Europameisterschaft in Düsseldorf Aus für Bonner Fechter André Sanita bei Heim-EM

DÜSSELDORF · Debakel zum Auftakt der Fecht-Europameisterschaft in Düsseldorf: Der Bonner André Sanita und seine Teamkollegen scheiden in der Runde der letzten 32 aus.

„Made of steel“ – aus Stahl gemacht. Unter dieses Motto hat der Deutsche Fechter-Bund (DFeB) die Europameisterschaften in Düsseldorf gestellt. Mag sein, dass die Funktionäre auch an den gleichnamigen Film gedacht haben, dessen deutscher Titel „Hart wie Stahl“ lautet. Zum Auftakt am Montag waren die Herrenflorettfechter als Erste aufgerufen, den Heimvorteil in der Halle 8b der Düsseldorfer Messe zu nutzen und den Fans zu zeigen, aus welchem Stoff sie gemacht sind. Nur so viel: Stahl war es nicht, und hart waren sie auch nicht. Vier Athleten hatte Bundestrainer Uli Schreck nominiert, alle vier strichen bereits in der Runde der letzten 32 Fechter die Segel: ein Debakel.

„Bei einer Heim-EM darf das nicht passieren“, sagte ein tief enttäuschter Schreck. Insbesondere die Leistung des viermaligen Weltmeisters Peter Joppich hatte ihm die Stimmung verhagelt. „Wenn du zu spät in ein Gefecht startest, geht das ganz schnell nach hinten los. Bei 15 Treffern muss man von Beginn an bereit sein. Das war bei Peter nicht der Fall.“ Joppich, als viermaliger Weltmeister das Aushängeschild des deutschen Herrenflorettfechtens, lag gegen den in der Vergangenheit nicht sonderlich erfolgreichen Niederländer Daniel Giacon bereits mit 0:9 im Hintertreffen, ehe er seinen ersten Treffer setzte. Zwar holte der Koblenzer noch einmal auf 7:10 auf, doch der Rückstand war einfach zu groß. Schreck: „Wenn er von Anfang an so gefochten hätte, wie bei der Aufholjagd, wäre es ganz anders ausgegangen.“

Besonders enttäuschend: Joppich war von allen deutschen Vertretern am überzeugendsten durch die Vorrunde gekommen: sechs Gefechte, sechs Siege. Das war gleichbedeutend mit dem direkten Sprung ins 32er-Tableau, für das sich die Kollegen erst noch in einem weiteren Gefecht qualifizieren mussten. Schon von daher trug der 36-jährige Routinier die größten Hoffnungen. Denn der Turniermodus sieht vor, dass die gut gestarteten Fechter es im weiteren Turnierverlauf zunächst mit schwächeren Gegnern zu tun bekommen. Wenn man dann aber an einem Nobody scheitert, ist das besonders ärgerlich.

Genauso ärgerlich ist, wenn man es in der Vorrunde versäumt, den guten Gegnern möglichst lange aus dem Weg zu gehen. André Sanita vom OFC Bonn und der Ex-Bonner Benjamin Kleibrink (DFC Düsseldorf) mussten sich genau diesen Vorwurf machen. Sanita handelte sich drei Niederlagen ein und war entsprechend missmutig gestimmt. „Mindestens zwei Niederlagen davon waren unnötig. Ich war einfach zu hektisch“, berichtete der 27-Jährige. Dass er es besser kann, zeigte der Bonner in der Runde der letzten 64. Dem Kroaten Petar Files zeigte er gar nicht hektisch, sondern mit ruhiger, entschlossener Hand klar mit 15:6 die Grenzen auf.

Dann allerdings traf Sanita auf den starken Franzosen Maxime Pauty und war beim 7:15 chancenlos. Dennoch ärgerte sich der deutsche Meister von 2018 und Bronzemedaillengewinner bei der EM 2016. „Es war auch ein bisschen unglücklich. Gleich zu Beginn waren meiner Meinung nach zwei klare Fehlentscheidungen des Kampfrichters dabei. Dann hatte ich einige gute Aktionen, aber ich habe einfach die Lampe nicht angemacht“, schilderte Sanita und meinte damit die Trefferanzeige, die aufleuchtet, wenn das Florett den Gegner getroffen hat. „Unter dem Strich war es nicht so schlecht, aber halt nicht gut genug.“

Kleibrink, seines Zeichens Olympiasieger von 2008 in Peking, nahm der Bundestrainer ein wenig in Schutz. Der 33-jährige Lokalmatador verlor gegen den Weltranglistenersten Alessio Foconi mit 11:15. „Aber“, so Schreck, „diesen Gegner so früh zu bekommen, hat er halt sich selbst zuzuschreiben.“ Und schließlich war da aus dem DFeB-Quartett noch der Tauberbischofsheimer Luis Klein, der sich nach vier Siegen in der Vorrunde und einem ungefährdeten Erfolg unter den letzten 64 seinen Kollegen anschloss und einem weiteren niederländischen Nobody unterlag. „Dass wir stabil in die 32er-Runde eingezogen sind, war erst einmal erfreulich. Aber ich hatte schon damit gerechnet, dass zwei, wenn nicht sogar drei unserer Fechter unter die letzten 16 kommen“, bilanzierte Schreck. Vorfreude auf den Mannschaftswettkampf am Donnerstag will bei ihm erst einmal nicht aufkommen.

Im Vorraum der Wettkampfhalle merkte man dem nach außen hin immer so ruhig daherkommenden 57-Jährigen vielmehr an, wie es in ihm brodelte. „Ich muss jetzt erst einmal abschalten und geh eine Runde laufen.“ Auf die Frage, ob der Frust ihn zu einer besonders schnellen Zeit antreiben werde, antwortete Schreck: „Ich laufe auf Strecke und bin mindestens eine Stunde unterwegs, um den Kopf freizubekommen.“ Wenn die Schützlinge nicht aus Stahl gemacht sind, muss die Frustbewältigung aus Schweiß bestehen.

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