Nach Pfefferspray-Vorfall Größte Sport-Arena der Welt: Tour-Sicherheit heikles Thema

Saint-Lary-Soulan · Die seit 1903 geschriebene Tour-Historie ist reich an Zwischenfällen. Auf der 16. Etappe demonstrierten Landwirte gegen Streichungen von Subventionen. Die Polizei machte den Weg für die Fahrer mit Pfefferspray frei. Dabei erwischte es das Peloton oft noch härter.

 Französische Polizisten greifen während der 16. Tour-Etappe zu Pfefferspray.

Französische Polizisten greifen während der 16. Tour-Etappe zu Pfefferspray.

Foto: Yorick Jansens/BELGA

Strohballen und Traktoren auf der Straße, Nägel auf dem dem Asphalt und sogar Schüsse in das Peloton: Die Historie der Tour de France ist reich an Beispielen für gravierende Störungen des Fahrbetriebs.

Schon bei der zweiten Auflage des Rennens 1904 gab es einen nächtlichen Überfall auf die Fahrer durch maskierte Banditen, auch die aktuelle Rundfahrt blieb von Zwischenfällen nicht verschont. Trotz Polizeieskorten und umfangreichen Vorkehrungen sind solche Episoden nicht zu verhindern.

"Wenn man 15 Tage mit einem gebrochenen Schulterblatt die Tour de France fährt, nur um dann durch eine Wolke von Pfefferspray zu fahren, das setzt dem Ganzen die Krone auf", twitterte der seit seinem Sturz zum Auftakt schwer gebeutelte US-Profi Lawson Craddock. "Langweilige Momente gibt es bei der Tour nicht", ergänzte er nach einer von der Polizei ziemlich rigide unterbundenen Demonstration von Landwirten auf der 16. Etappe der laufenden Frankreich-Rundfahrt.

"Die Fahrer haben schon genug Stress, so etwas brauchen sie nicht", erklärte Tourchef Christian Prudhomme, der die Fahrt der Profis am Dienstag 29 Kilometer nach dem Start für knapp 15 Minuten stoppte.

Der Pfefferspray-Einsatz der Gendarmerie traf auch die nicht gemeinten Adressaten. Die Fahrer mussten sich reihenweise die Augen mit Wasser ausspülen. "Neben mir haben sich einige fast übergeben - das war nicht schön", sagte der Deutsch-Australier Heinrich Haussler.

Die Sicherheitsfrage bei der Tour de France, quasi eine riesige über drei Wochen frei zugängliche Sportarena, die hautnahen Kontakt zu den Athleten garantiert, ist immer besonders heikel. An täglichen Belästigungen des in Frankreich nicht sehr beliebten Radprofis Chris Froome durch Zuschauer hat sich der Brite fast schon gewöhnt, er kommentiert sie mit einem Anflug von Sarkasmus.

"Beim Anstieg nach l’Alpe d’Huez haben sie Gegenstände nach mir geworfen und versucht, mich vom Rad zu stoßen. Mit Urin wurde ich zum Glück noch nicht attackiert", berichtete der viermalige Triumphator der Tour, der einen solchen Ekel-Angriff 2015 durchzustehen hatte.

Es geht schlimmer und gefährlicher. 1904 wurden Fahrer von maskierten Männern angegriffen und verprügelt, einem Athleten wurde das Fahrrad zerstört, wütende Fans warfen Steine in das Feld. Wegen der enormen Distanzen waren Starts zu nachtschlafender Zeit nicht unüblich, im Schutz der Dunkelheit waren Sportler den Störenfrieden ausgeliefert.

2009 schossen Unbekannte im Elsass mit einer Luftdruckpistole in das Peloton und trafen Weltmeister Oscar Freire sowie Julian Dean. Immer wieder werden Glasscherben und Nägel auf der Straße verteilt, etwa bei der zweiten Etappe des Vorjahres von Düsseldorf nach Lüttich.

Etappensieger John Degenkolb, an außergewöhnliche Anforderungen nicht nur auf der Buckelpiste von Roubaix gewöhnt, berichtet jüngste: "Auf irgendeiner Alpen-Etappe wurde eine Rauchbombe ins Feld geworfen. Das war krass. Ich habe nichts mehr gesehen und mir brannten die Augen."

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