Bayer Leverkusen Schade wird Nachfolger von Holzhäuser als Geschäftsführer

Leverkusen · Der Zeitpunkt der Nachricht war überraschender als ihr Inhalt: Wolfgang Holzhäuser, seit neun Jahren alleiniger Chef des Fußball-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen, wird sich bereits am 30. September von der Führungsposition in den Ruhestand zurückzuziehen. "Man soll bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist", sagte der 63-Jährige, dessen Vertrag eigentlich bis zum 30. Juni 2014 lief.

Der gebürtige Wiesbadener, der 1998 in den Verein kam und sechs Jahre lang die Leitung des Bayer-Fußballs gemeinsam mit Reiner Calmund ausübte, hatte schon vor Monaten angedeutet, dass er nur noch sein letztes Vertragsjahr erfüllen wolle. Gestern kam die Meldung zur Ablösung des hoch kompetenten, aber auch streitbaren Hessen völlig unerwartet.

Im Konzern und auch bei der Bayer Fußball AG, der 100-Prozent-Tochter des Pharma- und Chemieunternehmens Bayer, wurden gestern Vermutungen, Konflikte hätten den Ausschlag für den Schritt gegeben, als haltlos zurückgewiesen.

"Bayer 04 steht glänzend für die Zukunft da. In der zu Ende gehenden Saison haben wir unsere sportlichen Ziele mehr als erfüllt. Das ist ein idealer Zeitpunkt, um aufzuhören und sich aus der operativen Arbeit nach 15 Jahren zurückzuziehen", erklärte Holzhäuser laut Pressemeldung des Clubs. Kommunikationsdirektor Meinolf Sprink wählte ähnliche Worte und gleichlautende Argumente.

Holzhäusers Nachfolger wird Michael Schade. Der 60-Jährige ist ein Nobody im Profi-Fußball, aber nicht im Bayer-Konzern, für den der frühere Journalist seit 1980 tätig ist. Aktuell verantwortet er die weltweite Kommunikation des DAX-Unternehmens. Am 1. Juli wechselt er vom Mutter-Konzern zur Fußball-Tochter.

Dass kein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen Holzhäuser und der Bayer AG besteht, zeigt die Tatsache, dass der Noch-Boss am 1. Oktober in den Gesellschafterausschuss wechselt, der eine Aufsichtsfunktion ausübt. Dessen Vorsitzender Werner Wenning würdigte Holzhäusers Verdienste.

In Frankfurt bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ist Holzhäuser ebenso geachtet wie gefürchtet - als Experte für die wirtschaftlichen, juristischen und verbandsrechtlichen Grundlagen des Profifußballs. Kaum jemand kann dem früheren Ligasekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der das Lizenzierungssystem der Bundesliga weitgehend entwickelt hat, das Wasser reichen. Da er ein eigener Kopf ist, wurde er in der DFL, im DFB oder in den Chefetagen konkurrierender Vereine stets auch als Quertreiber empfunden.

2007, nach dem überraschenden Tod von Werner Hackmann, stand Holzhäuser kurz davor, zum DFL-Präsidenten gewählt zu werden. Aber bei der Wahl in Berlin rief ihm der damalige Kölner Manager Michael Meier im Auftrag vieler Kollegen zu, Holzhäuser solle bitte davon absehen. Der eloquente Reinhard Rauball übernahm den Spitzenjob.

In Leverkusen hat Holzhäuser mit Erfolg gearbeitet. Bayer holte ihn als Experten vom DFB, um den Verein in die erste Kapitalgesellschaft der Bundesliga zu verwandeln - lange bevor Dortmund an die Börse ging und lange bevor die Bayern nachzogen. Die Bayer Fußball GmbH ist ein schlanker Verein, ohne Präsident und ohne Vorstandsvorsitzenden wie in München. Holzhäuser ist mit dem dürren Titel "Geschäftsführer" in Wahrheit ein Big Boss mit wenigen Mitarbeitern in der Führungsebene wie Rudi Völler, Michael Reschke und seinem Assistenten Simon Pallmann.

Die Mammutaufgabe, das Stadion von 2007 bis 2009 komplett zu sanieren und zu erweitern, gehört zu Holzhäusers Leistungen. Ansonsten musste der Bayer-Fußball unter seiner Regie abspecken. "Vizemeister kann man auch mit weniger Geld werden." Das war einer seiner markanten Sätze, nachdem der Klub in den letzten Calmund-Jahren pro Saison fast 50 Millionen Euro Zuschuss vom Konzern benötigte.

Zerstreut wie ein emeritierter Professor wirkte der Workaholic an manchen Tagen. Er ist ein News-Junkie, der sich mit totaler Handy-Fixierung nahe am Therapie-Bedarf bewegt, aber die aktuellsten Entwicklungen kennt, wenn er sie nicht selbst vorgibt. "Ach, der Holzi", entfuhr es manchen Mitarbeiter, wenn der Chef wieder eine fixe Idee hatte. Aber er agierte untypisch für einen Chef, unkompliziert, hemdsärmelig, dabei warmherzig und interessiert an vielen Dingen.

Als seine Frau schwer erkrankte, trat er auch bei der Arbeit kürzer, um sich aufopferungsvoll um sie zu kümmern. Demnächst hat der Freund der Jazzmusik und edler Rotweine mehr Zeit für Privates.

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