US-Ski-Star Vonn mit Kampfansage bei Comeback - "Bin 100 Prozent stark"

Cortina d'Ampezzo · Monatelang musste Lindsey Vonn wegen einer Knieverletzung im Weltcup nur zuschauen. In Cortina startet sie jetzt endlich in ihren letzten aktiven Ski-Winter. Ob topfit oder nicht, sie will sofort angreifen - schließlich hat die Amerikanerin noch ein ganz großes Ziel vor Augen.

Lindsey Vonn macht keine halben Sachen. Vorsichtig und bescheiden in den Weltcup zurückkehren? Erstmal die Form testen und dann Ansprüche stellen? Das ist nicht die Art des Glamour Girls im alpinen Ski-Weltcup.

Also lud die Amerikanerin in Cortina d'Ampezzo zur Pressekonferenz, setzte sich mit Hündchen Lucy auf dem Schoß und Sponsorenmütze samt XXL-Bommeln auf dem Kopf in einen weißen Ledersessel und kündigte volle Attacke an. "Ich fahre nur auf Sieg, mir ist egal, was passiert", sagte die 34-Jährige vor ihren drei ersten Speed-Rennen am Wochenende in den Dolomiten.

Die extrovertierte Rekord-Athletin steht auch in ihrer 19. Saison im Weltcup im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auf Interviews, Blitzlicht und vor allem Ski, Schnee und ganz hohe Geschwindigkeiten hatte sie aber bislang verzichten müssen; eine im Training erlittene Knieverletzung verhinderte den Start in der ersten Phase des WM-Winters.

Damit wurden auch die Chancen auf Vonns letztes großes Karriereziel geschmälert. Sie will unbedingt den Sieg-Rekord von Ingemar Stenmark knacken. Zu den 86 Erfolgen des Schweden fehlen ihr noch vier - und viele Rennen bleiben nicht, denn nach dieser Saison und einer kleinen Zugabe im Dezember in Lake Louise (Kanada) soll Schluss sein.

Allein schon deshalb hat Vonn keine Zeit zu verlieren. "Ich habe in den vergangenen drei, vier Jahren meine Rennen mit kalkuliertem Risiko bestritten. Jetzt sieht die Kalkulation anders aus", sagte die Sportlerin und kündigte an, auf der berühmten Tofana-Piste sofort ein Zeichen setzen zu wollen. In Topform ist sie nicht, kein Wunder bei all den Verletzungen und dem Trainingsrückstand. "Ich bin vielleicht nicht zu 100 Prozent gesund, aber zu 100 Prozent stark", sagte Vonn.

Respekt oder gar Angst vor den beiden Abfahrten am Freitag (12.00 Uhr/ARD und Eurosport) und Samstag (10.30 Uhr) sowie dem Super-G am Sonntag (11.15 Uhr) hat sie nicht. "Man kann keine Abfahrt fahren, wenn man Angst hat", betonte die Olympiasiegerin von 2010. "Adrenalin und Risiko, das ist Spaß für mich. Ich liebe es, schnell zu sein."

Und das war sie in Cortina schon so oft. Zwölf Siege holte sie in dem Olympia-Ort, hinzu kommen acht weitere Podestränge. Auf das zweite Training am Donnerstag verzichtete Vonn nach einer ersten soliden Testfahrt am Morgen. "Ich war wirklich glücklich, im Starthaus zu stehen", erzählte sie danach. "Ich war ein bisschen nervös und hatte ein paar mehr Schmetterlinge im Bauch als normalerweise."

Vonn steht vor einem schwierigen Spagat: Die verbissene Sportlerin will einerseits den Stenmark-Rekord attackieren, andererseits aber auch ihre letzten Trips als aktive Rennfahrerin in die diversen Skigebiete genießen. In Cortina etwa schwärmt sie von der aufgehenden Sonne am Morgen über den erhabenen Gipfeln der Dolomiten.

Solche Momente wird Vonn vermissen, wie sie sagt. Aber nach so vielen Jahren mit derart vielen Verletzungen müsse Schluss sein. "Leider sagt mein Körper, dass jetzt genug ist", erklärte Vonn. "Es sind nicht fehlende Motivation, fehlendes Verlangen, fehlender Wille, sondern fehlende Knorpel. Mein Körper hält das nicht länger aus. Ich muss aufhören, um nicht große Probleme zu haben, wenn ich älter bin."

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