der eingewechselte Donyell Malen (79.) nutzte einer der Chancen. Die Heimelf machte auf und lief in Konter – Wijnaldum machte den Deckel drauf. (90.+2).

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