Joshua Kimmich mit emotionaler Botschaft Die Sportwelt trauert um verstorbenen Tim Lobinger
Bonn · Der frühere Stabhochspringer Tim Lobinger hinterlässt nach seinem Tod drei Kinder. Die Familie trauert. Auch in der Sportwelt ist die Anteilnahme groß. Fußballer Joshua Kimmich verfasste sehr emotionale Worte.
Tim Lobinger führte seine Tochter Fee noch zum Traualtar, er knipste Fotos bei der Einschulung seines Sohnes Okkert und spielte mit seiner Enkelin Fia. Es waren wunderschöne Stunden mit seinen Liebsten. Nun ist Lobinger, Stabhochsprung-Star von einst, Vater und Opa, „friedlich eingeschlafen“, wie seine Familie mitteilte: „Er hat den Kampf nicht verloren, sondern auf seine Weise gewonnen.“
Tim Lobinger wurde nur 50 Jahre alt, der Krebs gab ihm nicht mehr Zeit - Leukämie lautete 2017 die Diagnose der Ärzte. Lobinger kämpfte um das Leben, er gab nie auf, so, wie er es immer getan hatte. Nach fünf Chemotherapien und einer Stammzellentransplantation schien der Krebs schon besiegt, doch die Krankheit kam zurück. Im vergangenen Herbst ging er nicht mehr von einer Heilung aus. „Mein Krebs ist zu aggressiv“, sagte Lobinger damals der Bild-Zeitung. Ans Aufgeben dachte er dennoch nicht: „Für jeden Tag, den ich lebe und mit meiner Familie verbringen darf, lohnt es sich zu kämpfen.“
Große Trauer um Tim Lobinger
Nun ist die Trauer riesig. Mit Lobinger „verlieren wir nicht nur einen großartigen Menschen, sondern auch einen Sportler, der sich immer für die Leichtathletik eingesetzt hat“, sagte Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Und Vorstandschef Idriss Gonschinska meinte: „Ein großartiger Mensch und begnadeter Stabhochspringer hat uns für immer verlassen. Bis zuletzt haben wir gehofft, dass er den Kampf gegen den Krebs gewinnt“.
Bei den deutschen Hallen-Meisterschaften am Wochenende in Dortmund wird es eine Schweigeminute für Lobinger geben, dem spätestens im Sommer 1997 die Herzen der Fans zugeflogen waren. Mit seiner wilden Mähne übersprang er damals in Köln als erster Deutscher im Freien die magische Sechs-Meter-Marke. Er war cool, irgendwie wild, ein echter Typ, laut, entschlossen, sagte seine Meinung und hob den Stabhochsprung in Deutschland auf eine neue Stufe.
„Kritikfreudig, nicht angepasst, nicht ruhig“, so beschrieb sich Lobinger selbst. Der Boulevard nannte ihn einmal „Tim Tobinger“, weil er auch aneckte, sich nicht wegduckte, wenn es ungemütlich wurde. Langweilig wurde es mit Lobinger jedenfalls nie, einmal zog er beim Jubeln sogar seine Hose runter und zeigte den Fans seinen blanken Hintern. Vielen gefiel das, für die Funktionäre übertrieb er ein bisschen mit der Show. Aber Lobinger hatte seinen Spaß, auch bei TV-Formaten wie „Let's Dance“.
Sportler gedenken Athletiktrainer
Und er sprach offen über seine Krankheit, seine Ängste, sein Hoffen, sein Leiden. Das machte vielen ebenfalls Erkrankten Mut. „Verlieren ist keine Option. Mein Kampf gegen den Krebs“, heißt das Buch des Hallen-Weltmeisters von 2003. „Jetzt hast du keine Schmerzen mehr“, schrieb die ehemalige Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt bei Instagram.
Nach seiner Karriere, die ihn vier Mal zu Olympischen Spielen führte, arbeitete Lobinger unter anderem als Athletiktrainer beim Fußball-Klub RB Leipzig und als Personal Trainer - Nationalspieler Joshua Kimmich war einer seiner Kunden. Kimmich hat sich mit emotionalen Worten von seinem Wegbegleiter Tim Lobinger verabschiedet. „Ich habe dich mehr bewundert als jeden anderen. Ich habe immer zu dir aufgesehen, weil du in allen Bereichen des Lebens eine Inspiration und ein Vorbild für mich bist“, schrieb Kimmich am Freitag auf Instagram zu einem gemeinsamen Bild mit dem verstorbenen Stabhochspringer.
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann würdigte Lobinger als „sehr herzlichen und energiegeladenen Menschen, der sehr lange gegen diese beschissene Krankheit gekämpft hat. Er war immer bereit, seine extreme Energie mit anderen zu teilen. Deswegen war es auch für mich eine traurige Nachricht.“
RB Leipzig spielt mit Trauerflor
Auch RB Leipzig äußerte sich bestürzt. Der Pokalsieger wird am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg mit einem Trauerflor auflaufen. „Die Jungs haben mit Tim teilweise länger zusammengearbeitet. Wir sind alle tieftraurig und betroffen“, sagte Trainer Marco Rose am Freitag.
Doch am liebsten verbrachte er Zeit mit seiner Familie, bei der er nun friedlich eingeschlafen ist.
Michael Scharf (Direktor Leistungssport beim Landessportbund NRW, kannte Tim aus der aktiven Zeit als Moderner Fünfkämpfer und später als Leiter des Olympiastützpunktes Rheinland): RIP Tim! Ein Meckenheimer Junge, der aus einer leichtathletikbegeisterten Familie stammte und über Köln, Leverkusen, München, Leipzig und Salzburg im Leistungssport seine Spuren hinterlässt. Er war einer derjenigen, die den Stabhochsprung in Deutschland sportlich und medial zur Top-Sportart machten. Tim war eine schillernde Persönlichkeit und eine Inspiration für viele, ein Sportler mit Charisma, kein 08/15-Typ. Er wusste ja, dass es keine Heilung mehr gibt, deshalb ist es schön, dass er im Januar noch Großvater geworden ist.
Tim Lobinger, geboren am 3. September 1972 in Rheinbach, entdeckte früh sein Herz für den Stabhochsprung. Sein Vater Hans-Joachim trainierte unter anderem den jungen Jürgen Winkler, einen Stabhochspringer, der mit seinen Erfolgen bei der LG Bonn später einen Boom auslösen sollte. Er zieht auch Tim Lobinger in seinen Bann, und der junge Meckenheimer übertrifft Winklers sämtliche Jahrgangsrekorde für den Rhein-Sieg-Kreis. Nur den der Männer hält Winkler immer noch. Seine 5,66 Meter aus dem Jahr 1983 haben Bestand, weil Lobinger schon als Jugendlicher zu Bayer Leverkusen wechselt. Hans-Joachim Lobinger ist noch heute bei der LG Meckenheim aktiv, Tims Schwester Babett ist die Vorsitzende des Vereins. (scht)