Löwen wie "ein Haufen Loser" Champions League: THW Kiel demonstriert alte Stärke

Mannheim · Der THW Kiel rückt die Machtverhältnisse im deutschen Handball zumindest kurzfristig wieder gerade. Im deutschen Duell mit den Rhein-Neckar Löwen kämpft sich der Rekordmeister ins Viertelfinale der Königsklasse. Bei den Löwen hinterlässt das tiefe Spuren.

 Kiels Mannschaft jubelt über den Sieg in Mannheim.

Kiels Mannschaft jubelt über den Sieg in Mannheim.

Foto: Uwe Anspach

Die sportliche Wiederauferstehung des THW Kiel hinterließ bei den Spielern der Rhein-Neckar Löwen eine ganz bittere Erkenntnis.

"Manchmal denke ich, wir sind so ein Haufen Loser", sagte Rückraumspieler Kim Ekdahl du Rietz nach dem Achtelfinal-Aus in der Champions League bei Sky. Immer wenn es drauf ankomme, "schaffen wir es so eben gerade nicht", meinte der gefrustete Schwede. Stattdessen schaffte es mal wieder der zuletzt so oft angezählte THW ins Viertelfinale der Königsklasse - weil er die Machtverhältnisse im deutschen Handball genau zur richtigen Zeit wieder geraderückte.

"Dieses Ergebnis geht keinem Kieler am Arsch vorbei", konterte THW-Coach Alfred Gislason nach dem 26:24-Erfolg bei den Mannheimern die Kritik der vergangenen Wochen. Denn in der Bundesliga besitzen die Kieler kaum noch Chancen auf den Titel, auch in der Champions League war ihnen nach der 24:25-Pleite im Hinspiel gegen die Löwen schon das erstmalige Achtelfinal-Aus prognostiziert worden. Dann aber schockte Gislasons angeschlagenes Team die Mannheimer mit einer Energieleistung und lediglich einem mehr erzielten Auswärtstor. Im Viertelfinale kommt es nun zum Klassiker gegen den spanischen Spitzenclub FC Barcelona.

Dabei war vor dem Rückspiel schon damit gerechnet worden, dass die Dauer-Dominanz des THW langsam aber sicher ihrem Ende entgegensteuert. Die Löwen hatten den THW im Hinspiel phasenweise dominiert, in eigener Halle sollte die Kür folgen. Doch den ersten Wirkungstreffer setzte der Rekordmeister dann schon vor dem Anpfiff des deutschen Europapokal-Duells: Anders als angekündigt schickte Gislason sowohl seinen angeschlagenen Kapitän Domagoj Duvnjak als auch Nationalspieler Steffen Weinhold auf die Platte.

"Man hat gesehen, dass Kiel Respekt hatte. Vor drei, vier Jahren hätten sie sowas nicht nötig gehabt", sagte Löwen-Spielmacher Andy Schmid mit Blick auf die Personalspielchen der Gäste. "Diesmal haben sie es nötig gehabt." Die kleinen Sticheleien des Schweizers täuschten aber auch nicht über die Mängel seines Teams hinweg: die Löwen hätten Kiel schon früh den Mut nehmen können, nutzten die Verunsicherung der Gäste aber nicht. Und als am Ende alles auf einen extrem engen Handball-Krimi hindeutete, scheiterten sie immer wieder am überragenden THW-Keeper Niklas Landin.

"Der hat Bälle gehalten, wo man gedacht hat: Scheiße, das war nicht möglich", sagte Schmid. "Aber er hat sie trotzdem gehalten." Für die Löwen war es im Kampf mit dem Dauerrivalen der nächste Rückschlag. Im Meisterrennen hatte die Mannschaft von Trainer Nikolaj Jacobsen den THW vergangene Saison noch überraschend ausgestochen. In der Königsklasse scheiterten sie nun erneut an der Abgezocktheit des dreifachen Champions-League-Siegers. "Ich bin sehr, sehr stolz", sagte der erschöpfte Kieler Kapitän Duvnjak nach der Partie. "Die Mannschaft hat Charakter gezeigt." Und großen Kampfgeist.

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