Quittung für 2018 Löw bei Auslosung für EM-Quali im "Schlamassel"

Dublin · Deutschland gehört nicht mehr zur Fußball-Elite Europas. Bei der Auslosung zur Qualifikation für die EM 2020 findet sich Joachim Löw nur noch im Kreise von Wales und Österreich wieder. Der Bundestrainer muss 2019 den Spagat aus Neuanfang und Quali-Erfolg schaffen.

 Bundestrainer Joachim Löw könnte in der Ausscheidungsrunde für die EM 2020 mit dem DFB-Team einen starken Gegner zugelost bekommen.

Bundestrainer Joachim Löw könnte in der Ausscheidungsrunde für die EM 2020 mit dem DFB-Team einen starken Gegner zugelost bekommen.

Foto:  Marius Becker

Auf seiner letzten Dienstreise im total verkorksten WM-Jahr bekommt Joachim Löw den Absturz 2018 schonungslos vor Augen geführt.

Der entthronte Weltmeister und Nations-League-Absteiger befindet sich bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die EM 2020 nur noch in Europas zweiter Fußball-Klasse - gemeinsam mit Mannschaften wie Österreich, Wales oder Tschechien. In den Kreis der kontinentalen Größen wie Weltmeister Frankreich, Ex-Champion Spanien oder den erstarkten Teams aus England und Holland hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft keinen Zutritt mehr.

"Wir müssen aus dem enttäuschenden Jahr die richtigen Lehren ziehen, für das nächste Jahr und das Turnier 2020", forderte der Bundestrainer. In einer Mischung aus Trotz und neuer Kampflust merkte Löw an: "Natürlich hätten wir uns für die Auslosung eine andere Konstellation gewünscht, aber wir stellen uns der Situation und nehmen sie an." Für Nationalspieler Marco Reus gibt es vor der Zeremonie im Convention Center von Dublin am Sonntag (12.00 Uhr) auch keinen Grund zu jammern. "Wir sind selber schuld, dass wir in diesen Schlamassel reingeraten sind", sagte der BVB-Profi.

Der "Schlamassel" bedeutet, dass der dreifache Europameister auf dem Weg zur Endrunde 2020 auf jeden Fall einen namhaften Gegner aus den Top Ten zugelost bekommt. Für Kapitän Manuel Neuer ist das beim Neuaufbau der DFB-Elf nicht unbedingt ein Nachteil. "Wir mögen es ja eigentlich gegen solche Mannschaften zu spielen. Grundsätzlich wollen wir uns immer mit den Besten messen. Ich mag es gegen gute Mannschaften zu spielen", sagte der Schlussmann.

Eine leicht zu verstehende Komponente in dem sonst verwirrend anmutenden Qualifikationsmodus kommt Deutschland zu Gute. Neben den zehn Gruppensiegern lösen auch alle zehn Gruppenzweiten das Ticket für die Endrunde vom 12. Juni bis 12. Juli 2020 in zwölf Gastgeber-Ländern. Einen Ausrutscher kann sich die Löw-Auswahl in der Ausscheidungsrunde von März bis November 2019 also sogar leisten.

Löw machte auch schon klar, dass er weiter auf Erkenntnisse setzen will - nun aber die Ergebnisse im Blick behalten muss. "Die beiden übergeordneten Ziele für das Jahr 2019 sind klar: einerseits junge Spieler an die Nationalmannschaft heranzuführen und ihnen mehr Verantwortung zu geben", betonte der Bundestrainer. "Gleichzeitig wissen wir, dass wir die Ergebnisse brauchen, um uns direkt für die EM 2020 zu qualifizieren", sagte Löw.

Für den 58-Jährigen ist die Einordnung in den zweitbesten Lostopf auch kein Neuland. Auch auf dem Weg zur EM 2008 war Deutschland nach dem miserablen EM-Abschneiden 2004 für die Quali nicht topgesetzt. Damals hatte die DFB-Auswahl noch mit dem Klinsmann-Assistenten Löw Losglück und zog Tschechien als schwersten Quali-Gegner. Zum Chef aufgestiegen schaffte Löw dann die Qualifikation für sein erstes Turnier als Bundestrainer problemlos.

Auch diesmal wäre trotz der B-Einstufung ein leichtes Los möglich: Zum Beispiel mit einer Gruppe mit der Schweiz, Finnland, Zypern und Gibraltar oder Polen, Nordirland, Estland, Armenien und San Marino. Eine kniffligere Variante wäre eine Gruppe mit Frankreich oder Belgien als Gruppenkopf und der Türkei, Serbien oder Irland als unbequemen Kontrahenten aus Topf 3. Gegen die Iren gab es auf dem Weg zur EM 2016 für den damals amtierenden Weltmeister eine Niederlage. Neuer merkte lapidar an: "Wir nehmen alles an, so wie es kommt."

Löw rechnet nach den vielen Enttäuschungen in diesem Jahr nicht mit einer Rückkehr nach oben ohne Rückschläge. "Wir wollen der Mannschaft sukzessive ein anderes Gesicht geben. Das ist ein Prozess, bei dem wir auch Geduld brauchen und gerade den jungen Spielern auch Zeit geben müssen zu reifen", sagte der 58-Jährige.

Geht in der Quali-Runde für Neuer und Co. alles schief, bliebe womöglich noch der Umweg über die Playoffs, in denen im März 2020 vier Last-Minute-Tickets vergeben werden. Die DFB-Elf wäre an dieser Runde nur spielberechtigt, wenn sich mindestens sieben in der Nations League besser platzierte Teams das Direkt-Ticket geholt haben. Für Reus ist dieses Umwegs-Szenario nicht vorstellbar. "Wir sind immer noch Deutschland", sagte er.

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