Kommentar Lucien Favre - Kein Mann für Krisen

MÖNCHENGLADBACH · Nach der Niederlage in Köln kam unter Journalisten, die sich bei Borussia Mönchengladbach gut auskennen, erstmals die These auf, dass ein Rücktritt von Lucien Favre möglich ist. Nur 24 Stunden später war es soweit. So schnell hatte natürlich niemand mit dem Rückzug gerechnet.

So früh aufzugeben, hat nichts mit sportlichem Kampfgeist zu tun. Im Gegenteil, der Schritt wirkt wie ein Verrat an dem Club, der ihn viereinhalb Jahre gut bezahlte, und auch wie ein Verrat an der Mannschaft, die Favre 2011 vor dem Abstieg bewahrte und bis zum Mai 2015 zu einem Klasseteam formte.

Doch sportlicher Erfolg ist vergänglich, so krass wie jetzt in Gladbach tritt dies aber selten zutage. Nach langen 30 Jahren war der Club als glänzender Bundesliga-Dritter zurückgekehrt in die Elite Europas. Die Euphorie war groß. Doch in der neuen Saison folgten bekanntlich sechs Niederlagen hintereinander, fünf in der Bundesliga und eine in der Champions League. Die Krise der Borussia ist im Weltmeister-Land zu einem großen Thema geworden.

Mannschaft bekam kein Gerüst

Fest steht, dass Gladbach mit dem Weggang von Christoph Kramer und Max Kruse sowie dem erneuten Verletzungsausfall von Martin Stranzl die extrem wichtige Achse des Teams wegbrach. Aber Favre rotierte auch sehr viel, was er immer schon gern machte. Zum Auftakt ging er das Risiko mit einer Buben-Innenverteidigung ein. Dann wechselte er weiter. Ein Gerüst bekam die Mannschaft so nicht. Die Kritik daran, die sicherlich auch innerhalb des Clubs aufkam, hörte er nicht gern.

Ein wichtiger Aspekt für den Rücktritt ist: Lucien Favre ist ein Schöngeist und manchmal äußerst empfindlich. Der französischsprachige Schweizer gilt auch in seiner Heimat als ein sehr eigener Vertreter seines Fachs, der dem Guten, dem Wahren, dem Schönen zugeneigt ist, was der Fußball eben nicht immer ist.

Bei seiner vorletzten Station bei Hertha BSC war nach einem Höhenflug auch sehr plötzlich Schluss - nach dem 6. Spieltag schon. Eins steht seit gestern fest: Für Krisen nach einer langen Schönwetterphase ist Herr Favre nicht geeignet.

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