HSV zittert sich zum Klassenverbleib - 1:1 in Fürth

Fürth · Sie lagen sich in den Armen, tanzten und feierten, als hätten sie eben gerade einen großen Titel gewonnen. Dabei hatten die Spieler und Verantwortlichen des Hamburger SV nur gerade eben den erstmaligen Absturz in die Fußball-Zweitklassigkeit verhindert.

 Pierre-Michel Lasogga feiert nach dem Spiel mit den mitgereisten HSV-Fans. Foto: Daniel Karmann

Pierre-Michel Lasogga feiert nach dem Spiel mit den mitgereisten HSV-Fans. Foto: Daniel Karmann

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Nach dem dramatischen 1:1 (1:0) im Relegations-Rückspiel beim Zweitliga-Dritten SpVgg Greuther Fürth und dem torlosen Remis im Hinspiel bleiben die Hanseaten auch im 52. Bundesliga-Jahr erstklassig. Der monatelange Existenzkampf in der schlechtesten Saison der Vereinsgeschichte hatte jedoch seine Spuren hinterlassen. "Wir haben das Glück aufgebraucht. Davon können wir in der nächsten Saison nichts mehr benutzen", meinte HSV-Trainer Mirko Slomka, nachdem der erste Rausch vorbeigezogen war. Er spüre "ganz, ganz viel" Demut. "Das war meine härteste Zeit als Trainer", sagte er beim TV-Sender sky über die vergangenen Wochen. "Die letzten Minuten waren Stress pur", meinte Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow.

Abwehrchef Heiko Westermann fühlte nur noch Leere. "Ich bin ganz weit weg, auf einem anderen Planeten. Wir haben riesiges Glück gehabt", sagte er in der ARD und dankte den Fans. 2000 von ihnen - darunter Bürgermeister Olaf Scholz ("Das war nichts für schwache Nerven") - waren nach Fürth mitgereist, 20 000 Anhänger fieberten in der heimischen Arena 600 Kilometer entfernt mit, dass die Bundesliga-Uhr im Stadion weiterlaufen kann. "Die Fans haben das verdient, dass wir drinbleiben", meinte Westermann.

Viel Freude bereiteten ihre Lieblinge den HSV-Anhängern auch im Rückspiel nicht. Nach der Nullnummer in der ersten Partie drei Tage zuvor blieb der HSV nur aufgrund des Auswärtstores in der Beletage. Damit sind die Hamburger weiterhin der einzige Club, der seit der Einführung der Bundesliga 1963 ununterbrochen erstklassig ist.

Die Hertha-Leihgabe Pierre-Michel Lasogga sicherte sich mit seinem Treffer in der 14. Minute einen Eintrag im HSV-Geschichtsbuch. Doch provozierte der Torjäger nach dem Schlusspfiff mit seinem Jubel die Fürther ("Ich bin jetzt noch voller Adrenalin"). Außer ihm wurde auch Torwart und René-Adler-Ersatz Jaroslav Drobny mit zahlreichen Paraden in der spannenden Schlussphase zum Helden. "Er ist ein richtig toller Typ. Er war sensationell gut", lobte Slomka.

Nur Stephan Fürstner (59.) konnte Drobny überwinden. Doch das reichte den Fürthern nicht. Sie verpassten trotz zweier Duelle auf Augenhöhe ihren zweiten Bundesliga-Aufstieg nach 2012, spielen kommende Saison weiter in der 2. Liga und treffen dann auch auf den Lokalrivalen und Erstliga-Absteiger 1. FC Nürnberg. "Das tut unheimlich weh. Für die Mannschaft tut es mir leid. Sie hat sich nicht belohnt. Wir haben eine tolle Saison gespielt", meinte Trainer Frank Kramer.

17 500 Zuschauer sahen in der ausverkauften Trolli Arena einen nervösen Beginn von beiden Teams. Nach knapp einer Viertelstunde hatten die Gäste die erste große Möglichkeit. Erst traf Hakan Calhanoglu aus 20 Metern nur den Pfosten, im Nachsetzen scheiterte Marcell Jansen am Ex-HSV-Keeper Wolfgang Hesl. Nach dem anschließenden Eckball durch Rafael van der Vaart war Fürths Kapitän aber gegen den Kopfball von Lasogga machtlos.

In der 28. Minute dann ein Schreckmoment für den HSV: Nach einem Kopfballduell mit Fürths Ilir Azemi blieb Verteidiger Johan Djourou liegen. Der Hamburger musste ins Krankenhaus gebracht werden. Dort wurde eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt.

Nach dem Wechsel kämpften sich die Gastgeber mehr und mehr in die Partie. Noch einmal sorgte Lasogga (52.) mit einem Kopfball aus kurzer Entfernung für große Gefahr, erneut war Hesl zur Stelle. Danach spielte nur noch die SpVgg. Mit ihrer ersten Gelegenheit in Halbzeit zwei schafften die Fürther den Ausgleich.

Für den HSV und seine Fans begann das große Zittern. In den letzten zehn Minuten standen die Gäste nur noch im und am eigenen Strafraum. Drobny hielt das Remis und den Klassenverbleib fest.

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