Olympia in Rio Aline Focken: Mit Bibi Blocksberg zu Gold

RIO DE JANEIRO · Klar ist Aline Focken vor ihrem ersten Olympiastart nervös. Zumal die Ringerin am Mittwoch als absolute Goldkandidatin gilt. Aber sie weiß ein Mittel gegen die innere Unruhe.

 Ringerin Aline Focken steht im WM-Finale. Foto: Zurab Kurtsikidze

Ringerin Aline Focken steht im WM-Finale. Foto: Zurab Kurtsikidze

Foto: DPA

„Ich habe von einem Sportpsychologen einen Tipp bekommen: Ich höre vor den Kämpfen Kinderhörspiele. Bibi Blocksberg zum Beispiel. Das gibt mir das Gefühl, dass alles gut wird.“ 2014 wurde sie so Weltmeisterin, ein Jahr später WM-Dritte. Bibi Blocksberg scheint also durchaus Zauberkräfte zu besitzen – zumindest für Aline Focken.

Die Blondine ist nicht nur deshalb außergewöhnlich. Sie wohnt mit 25 noch bei ihren Eltern – im einstigen Kinderzimmer gibt es sogar noch Kuscheltiere: „Allerdings bin ich nicht wie ein Baby in Mamas Nest.“ Das würde man bei dieser durchsetzungsfähigen Frau auch gar nicht vermuten. Schon der Kinderarzt verordnete der kleinen Aline Sport als Ausgleich: „Ich war ein wildes Kind.“ Den Ausgleich fand die kleine Aline schon als Fünfjährige in der Ringerhalle, meist beim Kämpfen gegen Jungs. „Ich bin quasi in der Halle aufgewachsen und über die Matte gepurzelt. Mein Vater war Jugendtrainer da.“

Papa Georg ist noch heute ihr Heimcoach und er hat großen Anteil an der spektakulären Entwicklung seiner Tochter. Dass sie sich auch in Rio aufs Podest kämpft, ist eigentlich eine „Mission Impossible“ – schließlich hat noch nie in der Geschichte eine deutsche Ringerin eine Olympiamedaille gewonnen. Doch wenn es eine schaffen kann, dann ist es diese Frau. Die Sporttherapeutin hat sich für die finale Olympia-Vorbereitung sogar extra von ihrem Job freistellen lassen, um topfit in den olympischen Höhepunkt ihrer Karriere zu gehen.

„Ich denke, dass ich vielleicht für die eine oder andere Überraschung in Rio sorgen kann“, sagt Focken keck: „Mit dem Start bei Olympia geht schließlich ein Kindheitstraum von mir in Erfüllung.“ Welches deutsche Mädchen träumt schon davon, in einer Männersportart wie Ringen beim größten Sportereignis auf dem Planten dabei zu sein? Für Aline Focken war das absolut logisch: Sie stammt aus einer Ringer-Familie, in der auch Opa, Papa, Onkel und Cousins auf der Matte ihr Glück fanden. Natürlich ist auch Aline Fockens Freund Jan Rotter Ringer in der Bundesliga.

Natürlich werden er und die beiden Familien am Mittwoch in der Carioca-Arena dabei sein, wenn Aline Focken um Gold kämpft. „Alle wollten dabei sein, auch wenn es ein sehr teurer Trip ist“, erzählt die 25-Jährige. Nur Schwager und Schwägerin haben wegen des Zika-Virus verzichtet – weil sie in nächster Zeit Nachwuchs planen. „Ich würde niemals auf meinen Olympia-Start verzichten. Auch wenn ich nicht erst mit 35 oder 40 mein erstes Kind will“, sagt Focken.

Die hübsche Blondine ist in ihrer Freizeit auch mal gern ganz Frau mit Schminken und richtig schick machen. Aber auf der Matte zählt nur eins. „Es interessiert am Ende niemanden, ob man schön aussieht. Sondern nur, ob man ganz oben steht“, sagt sie: „Ich schminke mich nicht vor den Kämpfen – weil ich das in einer Kampfsportart unangebracht finde. Da wirst du nur ausgelacht, wenn die Schminke zerläuft. In dem Ringertrikot kann man als Frau ohnehin schwer mit Optik überzeugen.“

Dafür aber mit Leistung – so war es schon, als sie noch ein Mädchen war. „Ich habe oft gegen Jungs gekämpft, weil es nicht so viele Ringerinnen gibt. Einige Jungs haben dann einen Heulanfall bekommen, weil sie gegen mich verloren haben“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. In Rio hat am Montag mit Denis Kudla bereits ein deutscher Ringer-Teamkollege überraschend Bronze gewonnen. Aline Focken will ebenfalls aufs Podest springen – auch dank der Zauberkräfte von Bibi Blocksberg.

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