Unentschieden in Wolfsburg Vorne stark, hinten offen: 1899 punktet mit fünf Stürmern

Wolfsburg · Dieses Muster wiederholt sich seit Wochen: Vorne entfaltet 1899 Hoffenheim eine enorme Wucht, hinten patzt die Mannschaft aber auch verlässlich. In Wolfsburg reichte das für einen Punkt. Und auch in Manchester hat sich die TSG noch nicht aufgegeben.

 Die Hoffenheimer feiern die 1:0-Führung beim VfL Wolfsburg.

Die Hoffenheimer feiern die 1:0-Führung beim VfL Wolfsburg.

Foto: Peter Steffen

Der Mann für die klaren Ansagen heißt bei 1899 Hoffenheim Ermin Bicakcic. "Wir fahren nicht nach Manchester, um uns dort das Stadion anzusehen", sagte der Verteidiger und Eigentorschütze nach dem 2:2 (1:2) beim VfL Wolfsburg.

Bei Manchester City wird der Tabellensiebte der Fußball-Bundesliga am Mittwochabend sein letztes Champions-League-Spiel in dieser Saison bestreiten. Und aus Bicakcics Worten klingt deshalb so viel Trotz, weil seine Mannschaft im Etihad Stadium verdammt viel leisten muss, um selbst im Idealfall nur sehr wenig zu erreichen.

Hoffenheim muss gegen das Team von Pep Guardiola gewinnen und dazu noch hoffen, dass der ukrainische Meister Schachtjor Donezk zu Hause gegen Olympique Lyon verliert. Und selbst wenn das beides gleichzeitig eintreten sollte, dürfte die TSG nach der Winterpause nur noch in der Europa League weiterspielen, dem deutlich kleineren und weniger ertragreichen internationalen Wettbewerb.

Der Abend in Manchester wird also eine große Herausforderung für die in der Königsklasse bislang sieglosen Hoffenheimer. Aber das Spiel in Wolfsburg hat am Samstag noch einmal gezeigt: Bei dieser Mannschaft ist immer mit allem zu rechnen, im Guten wie im Schlechten. Hoffenheim begann stark, ließ dann stark nach, und stürmte in der zweiten Halbzeit mit gleich fünf Angreifern drauflos, um diesen Nachmittag wenigstens noch halbwegs zu retten.

"Wir hatten drei Verteidiger auf dem Platz, einen gelernten Außenstürmer, der mittlerweile Verteidiger spielt, und fünf Stürmer", sagte Trainer Julian Nagelsmann nach dem Spiel. "Viel offensiver ging es nicht mehr." Mit fünf Stürmern in Manchester anzutreten, wäre wahrscheinlich selbst diesem Trainer zu riskant. Aber auszuschließen ist bei Nagelsmann auch das nicht. "Viele Entscheidungen, die wir treffen, sind von Mut geprägt", sagte er. "Das hat heute gepasst, kann aber auch mal nach hinten losgehen."

In der bisherigen Champions-League-Saison hat sich genau das gezeigt. Hoffenheim hat dort in fünf Spielen fünfmal eine starke Leistung gezeigt - und ist trotzdem schon vor dem letzten Spieltag gescheitert. Nach vorne kann diese Mannschaft eine enorme Wucht entfalten. Dafür patzt sie hinten genauso verlässlich.

In Wolfsburg sah das am Samstag so aus: Schon in der vierten Minute ging Hoffenheim durch einen schönen Volleyschuss von Ishak Belfodil in Führung. Später dauerte es aber nur zwei Minuten, bis durch ein Eigentor von Bicakcic (29.) und ein Gegentor von Daniel Ginczek (31.) aus einer 1:0-Führung ein 1:2-Rückstand wurde.

Dieser vorübergehende Kontrollverlust machte den enormen Kraftakt der zweiten Halbzeit nötig, um durch den Ausgleich von Andrej Kramaric (71.) wenigstens noch einen Punkt mitzunehmen. Und dieses Muster wiederholt sich immer wieder, ob in der Bundesliga oder der Champions League. "Dieser aufregenden Mannschaft mit diesem erstaunlichen Trainer fehlt jene klinische Kälte in Abschluss und Verteidigung, die absolute Spitzenmannschaften auszeichnet", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" bereits im Oktober nach einem 3:3 gegen Lyon.

Das Erreichen der Europa League würde dieser Mannschaft vermutlich gut tun, um weitere Erfahrungen zu sammeln und zu reifen. Genauso sieht das auch Ermin Bicakcic. "Wir wollen uns nach dem Spiel in Manchester nicht nachsagen lassen können, dass wir nicht wenigstens alles probiert haben", meinte er.

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