Wüterich Klopp räumt Mitschuld ein: "Wirklich doof"

Neapel · Den zweiten Akt des Trauerspiels verfolgte Jürgen Klopp im Kabuff des Hausmeisters. Dort musste der brodelnde Dortmunder Trainer via TV mitansehen, wie sein Team beim 1:2 (0:1) in Neapel vergeblich auf den Ausgleich drängte.

 BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte sich beim Spiel gegen Neapel nicht unter Kontrolle. Foto: Ciro Fusco

BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte sich beim Spiel gegen Neapel nicht unter Kontrolle. Foto: Ciro Fusco

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Den Zufluchtsort in den Katakomben des maroden Stadions San Paolo hatte er mit Bedacht gewählt. So blieb dem nach 30 Spielminuten auf die Tribüne verbannten Wüterich die Häme vieler heimischer Sitznachbarn erspart. Erst kurz nach dem Schlusspfiff kehrte Klopp reumütig zurück ins Rampenlicht. "Ich mach' da draußen den Affen! Das war wirklich doof", kommentierte er seinen Ausraster.

Mit seinem Wutausbruch erwies der Coach seinem Team nach eigener Einschätzung einen Bärendienst: "An guten Tagen, wenn der Trainer seine Nerven im Griff hat, können wir was mitnehmen."

Weil Verteidiger Neven Subotic von einer Behandlung jenseits des Rasens auf Geheiß des Referees erst mit Verzögerung in die Partie zurückkehren durfte und die BVB-Abwehr deshalb beim 0:1 durch Gonzalo Higuaín (29.) noch nicht wieder vollends formiert war, hatte sich Klopp lautstark mit dem Vierten Offiziellen angelegt. "Ich habe mich direkt nach dem Spiel beim Vierten Offiziellen, beim Schiedsrichter und bei meiner Mannschaft entschuldigt. Die Emotionen, die ich herein gebracht habe, haben aus einem von uns nicht gut geführten Spiel ein hektisches gemacht."

Vor allem in den Minuten vor dem Pausenpfiff überschlugen sich die Ereignisse. Die Führung des Gegners, der Verweis des Trainers auf die Tribüne, die Auswechslung des verletzten Nationalspieler Mats Hummels und die Rote Karte für Torhüter Roman Weidenfeller (45.+1), dessen Handspiel außerhalb des Strafraums regelkonform geahndet wurde, brachten die Borussia mächtig ins Wanken. Nicht nur Mittelfeldspieler Nuri Sahin wähnte sich "im falschen Film".

Dass sich Weidenfeller-Ersatz Mitch Langerak bei einer Rettungstat in der zweiten Halbzeit auch noch zwei Schneidezähne abbrach, passte ins Bild von einem gebrauchten Abend. Nach dem 0:2 von Lorenzo Insigne (67.) schöpfte der BVB durch das späte Eigentor des Neapolitaners Juan Camilo Zúñiga (87.) zwar noch einmal Hoffnung, konnte aber den schmerzlichen Fehlstart nicht mehr abwenden. Zumindest dem Anschlusstreffer gewann BVB-Präsident Reinhard Rauball positive Seiten ab: "Wenn es am Ende der Gruppenphase eng wird, könnte das im direkten Vergleich mit Neapel eine Rolle spielen."

Zu allem Überfluss wird die Niederlage noch ein Nachspiel haben. Neben der Sperre für Torhüter Weidenfeller könnte die UEFA auch eine Strafe für Klopp aussprechen. BVB-Sportdirektor Michael Zorc hofft, dass Roman "mit einem Spiel davonkommt." Im Fall Klopp rechnet Zorc mit keinen Maßnahmen des Dachverbandes: "Ich glaube nicht, dass es da große Konsequenzen gibt. Es lag ja keine Beleidigung vor." Mit Klopps Entschuldigung sei "das Thema für uns erledigt und abgehakt", versicherte der Sportdirektor.

Dem Trainer sind diese Diskussionen vertraut. Auf nationaler Bühne hatte er für vergleichbare Vorkommnisse schon Geldstrafen von mehr als 40 000 Euro kassiert. Klopp: "Wenn ich jetzt sage, es passiert nicht mehr, denken die Leute vielleicht, ich habe einen Lattenschuss. Ich wollte es nicht mehr machen, habe es trotzdem gemacht."

Nach zuletzt fünf Bundesliga-Siegen gab es für den BVB den ersten Saison-Dämpfer. Bereits im zweiten Spiel der schweren Gruppe F am 1. Oktober gegen Marseille steht der Vorjahresfinalist unter Zugzwang. "Wir müssen jetzt eine Schippe drauflegen", empfahl Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, "und einfach wieder registrieren, dass in der Champions League ein anderer Fußball gespielt wird als das in der Bundesliga der Fall ist".

Klopp empfahl allen Beteiligten, die Niederlage in Neapel nicht überzubewerten: "Wir schenken jetzt nicht ab. Wir haben ein Auswärtsspiel verloren - mehr nicht." Die Botschaft des Trainers war ganz im Sinne von Sahin. Der türkische Nationalspieler sprach sich und seinen Mitstreitern schon vor dem Rückflug aus Neapel Mut zu: "Das Gute ist, dass wir noch fünf Spiele haben."

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