Super Bowl LVII Erstmals zwei schwarze Quarterbacks im NFL-Finale

Glendale · In Glendale steigt rund um den Super Bowl eine riesige Fanparty. Erstmals in der Ligahistorie der NFL stehen beim Duell zwischen Kansas City und Philadelphia zwei schwarze Quarterbacks im Endspiel.

Favorit: Patrick Mahomes hat den Super Bowl schon gewonnen und hat reichlich mehr Erfahrung als sein Gegenüber.

Favorit: Patrick Mahomes hat den Super Bowl schon gewonnen und hat reichlich mehr Erfahrung als sein Gegenüber.

Foto: dpa/Charlie Riedel

Der kleine San-Francisco-Fan kippt fast nach vorne über, der für den kleinen Kopf überdimensionierte goldene Helm zieht ihn nach vorne. Der riesige Schulter-, Brust- und Rückenschutz mit dem viel zu langen roten George-Kittle-Trikot darüber macht es nicht leichter, das Gleichgewicht zu halten. Und doch rennt der kleine Knirps mit leichter Unterstützung seiner Mutter problemlos los, um einen zehn Yards entfernten Ball einzusammeln.

American Football begeistert in den USA generell Groß und Klein, Jung wie Alt. Und wenn dann auch noch das Finale der US-Profi-Liga NFL, der Super Bowl, ansteht, kennt die Euphorie keine Grenzen. So tummeln sich rund um das Messegelände in Phoenix (US-Bundesstaat Arizona) derzeit Menschen aller Altersklassen, mit Trikots von nahezu allen 32 Mannschaften der Liga. Denn in der Nacht zu Montag (Kick-off: 0.30 Uhr) bestreiten im State Farm Stadion in Glendale unweit der Millionenmetrople die Philadelphia Eagles und die Kansas City Chiefs den 57. Super Bowl.

Und die NFL ist nicht umsonst die mit 17 Milliarden US-Dollar mit Abstand umsatzstärkste Sport-Liga der Welt. Rund um das größte Einzelsportereignis der Welt werden Hunderte Veranstaltungen organisiert, um den Nachwuchs anzufüttern, die Eltern und Großeltern zu begeistern und ihnen die Dollarscheine aus dem Geldbeutel zu locken. Auf 17 Din-A4-Seiten weist das Programm Fanfeste, Konzerte, Mitmach-Aktionen, Nachwuchsspiele und Pressekonferenzen aus. Das Herzstück ist das riesige Kongresszentrum, wo sich die NFL bei der sogenannten Fan Experience (Deutsch: Fan-Erlebnis) auf drei Etagen präsentiert.

Dort kann man sich vor jeder Menge Fotomotiven, wie dem Super-Bowl-Logo oder der Vince-Lombardi-Trophäe, ablichten oder vor alten Schätzchen posieren. Eine Etage ist allein dem Merchandising mit Trikots, T-Shirts, Helmen, Socken und sonstigen Fangegenständen gewidmet. Und dann können sich die Besucher selbst versuchen beim 40-Yard-Lauf, Gewichte stemmen, hochspringen, beim Kicken durch Torstangen, beim weiten, genauen oder harten Werfen des Footballs und und und.

Ein bisschen zu groß geraten ist die original Ausrüstung von 49ers-Tight-End George Kittle für diesen kleinen Fan.

Ein bisschen zu groß geraten ist die original Ausrüstung von 49ers-Tight-End George Kittle für diesen kleinen Fan.

Foto: Marcel Wolber

Mahomes steht zum dritten Mal in vier Jahren im Finale

Nach dem Selbsttest können die Football-Fans in der Nacht zu Montag dann bewundern, wie elegant die NFL-Profis das Leder-Ei behandeln. Und mit Patrick Mahomes und Jalen Hurts stehen zwei absolute Top-Könner im Super Bowl. Die Quarterbacks der Chiefs und Eagles werden versuchen, ihre Mannschaften vor 70 000 Zuschauern zum Titel zu führen. Damit stehen sich zum ersten Mal zwei schwarze Spielmacher im Finale gegenüber. Warum es so lange gedauert hat? „Dafür gibt es viele Gründe und vermutlich ist keiner davon gut“, sagt NFL-Boss Roger Goodell.

Längst sind die Zeiten vorbei, in denen weiße Footballer auf der Schlüsselposition die Titel unter sich ausmachten. Allerdings war der Weg dorthin lang. Doug Williams gewann 1988 als erster schwarzer Quarterback den Super Bowl, 2014 folgte Russell Wilson und 2020 schließlich Mahomes, der zum dritten Mal in vier Jahren im Endspiel aufläuft. Insgesamt schafften es bisher acht schwarze Spielmacher ins Finale.

„Bemerkenswerte“ Premiere

Plumper Rassismus, Angst vor Neuem, kein Wille zur Veränderung oder auch ganz banal die Unfähigkeit, ungewohnte Talente und Fähigkeiten zu erkennen – die Liste, auf die Goodell anspielt, ist lang. „Noch bis vor ein paar Jahren wurden schwarze Quarterbacks zu Passempfängern umgeschult. Dieses Stigma, dass schwarze Quarterbacks einfach nicht so gut sind wie die weißen, das ist weg. Es stehen jetzt zwei schwarze Quarterbacks im Super Bowl. Ein Meilenstein“, sagt der Deutsch-Amerikaner Amon-Ra St. Brown von den Detroit Lions. Er ist selbst schwarz, hat eine Mutter aus Deutschland und einen Vater aus den USA.

Auch Jakob Johnson findet die Premiere in Glendale „bemerkenswert“. Man habe schwarzen Quarterbacks oft wegen ihrer Qualitäten bei eigenen Läufen ein zu großes Verletzungsrisiko unterstellt und nicht zugetraut, eine Mannschaft über einen langen Zeitraum führen zu können, sagte der zuletzt für die Las Vegas Raiders spielende Stuttgarter. Obwohl man am College schon vor Jahren gemerkt habe, dass der Trend in diese Richtung geht. Diese Ära habe jetzt auf jeden Fall in der NFL angefangen.

Rihanna heizt in der Pause ein

Im Super Bowl, bei dem in der Halbzeit Popstar Rihanna auftreten wird, werde es laut Johnson darauf ankommen, wie gut die Eagles ihre Offensive zur Geltung bringen können. „Und dann wird entscheidend sein, wie gut sie Patrick Mahomes in Schach halten können“, analysiert der Deutsche im Gespräch mit dem GA. „Aber ich bin sicher, dass wir ein krasses Spiel sehen werden, und ich glaube, dass Philadelphia am Ende gewinnt.“ Klar ist aber: Die Trikots mit der Gewinnerfarbe dürften im kommenden Jahr beim Super Bowl einige Football-Fans mehr tragen, wenn die NFL in Las Vegas ihre Zelte aufschlägt.

Pro Sieben und Dazn übertragen den Super Bowl am Sonntag ab 22.25 Uhr live in TV und Internet.

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