Sportrechtevermarkter im Interview „TV-Rechte sind und bleiben wertvoll“

Bonn · Der Sportrechtevermarkter Kay Dammholz hält die Bundesliga-Fortsetzung für einen großen Vorteil. Die Umsätze der DFL werden dennoch zunächst zurückgehen.

 Die Geisterspiele der Bundesliga wird am Wochenende ein Millionen-Publikum weltweit sehen.

Die Geisterspiele der Bundesliga wird am Wochenende ein Millionen-Publikum weltweit sehen.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Am Samstag startet die Fußball-Bundesliga als weltweit erste Top-Liga in ihre Restsaison nach der Corona-Unterbrechung. Auf der ganzen Welt werden Millionen von Zuschauern am Fernseher die Spiele verfolgen. Für die Bundesliga auch eine einmalige Chance, sich international zu präsentieren. Kay Dammholz hat jahrelang für die Deutsche Fußball Liga (DFL) die internationalen TV-Rechte der Bundesliga vermarktet und war Deutschland-Chef des Sport-Streamingdienstes Dazn. Mit ihm sprach Tobias Schild über den Wert der TV-Rechte, Notfallprodukte und die DFL als Vorbild.

Herr Dammholz, durch die Corona-Krise ist der internationale Sport zum Erliegen gekommen. Wie hart wirkt sich das auf die künftige Entwicklung der TV-Vermarktung, gerade der Fußball-Bundesliga, aus?

Kay Dammholz: Das lässt sich erst beantworten, wenn die Krise vorbei ist. Aktuell können wir von einem Frontal-Crash sprechen. Die Frage ist, wann es wieder weitergeht – und zwar so wie vor der Krise, mit vollen Stadien und all den Emotionen. Wenn das sehr lange dauert, kann es einen nachhaltigen Schaden geben, weil sich die nationalen und internationalen Interessenten an den TV-Rechten vielleicht vom Sport und der Bundesliga abwenden. Wenn diese Phase ohne Spiele oder nur mit Geisterspielen überschaubar bleibt und etwas weniger als ein Jahr dauert, wird sich das System aber wieder vollständig erholen.

Eigentlich wollte die DFL im Mai die Medienrechte für Deutschland für die Spielzeiten 2021/22 bis 2024/25 vergeben. Der Termin wurde erst einmal auf Juni verschoben. Ist das Erfolg versprechend?

Dammholz: Mich verwundert dieser frühe Termin. Aktuell liegt nur ein Notfallprodukt vor, das, selbst wenn ab Samstag wirklich wieder gespielt wird, kaum positive Emotionen entfachen wird. Hinzu kommt, dass die Unternehmen, die die Rechte erstehen wollen, derzeit nicht wissen, wann es denn wieder Bundesliga so geben wird, wie wir sie kennen. Sie gehen mit dem Kauf ein großes wirtschaftliches Risiko ein. Daher hätte ich erwartet, dass die Ausschreibung in den Herbst oder Winter verschoben wird – wenn das Ende der Krise hoffentlich erreicht oder zumindest absehbar ist und eine Aufbruch-
stimmung herrscht.

Die aktuellen Rechte-Verträge laufen noch bis Juni 2021. Wäre eine weitere Verschiebung der Ausschreibung überhaupt möglich?

Dammholz: Die DFL ist nicht dazu verpflichtet, die Rechte jetzt zu vergeben. Sie kann noch warten. Auch könnte sie unter gewissen Umständen jetzt nur eine Saison vergeben, um dann im kommenden Jahr neu auszuschreiben. Es gibt aber auch Argumente, das jetzt schnell durchzuziehen. Die Vereine erhalten Planungssicherheit. Und bei den Sendern herrscht noch eine positive Grundstimmung bezüglich der Bundesliga. Das könnte sich ändern, wenn die Krise allzu lange anhält.

In der Vergangenheit konnte die DFL die TV-Einnahmen in jedem neuen Vertragszeitraum deutlich steigern. Wie wird es diesmal sein?

Dammholz: Das ist jetzt rein spekulativ. Aber tendenziell dürfte es bei einer zeitnahen Vergabe eher weniger werden. Den TV-Sendern geht es aktuell schlecht, es gibt keinen Live-Sport und der Werbemarkt ist deutlich eingebrochen. Pay-Anbieter wie Sky und Dazn haben schwer zu knabbern, weil viele Kunden ihre Abos kündigen oder nicht verlängern. Einzig Amazon könnte einen dicken Scheck ausstellen und sich theoretisch sogar die kompletten Rechte-Pakete leisten. Doch auch sie dürften vorsichtig agieren. In diesen ungewissen Zeiten Vollgas zu geben, erscheint unternehmerisch nicht sinnvoll.

In England gibt es Befürchtungen, dass die Clubs den TV-Sendern sogar viel Geld zurückzahlen müssen, weil das Produkt Premier League selbst bei einer eventuellen Fortführung mit Geisterspielen anders wäre als in den Verträgen ausgemacht. Kann das auch in Deutschland passieren?

Dammholz: Mir ist kein Passus in den DFL-Verträgen bekannt, der den TV-Sendern unbedingt Zuschauer im Stadion garantiert. Aber natürlich ist das Produkt Bundesliga mit Geisterspielen ein anderes, auch wenn die Spieltage anders als im Spielplan gedacht über den 30. Juni hinaus stattfinden. Vielleicht ist auch das einer der Gründe, warum die DFL so viel Druck macht, die Saison bis zum 30. Juni abzuschließen, damit solche Diskussionen gar nicht erst aufkommen.

Die Bundesliga setzt am Samstag als erste große Fußballliga weltweit ihre Saison fort. Bringt ihr das Vorteile in Bezug auf den Verkauf der internationalen TV-Rechte?

Dammholz: Wenn die Bundesliga als erste Top-Liga wieder spielt und das auch über die nächsten Wochen so bleibt, ist das schon sehr positiv zu sehen – von der Businessseite, aber auch sportpolitisch. Die ganze Welt wird sagen: „die DFL hat das hingekriegt, die Deutschen schaffen so etwas. Solange die Welt nicht untergeht, wird in der Bundesliga gespielt.“ Alle Profiligen, auch die amerikanische NBA und NFL, schauen derzeit gebannt mit glänzenden Augen nach Deutschland und nehmen sich die DFL zum Vorbild. Wie lange dieser Vorteil aber anhalten wird, bleibt abzuwarten.

Warum?

Dammholz: Wenn das bei uns klappt, werden alle anderen großen Ligen schnell nachziehen. Ob die Bundesliga ihren Vorsprung kapitalisieren kann, hängt da vor allem vom Geschick der DFL-Manager ab. Allerdings laufen in diesem Sommer zahlreiche internationale TV-Verträge aus. Da hat die DFL jetzt ein gutes zusätzliches Verkaufsargument.

Aber als einzige Liga, die spielt, wird die Bundesliga doch ein riesiges internationales Interesse erwecken. Fans in aller Welt werden zuschauen. Kann sie dadurch der Premier League eventuell den Rang ablaufen?

Dammholz: Das kann ich mir nicht vorstellen – sofern es nicht zu einem jahrelangen Blackout der Premier League kommt. Die englische Liga ist in fast allen Bereichen unerreichbar, das sind Welten. Und die britische Regierung wird alle Hebel in Bewegung setzen, ihren Export-
schlager wieder ans Laufen zu kriegen. Es geht schließlich um Milliardenbeträge.

Wie werden sich denn die TV-Einnahmen der Bundesliga grundsätzlich auf längere Sicht entwickeln?

Dammholz: Wenn die Krise vorbei ist, werden die Preise wieder steigen, dann werden auf Dauer auch wieder höhere Umsätze generiert. Vorausgesetzt, die Krise dauert nicht zu lang. Aber Livesport funktioniert, die TV-Rechte sind und bleiben sehr wertvoll.

Die Clubs stehen in der Kritik, sie hätten sich zu sehr von den TV-Geldern abhängig gemacht. Besteht die Chance, dass sie sich künftig finanziell breiter aufstellen?

Dammholz: Durch Corona sind ja nicht nur die TV-Gelder weggebrochen. Sämtliche Einnahmequellen – TV-Rechte, Ticketing, Sponsoring bis hin zu Merchandising – sind versiegt. Es ist also keine reine Fernsehgelderkrise. Ich hoffe aber, dass sich die Vereine künftig wirtschaftlich anders aufstellen, etwa ein höheres Eigenkapital aufbauen, Rücklagen bilden, neue Geschäftsmodelle und Erlösquellen erschließen. Aber sie werden keine signifikante Zusatzquelle finden, die die TV-Gelder zu ersetzen vermag.

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