GA-Serie "Best of Olympia" Deutsche Dressurreiter sind bei Olympia Medaillensammler

Bonn · Bei Olympischen Spielen kommen auch die Dressurreiter alle vier Jahre in den Genuss großer Aufmerksamkeit. Sie zählen stets zu den Medaillenfavoriten.

 Die Pferdeversteherin: Isabell Werths Umgang mit Pferden gilt als einzigartig (hier beim Olympiasieg in Atlanta auf Gigolo).

Die Pferdeversteherin: Isabell Werths Umgang mit Pferden gilt als einzigartig (hier beim Olympiasieg in Atlanta auf Gigolo).

Foto: imago/Horstmüller/imago sportfotodienst

Olympische Spiele. Das ist nicht nur Handball, Schwimmen Leichtathletik. Olympia ist der große Auftritt für all jene, die sonst nur auf den kleinen Bühnen unterwegs sind, die ihr treues Stammpublikum haben, aber selten die Gelegenheit, auch die Laufkundschaft anzusprechen. Alle vier Jahre bedeutet das Fernsehzeit für Wassersportler, Bogenschützen und Dressurreiter. Sogar der Platzhirsch der Sportberichterstattung, König Fußball, fügt sich dann in eine eher überschaubare Rolle.

„Eins, zwei, drei, vier. Eins, zwei, drei, vier“, zählt der Reporter dem Fernsehzuschauer vor, der in diesem Fall durchaus auf Hilfe angewiesen ist. Ein Pferd springt geordnet von einem Bein auf das andere und durchquert ein Sandviereck mit kleinem Zäunchen. Darauf: ein Reiter mit Zylinder. Der Zuschauer ist gewiss: Für die deutschen Reiter geht es um Gold – Dressurreiten.

Ausgerechnet 1972 holt Russland Gold

Wenige Sportarten haben dem deutschen Team in der Historie olympischer Spiele so viel Edelmetall beschert wie die Reiter – insbesondere die im Dressurviereck. Siebenmal Einzelgold holten sie seit 1912, das Team stand seit Einführung des Mannschaftswettbewerbs 1928 insgesamt 13-mal ganz oben auf dem Treppchen. In einer von 1964 bis 2012 andauernden Serie unterbrach nur Russland die Erfolgsgeschichte: ausgerechnet 1972 beim deutschen Heimspiel in München und 1980 in Moskau, als der Westen boykottierte.

Die imposante Serie reißt dann 2012 wieder nach sieben Siegen in Folge. Großbritannien macht’s beim Heimspiel besser und passagiert und piaffiert sich im Greenwich Park zu Gold. Das kommt nicht unerwartet; wie in vielen anderen Disziplinen haben die Briten seit der Vergabe der Spiele in ihre Metropole ihre Sportler mit nicht unerheblichem finanziellem Engagement in mindestens konkurrenzfähige Position gebracht.

Im deutschen Lager wird Silber in der Fachpresse, von Aktiven und Funktionären dennoch nicht als Niederlage gewertet. Der deutsche Dressurausschussvorsitzende Klaus Roeser erklärte: „Deshalb haben wir auch Silber gewonnen und nicht Gold verloren.“ Verständlich: Seine (eigentlich) Beste ist nicht dabei: Isabell Werth. Helen Langehanenberg belegt mit Damon Hill als beste Deutsche Platz vier.

Isabell Werth eine Klasse für sich

Werth ist die erfolgreichste Reiterin. Dressurreiterin sowieso. Sie ist sechsfache Olympiasiegerin mit insgesamt zehn olympischen Medaillen (sechsmal Gold; viermal Silber), neunfache Weltmeisterin, zwanzigfache Europameisterin und vierzehnfache Deutsche Meisterin. Und London beweist mal wieder: Ein Reiter ohne Pferd ist nicht mehr als ein Fußgänger. Werth hatte im Vorfeld aufs falsche Pferd gesetzt: Don Johnson muss nach einer Verletzung und daraus folgend nicht ausreichender Qualifikationsleistung der Konkurrenz den Vortritt lassen.

In die Liste der goldenen Paare mit den klangvollen Pferdenamen hat sich die Juristin aus Rheinberg schon 1996 in Atlanta eingereiht, wo sie mit dem eigenwilligen Hannoveraner Fuchswallach Gigolo mit viel Ausdruck zur Kür-Musik „Just a Gigolo“ zu Einzelgold tanzte.

Liselott Linsenhoff auf Piaff (1972), Dr. Reiner Klimke auf dem nicht minder eigenwilligen Ahlerich (1984) und Doppelolympiasiegerin Nicole Uphoff auf Rembrandt (1988 und 1992) gehören zum erlesenen Kreis. In den Zweitausendern machen dann die Niederländerin Anky van Grunsven (2000, 2004 und 2008) und die Britin Charlotte Dujardin (2012 und 2016) Gold unter sich aus.

Reporter geben Zuschauern Hilfestellung

Wer dann oben auf dem Podest steht, wenn die Hymnen erklingen, erkennt jeder, Fehler in den Galoppwechseln oder bei der Pirouette nicht. Deshalb gibt der Reporter hier dem Gelegenheitszuschauer ebenso Hilfestellung wie der Reiter dem Pferd. Da er seine Kenntnisse meist erworben hat, weil er selbst ein „Horseman“ ist, kann er seine Begeisterung selten verbergen.

Unvergessen etwa die Stimme des Reitsports, Hans Heinrich Isenbart, der mit Nachdruck Pferdeschritte mitzählte und sich nach fehlerfrei absolvierten Höchstschwierigkeiten über den erleichterten Gesichtsausdruck des, nein, nicht Reiters, des Pferdes freute ...

Hut ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort