Eklat in Hessen Ringer verweigerten Kampfrichterin den Handschlag

HANAU · Drei Ringer aus der hessischen Verbandsliga wurden mit langen Sperren belegt, weil sie sich nicht von einer Kampfrichterin berühren lassen wollten.

Eigentlich gelten Ringer als furchtlose Kämpfer ohne Scheu vor hartem Körperkontakt. Umso fragwürdiger waren die "Berührungsängste" dreier Athleten des hessischen Verbandsliga-Meisters RWG Hanau/Erlensee, die nun lange Sperren nach sich gezogen haben. Die russischen Brüder Junady und Naschawdy Bisulsanow sowie der Bulgare Sunjay Hamidow dürfen bis zum 31. Juli nicht auf die Matte. Diese Entscheidung fällte der Rechtsausschuss des Hessischen Ringer-Verbands (HRV).

Die drei Ringer hatten kurz vor Weihnachten im Mannschaftskampf beim AC Goldbach für einen Eklat gesorgt, weil sie sich nicht von Kampfrichterin Ramona Scherer (Aschaffenburg) berühren lassen wollten. Die drei Moslems, die es nach eigenen Angaben zuvor noch nie mit einer weiblichen Mattenleiterin zu tun hatten, gaben religiöse Gründe für ihr Verhalten gegenüber der HRV-Vizepräsidentin an.

Scherer, die als Kampfrichterin neben dem obligatorischen Handschlag unter anderem eine Fingernagel-Kontrolle und die Überprüfung des Rückens auf Öl durchführen muss, disqualifizierte die drei Ringer aufgrund ihrer Berührungs-Weigerung. "So etwas ist mir noch nie passiert. Das ist wahnsinnig schade", äußerte sie hinterher.

Auch die Spitze des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) kann sich den Vorfall immer noch nicht erklären. "Das ist ein Novum für mich. Ich war ja viele Jahre als Kampfrichter auf der ganzen Welt unterwegs, aber so etwas habe ich noch nie erlebt", sagte DRB-Präsident Manfred Werner dem SID: "Frauen leiten seit langer Zeit Kämpfe bei den Männern, auch von Moslems. Dazu kommt, dass gerade das deutsche Ringen schon seit Jahrzehnten ein Vorreiter bei der Integration ausländischer Athleten ist."

Der Vorsitzende des RC Erlensee wusste zwar, dass seine Ringer "sehr religiös" sind, die Vorkommnisse vor den 50 fassungslosen Zuschauer ließen aber auch Anton Albert ratlos zurück. "Ich engagiere mich sehr stark für die drei. Ich konnte mir die zweite Kampfhälfte nicht mehr in der Halle ansehen und blieb im Foyer", sagte der Klubchef, dessen Verein schon vor der Reise nach Goldbach als Meister feststand.

Der HRV-Rechtsausschuss begründete seine Sperre gegen die Ringer, die schon mehrere Jahre in Deutschland leben, unter anderem damit, "dass es keine zwingende theologische Begründung" für das Verhalten der Athleten gibt.

Die Kampfgemeinschaft wurde dagegen freigesprochen. "Die Vereinsführung der beschuldigten RWG Hanau/Erlensee war vom unerwarteten Verhalten der beschuldigten Sportler überrascht und enttäuscht", hieß es in der HRV-Begründung: "Zumal in den beiden Vereinen in der Vergangenheit mit einem erheblichen ehrenamtlichen Aufwand eine erfolgreiche Integrationsarbeit geleistet wurde und diese auch weiterhin geleistet wird."

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