Liga-Kolumne zum 11. Bundesliga-Spieltag Sollte der Videobeweis wieder abgeschafft werden?

BONN · Der zu Saisonbeginn eingeführte Videobeweis stand am 11. Spieltag der Fußball-Bundesliga einmal mehr im Mittelpunkt der Diskussionen. Jetzt werden auch Stimmen über die Abschaffung der technischen Hilfe laut. Wie sehen Sie das? Stimmen Sie im Artikel ab!

Der in der Bundesliga neu eingeführte Videobeweis steht in der Kritik.

Foto: dpa

Eigentlich hatte Dieter Hecking so gar keine Lust, schon wieder über das leidige Thema Videobeweis zu sprechen. „Das macht mir überhaupt keinen Spaß“, knödelte Gladbachs Chefcoach nach dem 1:1 gegen Mainz missmutig. Aber weil im Kuriositätenkabinett Borussia-Park Tag der offenen Tür gewesen war, öffnete der 53-Jährige dann doch sein Trainerherz. Und zwar sperrangelweit. Wie eine Woche zuvor in Leverkusen war wieder ein Tor (diesmal von FSV-Spieler Öztunali) auf Zuruf des Video-Assistenten einkassiert worden. Wieder mal war der Aufpasser in Köln in einer anderen umstrittenen Szene (Stindl-Foul im Strafraum an FSV-Akteur Gbamin) stumm geblieben. Und einmal mehr debattierten nachher alle zusammen diese Szenen wie die Kesselflicker.

Heckings Prognose

Am lautesten schimpfte dabei der Mann, der eigentlich schweigen wollte. „Klar – was da im Stadion passiert, fühlt sich nicht gut an“, kritisierte Dieter Hecking das ewige Hin und Her nach Öztunalis vermeintlichem Treffer, mit plötzlicher Verve legte er sich aber trotzdem für das Pilotprojekt ins Zeug. „Wir haben vor der Saison gesagt, das ist ein Test. Der Videobeweis wäre gut für den Fußball. Aber wir tun alles dafür, dass er null Chancen hat. Alle“, zeterte der 53-Jährige, ehe er schloss: „Deshalb wage ich auch die Prognose, dass der Videobeweis in der Winterpause eingestampft wird.“

Was Hecking übersieht: Die annullierten Treffer in der BayArena und im Borussia-Park kratzen – was beim Start des Testballons wohl keiner bedacht hatte – mittlerweile am Wesen des Fußballs. „Die Zuschauer wissen ja gar nicht mehr: Sollen wir bei einem Tor jubeln – oder lieber nicht. Wir haben da inzwischen ein Problem, richtig Emotionen zeigen zu können“, merkte der Mainzer Trainer Sandro Schwarz klug an.

Winkmanns Rückzieher

Währenddessen ging der Ärger über die Unparteiischen auch andernorts weiter. In Hamburg, wo Aufsteiger Stuttgart früh dezimiert wurde – wegen einer Ampelkarte gegen Dzenis Burnic, die Referee Guido Winkmann nach Spielschluss selbst als „nicht richtig“ einordnete. Oder in Augsburg, wo Pfeifenmann Christian Dingert – ohne Rücksprache mit dem Video-Assistenten – bei einem Handspiel des Leverkuseners Panagiotis Retsos nach Ansicht vieler Augsburger auf den Elfmeterpunkt zeigte. Nach eigener Aussage aber Abstoß meinte – und auch so entschied.

Für Stefan Reuter war das Fass mit dieser missverständlichen Geste übergelaufen, der FCA-Manager fordert nun einen runden Tisch und für das Videozentrum in Köln internationale Schiedsrichter. „Es ist ja ganz offensichtlich, dass nahezu alle mit der Situation unzufrieden sind“, wirbt Reuter für einen konzertierten Vorstoß gegen die vielen verqueren Entscheidungen der letzten Wochen.

Streichs Schmerzen

Einen Knick im Visier hatte auch Freiburgs Janik Haberer – bei seiner Grätsche in die Beine des eigenen Trainers, gleich zu Beginn der Partie gegen Schalke. Ein ungewollter Wirkungstreffer gegen Christian Streich, der sich in der ersten Halbzeit immer wieder an den schmerzhaften rechten Oberarm fasste. „Meine Schulter ist uninteressant“, winkte der Übungsleiter der Breisgauer allerdings ab. Begründung für seinen Großmut: „Ich kick‘ ja nicht mit.“

Zentners Luftloch

Das unangefochtene Unterhaltungshighlight des Nachmittags gab es aber beim Spiel Mönchengladbach gegen Mainz zu bestaunen. Mit Gästetorwart Robin Zentner in der Hauptrolle. Der 23-Jährige wollte den Ball, wie tausendfach zuvor in seiner Karriere, zu einem Kollegen passen, übersah aber, dass er das Spielgerät zuvor versehentlich Richtung eigenes Tor befördert hatte. Den letzten prüfenden Blick auf den Boden ersparte er sich – und schlug so ein hochgradig amüsantes Luftloch. Die Slapstick-Aktion, über die der Ballfänger selbst am meisten erschrak, ist gebucht für alle Jahresrückblicke. „Ich fürchte, das wird ein Youtube-Hit“, schwant Zentner, der seinen spektakulären Fehltritt so erläuterte: „Ich hab‘ etwas Weißes im Hintergrund gesehen und dachte, das ist der Ball. Aber es war der Elfmeterpunkt.“

Immerhin: Der Fauxpas blieb folgenlos, entsprechend feixten die sich hinter dem Mainzer Tor warm laufenden Ersatzspieler mit dem vorübergehend verwirrten Keeper. Dazu versicherte ihm Außenverteidiger Daniel Brosinski: „Auf der Rückfahrt wird er sich ein paar Sprüche anhören müssen. Und bei der Videoanalyse kriegt er die Szene noch ein paar Mal vorgespielt.“