Bayer Leverkusen Heiko Herrlich will Trainer-Debatte ausblenden

Leverkusen · Bayer-Trainer Heiko Herrlich sieht sich selbst als Jäger, der Störfeuer der Medien im Zuge der Trainer-Debatte ausblendet. Auf Schalke steht das Duell der Enttäuschten bevor.

 Im Spiel beim FC Schalke 04 steht Coach Heiko Herrlich mit den Leverkusenern unter starkem Erfolgsdruck.

Im Spiel beim FC Schalke 04 steht Coach Heiko Herrlich mit den Leverkusenern unter starkem Erfolgsdruck.

Foto: dpa

Zu behaupten, Heiko Herrlich fühlt sich wie ein Neandertaler, wäre gemein und dreist. Aber der Cheftrainer von Bayer Leverkusen bemühte tatsächlich das Beispiel der Urzeitmenschen, als er auf der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel beim FC Schalke 04 auf seine Situation zu sprechen kam, dass er angeblich vor der Ablösung beim Werksclub stehe.

„Was macht der Neandertaler, wenn er morgens aus seiner Höhle zum Jagen geht? Er blendet alles aus, um erfolgreich zu sein. So ähnlich ist das auch für einen Trainer“, sagte der 47-Jährige. Am Morgen hatte auch er in Zeitungen der Region gelesen, dass sein Club mit Ex-Dortmund-Coach Peter Bosz und Marco Rose von RB Salzburg gesprochen habe. Er „stehe vor der Ablösung“, „in der Winterpause soll dem Vernehmen nach ein neuer Coach präsentiert werden“, hieß es in den Medien, obwohl der Clubkontakt zu den anderen Trainern angeblich schon sechs Wochen zurückliegt.

„Ich glaube, meine Befindlichkeit ist jetzt nicht so wichtig“, sagte Herrlich 30 Stunden vor dem Spiel am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) in Gelsenkirchen. „Der Druck ist da, ich empfinde ihn aber als erträglich“, erklärte er. „Den meisten Druck mache ich mir noch immer selber.“ Dann nahm er noch einmal Bezug zu seinem Neandertaler-Vergleich, auf dessen Idee er beim Studium einer Kölner Zeitung gekommen war. Der Autor, vornehmlich als Sportredakteur tätig, schreibt auch Kolumnen zu anderen Themen, die Herrlich, wie er verriet, immer mit großem Interesse liest. „Sie dürfen mich dennoch in die Pfanne hauen, wenn die Mannschaft nicht die Leistung bringt. Das ist vollkommen in Ordnung“, sagte Herrlich und richtete sich direkt an den Kölner Journalisten.

Auf Schalke, das die Partie dem Ende der Steinkohleförderung widmet, geht es für die Leverkusener gegen ein Team, das genauso enttäuschend agiert wie sie selber. „Die Rahmenbedingungen und die Erwartungshaltung von Schalke interessieren mich weniger. Wir schauen in der Vorbereitung auch nur auf ihre letzten Spiele“, meinte Herrlich: „Es geht für uns um drei Punkte.“ Die Königsblauen, deren Sondertrikots mit den Namen von 26 Ex-Zechen gekennzeichnet sind, haben drei Punkte weniger als Bayer auf dem Konto.

Nach der Vizemeisterschaft spielt Schalke in der Bundesliga wieder auf dem Niveau der Vor-Tedesco-Zeit, hat sich aber in der Champions League für das Achtelfinale (Manchester City) qualifiziert. Auch Coach Domenico Tedesco wird im Gelsenkirchener Umfeld zunehmend infrage gestellt, allerdings weniger heftig als Herrlich. Gegen den FC Augsburg kam Schalke am Samstag nur zu einem 1:1. Von den letzten fünf Ligaspielen wurde lediglich eins gewonnen. Die Fans sind sauer, denn in den 15 Spielen der Hinrunde gab es gerade einmal vier Siege, dafür aber drei Remis und acht Niederlagen.

Leverkusen hat den Frust vom 1:2 in Frankfurt noch nicht ganz verdaut. „Die harte, aggressive Spielweise haben alle überstanden“, sagte Herrlich. Und schränkte dann ein: Kapitän Lars Bender wird fast sicher ausfallen. Der Mittelfeldspieler hat muskuläre Probleme. Auch gegen Schalke kann es rabiat werden. Der Gegner hat 33 Gelbe Karten und zwei Rote Karten gesammelt. Der Schlüssel für Bayer und damit auch für Herrlich dürfte darin liegen, 90 volle Minuten eine konkurrenzfähige Leistung zu bieten und nicht, wie in Frankfurt zum wiederholten Mal, nur eine Halbzeit gut zu agieren. Für alle gilt Herrlichs Neandertal-Motto: Geht es zum Jagen, muss alles andere ausgeblendet werden.

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