Radsport Deutscher Markt in Bewegung: Millionen-Investment

Revel · In der kommenden Saison könnte es wieder zwei deutsche Teams in der Radsport-Elite-Liga geben. Investoren trauen sich wieder. Aber ein Global Player wie einst Telekom oder jetzt Sky mit dem Tour-Spitzenreiter Froome ist nicht dabei.

 Radsport Talent Lennard Kämna steht beim Giant-Alpecin-Team ganz oben auf der Wunschliste.

Radsport Talent Lennard Kämna steht beim Giant-Alpecin-Team ganz oben auf der Wunschliste.

Foto: Arne Dedert

Der Jan-Ullrich-Schock ist überwunden. Der deutsche Markt ist für Investoren wieder interessant. Die konstanten Leistungen der Radsport-Aushängeschilder Marcel Kittel, Tony Martin, André Greipel und John Degenkolb haben den Weg bereitet.

Es fließen wieder Millionen in den Radsport und die Bühne ist bereitet: Tourstart 2017 in Düsseldorf, Wiederbelebung der Deutschland-Tour 2018. Zum ersten Mal nach den Zeiten T-Mobile/Gerolsteiner könnten im kommenden Jahr wieder zwei deutsche Teams in der WorldTour mitspielen. Aber es droht eher Kreisklasse als Eliteliga.

Das bisher einzige Eliteteam mit deutscher Lizenz, Giant-Alpecin, hatte am Ruhetag der 103. Tour de France in der Wallfahrtskirche Meretxell in Andorra seinen neuen Hauptsponsor aus der Reisebranche präsentiert. "Sunweb" lässt viel Geld springen, die Rede ist von über zehn Millionen Euro pro Saison. Ob im nächsten Jahr auch weiterhin der Bielefelder Shampoo-Hersteller Alpecin weiter mit seinem Schriftzug auf dem Trikot steht, bleibt unklar. Statt klarer Statements glänzte das Unternehmen mit dem sinnigen Werbespruch "Doping für die Haare" mit einem Bonmot der eigenen Art.

Geschäftsführer Eduard R. Dörrenberg lobte den Teamkapitän Tom Dumoulin nach dessen eindrucksvollem Solo auf der Königsetappe in den Pyrenäen und hätte ihm "am liebsten als Energie-Kick persönlich" eine Flasche des Hausproduktes überreicht, "denn es kommt ja nicht oft vor, dass man sich auf dem Siegerpodest bei strömendem Regen eher mit Alpecin den Kopf waschen kann als mit Champagner". Angeblich hatte das Unternehmen eine zukünftige Zusammenarbeit mit dem russischen Team Katusha, in den vergangenen Jahr nicht selten in den Doping-Schlagzeilen, sondiert.

Die Wortmeldung Dörrenbergs platzte in die mit großem Tamtam inszenierte Präsentation des neuen Hauptgeldgebers, der in einem "Development-Team" vor allen den Nachwuchs stärken will und schon den deutschen Markt sondiert. Das Talent Lennard Kämna (19) steht auf dem Wunschzettel ganz oben. Hört sich nicht gerade nach einem adäquaten Ersatz für Superstar Degenkolb an, der den Rennstall verlassen und sich wohl der US-Formation Trek-Segafredo anschließen wird.

Auch die Bora-Argon-Mannschaft des Raublinger Küchen-Technik-Herstellers, zur Zeit noch auf eine Wildcard angewiesener Zweitligist, will im nächsten Jahr groß auftrumpfen und vorne mitmischen. Teamchef Ralph Denk gewann das Familienunternehmen "Hansgrohe" aus Schiltach im Schwarzwald als neuen Geldgeber. Bei seiner Vorstellung zum Tour-Auftakt in Saint-Lô präsentierte der neue Denk-Partner aus der Sanitärbranche vor der Weltpresse auch die neuesten Badezimmer-Armaturen.

Sportlich will Denk auch in der WorldTour weiter auf die Entwicklung des deutschen Nachwuchses setzen. Als neue "Stars" sind Fahrer der Preislage Rafal Majka aus Polen, Bergkönig der Tour de France von 2014, im Gespräch. Ob er zur Identifikationsfigur taugt, ist fraglich. Verpflichtungen der wirklich großen Kaliber sind eher unwahrscheinlich.

Tony Martin und Weltmeister Peter Sagan - die Verträge der beiden in ihren Teams laufen aus - werden den Schritt in die deutsche Provinz wohl vermeiden. Greipel und Kittel sind in ihren belgischen Mannschaften weiter langfristig gebunden.

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