Schwere Zeit für den Bundestrainer Joachim Löw und die Klimmzüge am Brotkasten

Meinung | Köln · Joachim Löw hat es derzeit nicht leicht. Das Coronavirus sorgt für Stress und einen gedrängten Terminkalender, seine Mannschaft liefert keine Ergebnisse. Für Löw ein schwerer Spagat, meint unser Autor.

 Schwere Zeiten erlebt Joachim Löw (l.) aktuell als Bundestrainer.

Schwere Zeiten erlebt Joachim Löw (l.) aktuell als Bundestrainer.

Foto: AP/Martin Meissner

Man möchte sich das nicht unbedingt vorstellen müssen, wie der frühere Fußballer Joachim Löw einen Spagat versucht. Aber man könnte es ja mal. Ohnehin lebt auch der Bundestrainer gerade in Zeiten, in denen der Konjunktiv Hochkonjunktur hat. Gerade für ihn selbst. Was hätten wir nicht alle eine tolle Zeit, ohne dieses zermürbende Virus?, könnte er fragen. Er könnte aber auch sagen: Wir hätten viel mehr Zeit uns einzuspielen. Oder: Wir hätten ohne die lange Pause sicher schon einen Sieg auf der Habenseite. Aber auch: Wir hätten keinen so arg gedrängten Terminkalender, der den Spielern die Energie entzieht, ehe die Saison erst richtig angefangen hat.

Löw, das betont er gerne, muss den Spagat schaffen zwischen einer schwierigen Belastungssteuerung der permanent geforderten Nationalspieler auf der einen sowie den eigenen Ansprüche und – auch nicht unerheblich – denen des Fußballvolks auf der anderen Seite. Das Interesse und die Akzeptanz für die Nationalmannschaft droht immer tiefer zu sinken. Das ist auch die Folge einer bizarren Vermarktung über die Grenzen des Zumutbaren hinaus. Zudem sind es sportliche Gründe, die die Lust und Laune auf das DFB-Team derzeit vermiesen.

Löw befindet sich in einer Zwickmühle

Nach der gruseligen WM 2018 fand die DFB-Elf ja lange nicht in Tritt, und als sich mit der jungen Mannschaft eine wirkliche Perspektive offenbarte, kam die Pandemie als Spielverderber dazwischen. Jetzt ist Löw kein Trainer für den sportlichen Alltag, er ist ein Projektleiter, der das Große und Ganze im Sinn hat, um auf die großen Turniere, sprich: Ziele, hinzuführen. Dass er den Ergebnisse in Nations League und Testspielen neulich die absolute Relevanz abgesprochen hat, dürfte nicht nur den DFB-Oberen gegen den Strich gegangen sein. Nein, die Annahme ist schlicht falsch. Denn auch ein Bundestrainer muss mit seiner Mannschaft, zumal nach vielen negativen Erlebnissen, vor allem eines: liefern. Resultate.

Es ist eben eine Krux, die Löw wohl noch länger begleiten wird. Um aus dieser Zwickmühle herauszukommen, helfen auch Löw nur Erfolge weiter. Und das alles verbunden mit der schwierigen Aufgabe, Fußball als Begleitmedium wieder zu einem Leitmedium formen zu müssen. Die vermeintliche DFB-Steueraffäre ist da natürlich nicht förderlich. Gerade scheint es, als mache Löw keinen Spagat, sondern Klimmzüge am Brotkasten.

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