Kommentar: In ihrem Wohnzimmer

Ständig betont Sabine Lisicki, wie wohl sie sich auf dem Centre Court in Wimbledon fühlt. Es war der unbedingte Wille, dort auch das Finale bestreiten zu dürfen, der sie im Nervenspiel gegen die Polin Agnieszka Radwanska zeitweise hemmte und blockierte, letztlich aber zum harterkämpften Sieg trieb.

Die ARD wird vermutlich eine große Summe hinblättern, um das Finale zu zeigen. Die Quote am Samstag wird traumhaft sein. Deshalb ist es sicher eine lohnende Investition, im Sinne vieler Sportfans, die keinen Bezahl-Sender abonniert haben.

Denn Deutschland lechzt nach jahrelanger Dürreperiode in einer der nach wie vor beliebtesten Sportarten nach Heldentaten, mit denen die Sportnation in den 1980er und 1990er Jahren vor allem dank Steffi Graf und Boris Becker so verwöhnt wurde.

Richard Lisicki, ein promovierter Sportwissenschaftler und Tennislehrer, legte den Grundstein für den Erfolg seiner Tochter, die in Troisdorf das Licht der Welt erblickte. Das war 1989, Graf und Becker hatten wenige Wochen zuvor auf dem Heiligen Rasen triumphiert.

Zum Ost-Drill, vermittelt von ihrem im polnischen Sportsystem ausgebildeten Vater, kam später der West-Drill in der Tennis-Akademie von Guru Nick Bollettieri.

Die Frohnatur, mit der Sabine Lisicki neben ihrem außergewöhnlichen Ehrgeiz gesegnet ist, hat es ihr ermöglicht, die zeitweilige Monotonie des Tennis-Trainings in positive Energie zu münzen. Was Lisicki so stark macht, sind Physis und Nerven. Anders hätte sie die Achterbahnfahrt am Donnerstag nicht überstanden. Ausruhen wird sie sich in ihrem Wohnzimmer am Samstag sicher nicht.

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